Scientologen verlieren vor Gericht
26.09.2023 Baselbiet, Rünenberg, Bezirk SissachEhepaar vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen
Während der Corona-Zeit hatte ein Ehepaar aus Rünenberg davor gewarnt, dass sich Anhänger der Scientology-Kirche angeblich als Beauftragte des Bundesamts für Gesundheit ausgeben würden. Die Scientologen klagten deshalb auf üble ...
Ehepaar vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen
Während der Corona-Zeit hatte ein Ehepaar aus Rünenberg davor gewarnt, dass sich Anhänger der Scientology-Kirche angeblich als Beauftragte des Bundesamts für Gesundheit ausgeben würden. Die Scientologen klagten deshalb auf üble Nachrede – und verloren vor dem Gericht in Basel.
Thomas Immoos
Beat Künzi und Yolanda Sandoval Künzi haben den Verein Freie Anti-SC Aktivisten (Fasa) gegründet. Die beiden betreiben einen Blog, auf dem aufmerksame Menschen Aktionen der umstrittenen Scientology-Kirche melden. Während der Corona-Zeit im Mai 2020 meldete eine Geschäftsfrau aus Basel, eine Person habe ihren Laden betreten und gesagt, sie sei Beauftragte des BAG und «wir möchten, dass Sie gesund bleiben». Der Mann in einem weissgelben Schutzanzug überreichte der Frau eine Broschüre, die man gemeinsam mit dem BAG verfasst habe. Erst als der Mann das Geschäft verliess, habe sie erkannt, dass es sich um einen Vertreter der Scientology-Kirche handle.
In der Folge schrieb Fasa einen Brief an das BAG, der festhielt, Scientology-Vertreter seien «angeblich» als BAG-Beauftragte unterwegs. Daraufhin klagte Scientology gegen Fasa wegen übler Nachrede. Am vergangenen Donnerstag fand vor dem Einzelgericht in Basel die Verhandlung gegen das im Oberbaselbiet lebende Ehepaar statt. Die Sache der Scientologen vertrat Jürg Stettler, Mediensprecher Schweiz/ Deutschland der Scientology-Kirche, ohne anwaltlichen Beistand.
Das Ehepaar wies darauf hin, die Scientologen hätten die Verunsicherung der Bevölkerung für ihre Zwecke ausgenutzt. «Uns war wichtig, dass diese Verunsicherung nicht von einer religiösen Gruppierung missbraucht wird», begründeten die Beklagten vor Gericht. Zudem hätten sie dieses Verhalten auch Zeitungen gemeldet, worauf einige Zeitungsartikel darüber erschienen sind. Auf ihrem Blog haben sie ebenfalls davon berichtet. Dies bezeichnete Scientology in der Klage als rufschädigend.
Zeugin bestätigt Vorfall
Vor Gericht bestätigte die Geschäftsfrau, die den Vorfall an Fasa gemeldet hatte, als Zeugin den Vorfall. Scientologen-Vertreter hätten sich mehrere Tage in ihrem Quartier aufgehalten und die Broschüre mit dem Hinweis auf einen BAG-Auftrag verteilt.
Jürg Stettler betonte, die Scientologen hätten ähnliche Aktionen in Luzern und Zürich unternommen, ohne dass es Probleme gegeben habe. Nur in der Region Basel seien gleich zwei Organisationen im Kampf gegen die Scientologen aktiv, neben Fasa die Gewaltfreie Aktion gegen Scientology (Gags). Scientology wehre sich «gegen den Vorwurf, strafbare Handlungen gemacht zu haben».
Pranger als «Masche»
Dem hielt die Verteidigerin der Künzis, Constanze Seelmann, in ihrem Plädoyer Zitate aus «Dianetics», dem Buch von Scientology-Gründer Ron L. Hubbard, entgegen. Die Kirche verlange totalen Gehorsam. Feinde der Scientologen seien «Freiwild, das man vernichten» dürfe. Die Gerichte bestünden aus «heruntergekommenen Leuten» und das Rechtssystem sei «ein Krebsgeschwür», das man ausrotten müsse. Es gehöre, so die Verteidigerin weiter, zur Masche der Scientologen, Gegner wie die Künzis öffentlich an den Pranger zu stellen und einzuschüchtern.
So habe man die Künzis als «religiöse Faschisten», «Fabulierer» und «Fanatikerduo» bezeichnet. Was den Brief der Künzis an das BAG angehe, so sei dieser vorsichtig formuliert und enthalte keine Behauptung, sondern lediglich eine Vermutung, wie das Wort «angeblich» zeige.
Gerichtspräsidentin Katharina Giovannone sprach das Ehepaar vom Vorwurf der üblen Nachrede frei. Es sei nicht die Ehre eines einzelnen Mitglieds von Scientology verletzt worden, sondern allenfalls ein Verein. Es gehe in der Klage nicht um die Ehre einer Einzelperson, sondern um den Ruf von Scientology. Dies könne aber nicht Gegenstand einer solchen Klage sein.
Auch die Mitteilung an die Presse und die darauf folgenden Artikel seien weder mehrfache Rufschädigung noch Täuschung der Öffentlichkeit. Der Brief an das BAG sei nicht nur vorsichtig formuliert, sondern auch an die richtige Adresse verschickt worden, sagte Giovannone weiter. Dieser Brief zeige, dass das Ehepaar «effektiv wichtige Anliegen wahrnimmt». Es gebe auch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sich die Scientologen in Basel als BAG-Beauftragte ausgegeben hätten. Auch sei es vermutlich kein Einzelfall gewesen.
Man habe «grobfahrlässig und mutwillig ein Verfahren in Gang gesetzt», begründete die Einzelrichterin die Abweisung der Klage und den Freispruch des Ehepaars Künzi-Sandoval. Allerdings wurden der Scientology-Kirche die Kosten des Verfahrens nicht auferlegt.
Im Anschluss an das Verfahren zeigten sich Beat Künzi und Yolanda Sandoval erleichtert. Und Jürg Stettler teilte mit, man akzeptiere das Urteil. Offenbar habe das Gericht die Behauptung als falsch und als nicht strafbar angesehen: «Wir akzeptieren das.»