AUSGEFRAGT | ROLF SPYCHER, WEIHNACHTSBAUM-ZÜCHTER
20.12.2024 Bezirk Sissach, Oltingen, Rothenfluh«Die Definition ‹schöner Baum› gibt es nicht»
In Rothenfluh verkauft der Oltinger Bio-Bauer Rolf Spycher seine Bio-Weihnachtsbäume. Am meisten Freude bereitet ihm dabei die gute Laune der Kundschaft, sagt er im Gespräch.
...«Die Definition ‹schöner Baum› gibt es nicht»
In Rothenfluh verkauft der Oltinger Bio-Bauer Rolf Spycher seine Bio-Weihnachtsbäume. Am meisten Freude bereitet ihm dabei die gute Laune der Kundschaft, sagt er im Gespräch.
Peter Sennhauser
Rolf Spycher, bei Grossverteilern gibt es Gemüse, das nicht den Normen entspricht, als «unique» zu Sonderpreisen. Kriegt man bei Ihnen krumme Weihnachtsbäume vergünstigt? Rolf Spycher: Eine Zeit lang haben wir das gemacht, inzwischen lassen wir es. Denn die Definition «schöner Weihnachtsbaum», die gibt es nicht. Jemand will einen buschigen, jemand will eher einen dünnen, jemand will ein Wandmodell, jemand …
… ein Wandmodell? Also einseitig flach?
Ja, das kommt nicht selten vor, wenn sie nebeneinander wachsen. Und bei den Kunden stehen 90 Prozent der Bäume an einer Wand. Behaupte ich jetzt.
Aber Sie würden sie jetzt nicht gleich so ziehen, dass sie nur Wandmodelle haben …
Nein, ehrlich gesagt machen die Bäume so schon genug Arbeit, leider im Sommer, wenn ich als Biobauer genug zu tun hätte.
Aber Sie verkaufen Ihre eigenen Bäume.
In der Regel schon. Es gibt aber auch Jahre, in denen wir von einer bestimmten Grösse nicht genügend eigene Bäume haben, dann kaufen wir von den grossen Produzenten der Region zu.
Welche Stückzahl setzen Sie pro Jahr ab?
Mit den Adventsbäumen sind es etwa 200. Wir sind im Vergleich zu den anderen Verkäufern in der Region also ein eher «kleiner Fisch», bei uns ist es aber auch nicht der Hauptbetriebszweig.
Und diese 200 Bäume, die wachsen jedes Jahr nach …
(lacht) Nein, natürlich nicht. Eine Nordmannstanne braucht, bis sie etwa zwei Meter hoch ist, rund acht bis zehn Jahre. Die Fichte ist etwas schneller, so fünf, sechs oder sieben Jahre.
Also muss man gestaffelt ernten?
Vor allem auch pflanzen, ja.
Die Bäume kommen also nicht aus dem Wald.
Ich habe einen Teil noch im Wald, den ich aber auch dort gepflanzt habe. Der grösste Teil wächst in der Anlage in Rothenfluh. Die Ausbeute im Bio-Anbau ist rund 75 Prozent.
Auf welcher Fläche ziehen Sie denn wie viele Bäume?
Es sind wahrscheinlich 50 bis 60 Aren, eine halbe Hektare also, dort wachsen rund 3000 Bäume.
Was geben die Bäume zu tun?
Mit der Pflege kann man viel Einfluss nehmen auf die Form der Bäume. Und man muss das Gras mähen – wer nicht Bio macht, kann es mit Herbizid wegspritzen. Im Sommer 2023 hatte ein Schafhalter seine Shropshire-Schafe in unserer Anlage. Das gute an dieser Rasse ist, das sie keinen Verbiss an den Bäumen verursacht. Das hat gut funktioniert, aber der Schafhalter arbeitet nun leider nicht mehr in Rothenfluh. Vielleicht schaffen wir uns selber Schafe an.
Gibt es Trends bei den Kunden?
Ja, die Nordmannstanne wurde bei uns in den vergangenen Jahren immer beliebter. Der Baum stammt ursprünglich aus dem Kaukasus. Die Nordmannstanne ist etwas fülliger, hat weichere Nadeln und sie hält meistens länger.
Ich wollte gerade fragen: Gibt es eine Frische-Garantie auf Ihre Bäume?
Ich kann garantieren, dass der Baum nicht länger als vier Tage geschnitten ist. Wie lange er hält, darüber entscheiden Sie.
Helfen Sie mir, was muss ich tun?
Besonders am Anfang braucht der Baum viel Wasser. Bodenheizung und Wärme generell sind eher nicht so gut. Ganz schlecht ist es, den Baum unten anzuspitzen, damit er in den Ständer passt: Gerade Nordmannstannen haben einen eher dickeren Stamm, der sollte unversehrt bleiben. Denn der Baum nimmt das Wasser über die Rinde auf. Wenn Sie die abschälen, kappen Sie die Wasserzufuhr. Ansonsten kann er gut drei Wochen halten.
Anderswo werden Bäume gegen den Klimawandel gepflanzt, wir hauen Sie für ein paar Festtage ab: Was denken Sie darüber?
Nun, jeder Baum speichert Kohlendioxid. Es ist ein geschlossener Kreislauf, Holz ist CO2-neutral. Ob der Plastikbaum die bessere Ökobilanz als echte Weihnachtsbäume, mag ich bezweifeln.
Gibt es für Weihnachtsbäume noch Direktzahlungen?
Früher war das noch so, inzwischen nicht mehr: Es ist wohl noch als Weihnachtsbaum-Anlage gekennzeichnet, aber wir kriegen den normalen Flächenbeitrag. Und die Wertschöpfung mit den Bäumen, die stimmt durchaus.
Ich habe mir grade überlegt, ob ich auch einsteigen soll ...
(lacht) Wenn Weihnachtsbäume einfach wären, würden alle einsteigen in das Geschäft. Aber es ist arbeitsintensiv. Und es ist nicht nur eine tolle Arbeit, man ist viel auf den Knien. Richtig Spass macht es im Dezember, wenn man mit dem Kässeli da steht und verkauft.
Weil sich das schneller füllt, als wenn man «Chiirssi» feilbietet?
Nicht einmal deswegen: Es ist vielmehr so entspannt, weil die Kundschaft sehr bewusst einen Baum kaufen will. Die Leute sind gut gelaunt, sie freuen sich, sie nehmen sich Zeit. Und wir inzwischen auch: Wir machen das nicht mehr nur schnell in zwei Stunden, sondern an mehreren Tagen und mit Kaffee und Gutzi und einem Schwatz. Es ist einfach ein tolle Stimmung, und wir geniessen es sehr.
Zur Person
sep. Rolf Spycher ist 42 Jahre alt und betreibt mit seiner Frau Stefanie Spycher-Gass (40) den Hof Röti am Dorfausgang von Oltingen. Die beiden haben drei Mädchen im Alter von 10 (Zwillinge) und 6 Jahren. Der Hof wird nach Bio Knospe Richtlinien geführt. Es Milchwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau und Hochstammobst und Hoflädeli. Rolf pflegt zudem seine Weihnachtsbaumanlage in Rothenfluh, wo er aufgewachsen ist. Dort verkaufen Spychers auch Ihre Bäume: Heute Freitag 16 bis 18 Uhr, morgen Samstag von 10 bis 12 Uhr und am Montag, 23. Dezember, von 16 bis 18 Uhr.