«Die Spitex bietet tolle Teamarbeit»
01.09.2023 Baselbiet, Gesundheit, Gesellschaft
Ausgefragt mit Urs Roth, Geschäftsführer Spitex-Verband Baselland
Der Nationale Spitex-Tag von morgen Samstag steht unter dem Motto: «Wo kann ich eigenständig und in einem Team arbeiten? Bei der Spitex!» Damit soll auf die attraktiven Arbeitsplätze bei der ...
Ausgefragt mit Urs Roth, Geschäftsführer Spitex-Verband Baselland
Der Nationale Spitex-Tag von morgen Samstag steht unter dem Motto: «Wo kann ich eigenständig und in einem Team arbeiten? Bei der Spitex!» Damit soll auf die attraktiven Arbeitsplätze bei der Spitex aufmerksam gemacht werden.
Paul Aenishänslin
Herr Roth, fehlen der Spitex in unserem Kanton Mitarbeitende?
Urs Roth: Für alle Institutionen des Gesundheitswesens ist die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden in den vergangenen Jahren schwieriger und deshalb auch aufwendiger geworden. Zum Glück vermelden die meisten Mitgliedsorganisationen unseres Verbands, dass sie ihre offenen Stellen bisher jeweils besetzen konnten. Aktuell zählt die Spitex Baselland insgesamt rund 1300 Mitarbeitende – oder rund 600 Vollzeitstellen. Durch das weiter ansteigende Leistungsvolumen werden künftig jedoch noch mehr Mitarbeitende in der ambulanten Pflege benötigt.
Was macht das Arbeiten bei der Spitex besonders attraktiv?
Wer bei der Spitex arbeitet, kann auf einen interessanten Arbeitsalltag und attraktive Arbeitsbedingungen zählen. Der Aufgabenbereich umfasst die Grundpflege, komplexe Pflegeleistungen bis hin zu Spezialgebieten wie Psychiatrie- und Palliativpflege sowie Kinderspitex. Weiter bietet die Spitex eine Job-Sicherheit, Weiterbildungsmöglichkeiten und gute Karrierechancen und tolles Arbeiten im Team.
Was bedeutet das genau?
Die Spitex-Mitarbeitenden schätzen es, autonom zu arbeiten und auf ein motiviertes Team zu zählen. Das ist wichtig, da jede Fachperson meist allein zu den Klientinnen und Klienten geht. Die Arbeit verlangt viel Professionalität und Aufmerksamkeit. Spitex-Mitarbeitende müssen sich ständig auf neue Situationen einstellen.
Warum sind Ihre Dienstleistungen heute zunehmend gefragt?
Dank der Spitex können kranke und unterstützungsbedürftige Menschen länger dort leben, wo sie sich wohlfühlen: zu Hause. Zudem werden immer mehr Menschen älter. Wegen der demografischen Entwicklungen und des medizinischen Fortschritts wird der Bedarf an Spitexleistungen in unserem Kanton in den nächsten Jahren stark zunehmen.
Hat der Spitex-Boom auch etwas mit dem Trend zu ambulanten Eingriffen zu tun?
Ja. Der Trend zu ambulanten Eingriffen in den Spitälern wird weiter voranschreiten. Dieser Trend findet seine Fortsetzung auch in der Langzeitpflege. Ambulante Leistungen entsprechen nicht nur einem steigenden Bedürfnis der Patientinnen und Patienten. Diese zunehmende «Ambulantisierung» macht auch aus volkswirtschaftlichen Überlegungen durchaus Sinn.
Wer bezahlt die Spitex-Mitarbeitenden? Sind die Anstellungsbedingungen vergleichbar mit denen eines öffentlichen oder privaten Spitals?
Die Mitarbeitenden sind bei den einzelnen Spitex-Organisationen angestellt und demzufolge werden sie auch durch diese bezahlt. Die Anstellungsbedingungen bei der Spitex Baselland wurden laufend verbessert und sind durchaus vergleichbar mit denjenigen in den Spitälern.
Sind auch Teilzeiteinsätze möglich?
Ja, es sind flexible Pensen möglich, sodass sich bei der Spitex sowohl Karriere, Freizeit als auch Familie unter einen Hut bringen lassen. Das ist bereits heute weit verbreitet.
Gibt es neben der «Non-Profit»-Spitex auch eine private Spitex? Erklären Sie uns bitte den Unterschied. Wie vergleichen Sie sich im «Marktanteil»?
Der Spitex-Verband Baselland ist die kantonale Dachorganisation für die Non-Profit-Organisation (NPO) Spitex. Durch die Gemeinden sind die örtlich tätigen Spitex-Organisationen mit einem Versorgungsauftrag ausgestattet. Dies verpflichtet die Organisationen, jeden Auftrag im Rahmen ihrer Aufgaben anzunehmen und ihr Einzugsgebiet abzudecken, unabhängig vom Ort oder der Dauer eines Einsatzes. Die NPO-Spitex ist auch im Kanton Baselland die grösste und wichtigste Anbieterin von ambulanten Pflegeleistungen. Auch national werden annährend 80 Prozent aller Spitex-Klientinnen und -Klienten durch die Non-Profit-Spitex-Organisationen versorgt.
Das Schweizer Volk hat 2021 die Pflegeinitiative angenommen. Kann deren Umsetzung helfen, den Pflegenotstand zu lindern und der Spitex mehr Pflegefachkräfte zuzuführen?
Die Arbeiten zur Umsetzung der Pflegeinitiative schreiten auch in den beiden Basel voran. Es braucht nun die geplante «Ausbildungsoffensive». Das ist zwingend, wobei es Jahre dauern wird und die Ergebnisse erst sukzessive sichtbar werden. Es braucht auch eine Verbesserung der Anstellungsbedingungen, um die ausgebildeten Pflegefachkräfte halten zu können.
Wie hat sich die Pandemie auf die Arbeit der Spitex ausgewirkt?
Das Leistungsvolumen hat sich während der Pandemie überproportional erhöht, was bei gleichzeitig pandemiebedingten Arbeitsausfällen für alle Spitex-Organisationen eine sehr grosse Herausforderung darstellte. Das erhöhte Arbeitsvolumen konnte jedoch bewältigt werden und die Systemrelevanz der Spitex hat sich verstärkt bemerkbar gemacht.
Hat die Spitex neben dem Mangel an Pflegefachkräften auch noch andere Sorgen?
Die zweite grosse Herausforderung betrifft die diversen Fragen rund um die Finanzierung der Leistungen, eine Frage, die das gesamte Gesundheitswesen umtreibt. Die Tarife, die über die obligatorische Krankenpflegeversicherung finanziert werden, sind seit Jahren national vom Bundesrat limitiert, wurden vor einigen Jahren sogar reduziert. Stark beansprucht ist deshalb der zweite grosse Finanzierungsträger: Die öffentliche Hand, in unserem Kanton für die Langzeitpflege konkret die Gemeinden. Es ist zu hoffen, dass die Gemeinden und Versorgungsregionen ihre Finanzierungsverantwortung auch in Zukunft entsprechend wahrzunehmen bereit sind.
Zur Person
pae. Urs Roth (63) ist seit 2018 Geschäftsführer des Spitex-Verbands Baselland. Er war zuvor in diversen leitenden Positionen im Gesundheitswesen tätig. Er ist zudem Landrat (SP) und wohnt in Niederdorf.