«Ausbildung wie in einem Flugsimulator»
01.09.2023 Baselbiet, GesundheitKantonsspital Bruderholz erhält Förderpreis für Trainingseinrichtung für komplexe Operationen
Das «Skills und Training Lab» ist eine Trainingseinrichtung, um Operationen üben zu können. Ausgebildet werden angehende Orthopädinnen und Orthopäden des Kantonsspitals Baselland am ...
Kantonsspital Bruderholz erhält Förderpreis für Trainingseinrichtung für komplexe Operationen
Das «Skills und Training Lab» ist eine Trainingseinrichtung, um Operationen üben zu können. Ausgebildet werden angehende Orthopädinnen und Orthopäden des Kantonsspitals Baselland am Standort Bruderholz. Die Einrichtung hat kürzlich einen Förderpreis erhalten.
Christian Roth
In den typischen Handwerksberufen haben die Auszubildenden während ihrer Lehrzeit die Möglichkeit, praktisch an Objekten und Materialien üben zu können. Für angehende Orthopädinnen und Orthopäden ist das realistische Üben an Schulter, Hüfte, Knie oder der Wirbelsäule weit schwieriger, da in der Regel kein «Probematerial» zur Verfügung steht. Hier kommt nun das neu errichtete «Skills und Training Lab» im Bruderholzspital zum Einsatz, das der «Volksstimme» die Türe für einen Augenschein geöffnet hat. Die Idee für das Projekt hatten die beiden Chefärzte der Orthopädie und der Traumatologie, Professor Andrej Nowakowski und Professor Michael Hirschmann.
Den Assistenzärztinnen und -ärzten stehen Trainingsplätze zur Verfügung, an denen sie mittels realer Geräte und Werkzeuge an Modellen ihre Fertigkeiten und Operationstechniken üben können. Dies stressfrei – und ohne Gefahr, Schäden an Patienten zu verursachen.
Mehrere Stufen
Georg-Antonio Bernecker, Assistenzarzt der Orthopädie, ist mit Kollegen in den Räumlichkeiten anzutreffen und beschreibt die neuen Möglichkeiten wie folgt: «Das Ganze ist vergleichbar mit einem Flugsimulator. Der auszubildende Pilot wird auch nicht in ein voll besetztes Flugzeug gesetzt, um seine ersten Flugstunden zu absolvieren.» Er durchlaufe verschiedene Stufen in der Theorie und im Simulator. Erst danach dürfe er als Co-Pilot in Aktion treten.
Auch hier im Spital gilt es, verschiedene Stufen zu durchlaufen. Als Erstes werden die Auszubildenden mit Erklärvideos in die Materie eingeführt. In einem anderen Raum werden mittels der «Schlüsselloch-Technik» mit einem Arthroskopie-Simulator Schäden am Knorpel analysiert. Mit einer Kamera wird das Innenleben eines Knies erforscht und dann das weitere Vorgehen für den Eingriff besprochen. Zudem kann an Knochen aus dem 3D-Drucker geschraubt, gesägt, gefräst und gehämmert werden.
Stolz ist man auf die «Virtual Reality»-Technologie. Mit einer 3D-Brille und Werkzeugen, die ein reales Feedback von Widerstand und Vibrationen an den Operateur weitergeben, können Eingriffe vorgenommen werden. Mittels eines grünen Laserstrahls, der den Arzt führt, kann man erkennen, ob die Werkzeuge richtig eingesetzt werden. Der Autor dieses Artikels konnte sich selbst davon überzeugen, wie realistisch das Werken in der virtuellen Welt möglich ist.
Leistung verbessern
Für die interessierten Ärztinnen und Ärzte ist das Labor zu jeder Zeit zugänglich. So können sie ihre Fähigkeiten in einer angenehmen Umgebung individuell verbessern. Das habe grosse Vorteile, erklärt Professor Michael Hirschmann: «Nicht alle haben die gleichen handwerklichen Fähigkeiten. Es gibt Personen, die brauchen 20 oder noch mehr Versuche, um eine Operation sauber durchführen zu können. Und nicht jeder hat eine Werkbank zu Hause. Dies könnte manchmal aber von Vorteil sein …», meint er augenzwinkernd. Ausserdem biete das System die Möglichkeit, die Leistung der Ärztin oder des Arztes beurteilen zu können und auch korrigierend Anregungen und Hilfe anzubieten.
Ein wichtiger Aspekt ist ausserdem, dass das Angebot der Trainingsgeräte und deren freie Zugänglichkeit in der Schweiz seinesgleichen sucht. Mit dem «Skills und Training Lab» ist es möglich, Erfahrungen zu sammeln und die gesteckten Ausbildungsziele ohne unliebsame Folgen für reale Patientinnen und Patienten zu erreichen.
Die beiden Chefärzte – Initianten der innovativen Trainingsmöglichkeit für den Nachwuchs – haben kürzlich den Projektförderpreis des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiterund Fortbildung (SIWF) erhalten. Für sie sei es eine schöne Bestätigung ihres Engagements, sagen sie. Denn eine erstklassige Ausbildung und das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten habe bei ihnen oberste Priorität.
Andrej Nowakowski ist Prof. Dr. med. Dr. phil. Dipl.-Ing. (FH), Michael Hirschmann ist Prof. Dr. med.