Als das Postauto die Postkutsche ablöste
09.09.2025 Bezirk Sissach, Gesellschaft, Kultur, Baselbiet, MaisprachJubiläumsfeier der ÖV-Linie Gelterkinden–Rheinfelden
Maisprach liess am Samstag den öffentlichen Verkehr hochleben. Das 100-jährige Bestehen der Verbindung Gelterkinden–Rheinfelden wurde mit einer historischen Kutsche und historischem Postauto gefeiert. ...
Jubiläumsfeier der ÖV-Linie Gelterkinden–Rheinfelden
Maisprach liess am Samstag den öffentlichen Verkehr hochleben. Das 100-jährige Bestehen der Verbindung Gelterkinden–Rheinfelden wurde mit einer historischen Kutsche und historischem Postauto gefeiert. Im alten Feuerwehrmagazin gab es eine Ausstellung zum Jubiläum.
Carolina Mazacek
Das 100-Jahre-Jubiläum der durch die Post betriebenen ÖV-Linie 100 wurde am Samstag mit Fahrten im Postauto oder einer Postkutsche zelebriert. Zur Auswahl stand eine Fahrt mit dem alten Postauto nach Magden und zurück oder eine Rundfahrt mit der Postkutsche in Maisprach. Letztere war sehr beliebt.
Für Wissbegierige zeigte der veranstaltende Verein Vernetzte Vielfalt Maisprach (VVM) im alten Feuerwehrmagazin eine Ausstellung über den öffentlichen Verkehr im vergangenen Jahrhundert.
Poststelle und Kutschenpferde
Um es vorwegzunehmen: Die Veranstalter der Jubiläumsfeierlichkeiten haben gemogelt, denn bereits seit 101 Jahren wird die Buslinie 100 von Gelterkinden nach Rheinfelden von der Post betrieben, wie in der Ausstellung deutlich wurde. Aber zu den Ursprüngen des Personentransportwesens in der Umgebung: Das ehemalige Gasthaus «Zum Rebstock» am Maispracher Dorfplatz gehörte der Familie Graf, die von 1856 bis 1906 die Poststelle führte, sowie die Pferde, die der Postkutsche vorgespannt wurden, beherbergte. Mehrere Mitglieder der Familie Graf führten den Postkutschenbetrieb, bis die letzte Kutsche am 31. Mai 1922 durch Maisprach fuhr.
Dann entstand die «Ringverbindung Rheinfelden – Gelterkinden – Möhlin». Diese Buslinie führte ab Gelterkinden über Maisprach nach Rheinfelden und weiter via Möhlin, Wegenstetten und Rothenfluh und wiederum zurück nach Gelterkinden.
Dabei handelte es sich nicht um das einzige Projekt, das bei der eidgenössischen Oberpostdirektion für den dortigen Personentransport eingereicht worden war. Das parallel entwickelte Projekt «Verbindungen Sissach – Rothenfluh» war jedoch weniger überzeugend, weshalb sich die Post für die Verbindung Oberbaselbiet– Fricktal entschied. Dies führte zu Unstimmigkeiten. Der Fall musste dem Bundesrat vorgelegt werden, der im Sinne der Oberpostdirektion entschied. Diese musste die private Automobilgesellschaft nach nur zweijährigem Betrieb übernehmen, da sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.
Die Ausstellung hatte weitere Müsterchen parat: Während der Kriegszeiten war Treibstoff Mangelware, weshalb die Busse mit Holzvergaser oder Carbidgas betrieben wurden. Für den Betrieb der Holzvergaser-Fahrzeuge wurden pro Tag rund 160 Kilogramm Holz benötigt. In der Ausstellung war ausserdem ein alter Fahrplan aus dem Jahr 1922 aufgehängt: Dreimal pro Tag fuhr der Bus, morgens, nachmittags und abends, und das Ticket für die Fahrt von Gelterkinden nach Rheinfelden kostete 2.70 Franken.
Kühe auf der Strasse
«Die ganze Familie wartete mit dem Abendessen auf meinen Vater. Auch wenn ich meinem Vater geholfen habe, das Postauto zu wischen, wurde es trotzdem acht oder halb neun», erzählte der Sohn von Eduard Conzett, der um 1933 Busfahrer in Maisprach gewesen war, im alten Feuerwehrmagazin der «Volksstimme». Ein anderes Mal habe ein Bauer seine Kühe auf der Strasse gehabt, als das Postauto kam, und der Fahrer beschimpfte den Bauern übel. Zu Recht, denn das Postauto musste rechtzeitig in Rheinfelden am Bahnhof sein.
Die Festivitäten auf dem Dorfplatz wurden umrahmt von Drehorgelmusik, Kinder konnten aus einem Bastelbogen ein Postauto kleben, und allen, die das Fest verpassten, konnten die Anwesenden eine Postkarte zum Jubiläum «100 Jahre Postlinie 100» schicken.
Als die Postkutsche und das Postauto um fünf Uhr in die wohlverdiente Pause gingen, verweilten die zahlreichen Gäste noch lange auf dem Dorfplatz und genossen den lauen Spätsommerabend.