Bauerntochter mit Freude an Gemeinschaft
18.06.2024 Niederdorf, Niederdorf, PorträtMartha Frey wird 100 Jahre alt
Morgen feiert Martha Frey ihren 100. Geburtstag. Geboren auf dem Hof Sörzach, lebt sie noch immer in Niederdorf, im Seniorenzentrum Gritt. Im Gespräch erzählt die noch 99-Jährige von ihrem Leben und dass sie sich auch im hohen Alter immer ...
Martha Frey wird 100 Jahre alt
Morgen feiert Martha Frey ihren 100. Geburtstag. Geboren auf dem Hof Sörzach, lebt sie noch immer in Niederdorf, im Seniorenzentrum Gritt. Im Gespräch erzählt die noch 99-Jährige von ihrem Leben und dass sie sich auch im hohen Alter immer noch für das weltpolitische Geschehen und den Sport interessiert.
Sander van Riemsdijk
Das hohe Alter sieht man ihr nicht an. Martha Frey sitzt entspannt, aber neugierig da und fragt sich, was mit dem Besuch des Journalisten der «Volksstimme» wohl auf sie zukommt. Neben ihr sitzt Sohn Franz, der sie beim Gespräch unterstützt, wenn sie eine Fragestellung nicht versteht oder wenn das Gehör mal wieder nicht mitmacht.
Der Grund für unseren Besuch im Seniorenzentrum Gritt in Niederdorf? Am 19. Juni wird Martha Frey ihren 100. Geburtstag feiern. «Ich freue mich und lasse alles auf mich zukommen», sagt die Jubilarin dazu.
Auf dem Hof aufgewachsen
Geboren wurde Martha Frey am 19. Juni 1924. Noch als Martha Walliser lebte sie viele Jahre zusammen mit ihren Eltern und den fünf Geschwistern auf dem Hof Sörzach in Niederdorf. Der Vater war Kleinbauer und die Familie lebte von den Einnahmen des Gemüse- und Weizenanbaus, ebenso von der Viehwirtschaft mit sechs Kühen und dem Jungvieh.
Nach der Schule und in den Ferien mussten die Kinder auf dem Hof mithelfen, sagt Martha Frey: «Das war selbstverständlich.» Und für die junge Martha Frey kein Problem. «Ich habe die Bauernarbeit sehr gerne gemacht», sagt sie mit Stolz, «auch wenn es gelegentlich Schwerstarbeit war.» Vor allem dann, wenn der Vater wegen des Zweiten Weltkriegs immer wieder einrückte und sie das Vieh besorgen musste. Dennoch hat Martha Frey gute Erinnerungen an jene Zeit. Sie war mit ganzem Herzen Bäuerin. «Ich war zudem gerne draussen, das war mir schon immer sehr wichtig.»
Die obligatorischen Schuljahre absolvierte Martha Frey in Niederdorf. 20 Jahre alt geworden, arbeitete sie als Haushälterin für ein Jahr bei einem Grossbauern in der Nähe von Genf. Im Jahr 1946 heiratete sie Franz Frey aus Titterten. Nach zwei Jahren auf dem «Sörzach» zog das Ehepaar in ein neues Einfamilienhaus in Niederdorf. Aus der Ehe mit Franz Frey, der vor 25 Jahren starb, gingen drei Kinder hervor: Sohn Franz und die Töchter Maya und Gerda. Mittlerweile hat die Jubilarin sechs Enkel- und elf Urenkelkinder.
Viele Jahre hat Martha Frey als Nebenverdienst Heimarbeit für eine Uhrenfabrik geleistet. Sie war zudem Gründungsmitglied des Frauenturnvereins in Niederdorf und turnte dort während 45 Jahren mit. Es war dazumal eine Gemeinschaft, «man kannte sich im Dorf», sagt sie. «Das ist jedoch vorbei. Früher, als das Dorf noch nicht so gross war wie heute, grüsste man sich auf der Strasse und hat noch miteinander geredet.»
Frey erinnert sich gut an die Zeit, als ihre Familie noch keinen Fernseher besass. Damals trafen sich jeweils mehrere Ehepaare am Samstag- oder Sonntagabend im Restaurant Mühle in Niederdorf zum Schwatz. Auch das jährliche Skifest am Dielenberg ist in Frey noch immer präsent. Sowieso hat sie sich ihr Leben lang für Sport interessiert.
Neben Leichtathletik hat es ihr insbesondere der Skisport angetan – Martha Frey hat einen J+S Kurs im Skifahren absolviert und war als Leiterin in Schulskilagern tätig. Wenn ein wichtiges Skirennen im Fernsehen übertragen wird, darf man sie auch heute noch nicht stören. Neben dem Skifahren bewanderte Frey bis ins hohe Alter die Schweiz – zusammen mit ihrem Ehemann oder einer Wandergruppe. Auch mit dem Velo unternahm die Oberbaselbieterin viele Touren. «Es gibt kaum einen Ort in der Schweiz, an dem meine Mutter nicht war», erzählt Sohn Franz.
«Ich bin ein Stehaufmännchen»
Martha Frey hat ein ganzes Jahrhundert erlebt. Dass sie als junge Frau mit dem Krieg konfrontiert war, hat sie geprägt. Noch heute weiss die politisch interessierte Frau über das Aufkommen des Nationalsozialismus in Deutschland bis ins Detail Bescheid.
Auch wenn in ihrem Leben nicht immer alles einfach war, ist Frey stets ein positiver Mensch geblieben. Von Schicksalsschlägen liess sie sich nicht aus der Bahn werfen. «Ich bin halt ein Stehaufmännchen», sagt sie bestimmt. Noch bis ins hohe Alter von 95 Jahren wohnte sie allein und blieb selbstständig. Als gesundheitliche Probleme sich stärker bemerkbar machten, zügelte sie vor fünf Jahren ins Seniorenzentrum Gritt. Hier fühlt sie sich zwar aufgehoben, trotzdem plagt sie gelegentlich die Einsamkeit. «Weil ich nicht mehr so gut höre, kann ich an vielen Aktivitäten nicht teilnehmen.» Die Predigt jeden Montag im Seniorenzentrum lässt sie jedoch nicht aus. «Ich glaube an höhere Mächte, darum ist mir der Gottesdienst wichtig», so die Jubilarin.
Auch mit bald 100 Lebensjahren macht Martha Frey mit ihrem Rollator täglich ihre Spaziergänge rund ums Seniorenzentrum. «Ich muss mich jeden Tag bewegen», sagt sie. Zudem verfolgt die Seniorin das weltpolitische Geschehen noch immer genau und lässt Fernsehsendungen wie die «Tagesschau», die «Rundschau» oder die «Arena» nicht aus. Am Abend vor dem Einschlafen liest sie gerne in einem Buch, auch wenn das eine Auge nicht mehr so gut mitmacht.
Ein 100. Geburtstag ist etwas Besonderes. Morgen Mittwoch werden neben der Familie auch Regierungsrätin Kathrin Schweizer und ein Abgesandter des Gemeinderats ihre Glückwünsche überbringen. Am Nachmittag bringt ihr der Musikverein Niederdorf ein Ständchen. Drei Tage später wird bei einem Brunch mit der Verwandtschaft im grösseren Kreis gefeiert. Martha Frey wünscht sich zum Geburtstag keine Geschenke. «Was ich mir jedoch wünsche, ist, dass meine Gesundheit erhalten bleibt und ich noch vieles selbst machen kann.»