Solidarität und Kooperation
29.08.2023 Bezirk Sissach, SissachTagung über den Umgang mit Geflüchteten
Jede globale Krise schlägt sich in den Flüchtlingszahlen nieder. Wie Kanton und Gemeinden damit umgehen, darüber sprachen in Sissach Fachleute vor Behördenmitgliedern. Wichtig sei, so der Tenor, auch die Solidarität unter den ...
Tagung über den Umgang mit Geflüchteten
Jede globale Krise schlägt sich in den Flüchtlingszahlen nieder. Wie Kanton und Gemeinden damit umgehen, darüber sprachen in Sissach Fachleute vor Behördenmitgliedern. Wichtig sei, so der Tenor, auch die Solidarität unter den Gemeinden.
Thomas Immoos
Seit den 1970er-Jahren stelle man Wellenbewegungen bei der Anzahl Personen fest, die in der Schweiz Asyl suchen. Dies sagte Fabian Dinkel, Leiter des Kantonalen Sozialamts, vor Mitgliedern von regionalen und kommunalen Sozialbehörden. Dies stelle Kanton und Gemeinden immer wieder vor neue Herausforderungen.
Die Betreuung erfolgt jeweils nach den Vorgaben des Bundes. «Oft sind kurzfristige Lösungen notwendig», sagte Dinkel dazu. Gefragt seien auch Sonderlösungen, wenn es sich zum Beispiel um ältere Personen, Gehörlose oder um Menschen mit Autismus handle. Dazu kommen sprachliche Probleme.
Dabei sind die Gemeinden zu Vorleistungen verpflichtet, ohne dass sie wissen, wie viele Geflüchtete kommen werden. Deshalb ist eine Kooperation zwischen den einzelnen Ebenen – Bund, Kanton und Gemeinden – nötig. Gefragt ist laut Dinkel auch die Solidarität unter den Gemeinden, um einander bei einem kurzfristigen Mangel an Plätzen zu helfen.
Festzustellen sei, dass – anders als früher – die Geflüchteten älter sind; oft sind es auch Familien mit Kindern, die um Aufnahme ersuchen. Ziel müsse sein, die Geflüchteten möglichst gut und schnell zu integrieren, beruflich wie sozial, so Dinkel.
«Viele sind schwer traumatisiert»
Corinne Sieber, Abteilungsleiterin «Soziales und Integration» beim Schweizerischen Roten Kreuz Baselland, zeigte auf, welche Hilfe man den Asylsuchenden anbietet. Denn viele von ihnen sind schwer traumatisiert, stellte Naser Morina fest, Co-Leiter des Ambulatoriums für Folter- und Kriegsopfer am Universitätsspital Zürich. Deshalb bemühe man sich, mit dem Programm «Spirit» zu helfen, bei dem Bewältigung von Traumata, Stress und anderen Problemen im Vordergrund steht.
Zielgruppe sind sowohl vorläufig aufgenommene Personen wie auch anerkannte Flüchtlinge und schutzbedürftige Personen. Damit die Hilfe auch wirksam ist, erfolgt sie möglichst in Begleitung einer sprachkundigen Person. Deshalb suchen die damit betrauten Stellen händeringend nach Dolmetschern für Amharisch, Ukrainisch, Kurdisch, Türkisch, Tigrinya und einige andere Sprachen.
Anders als im Baselbiet gibt es in Solothurn kantonale Asylzentren, wie Anne Birk, die dortige kantonale Amtsleiterin, ausführte. «Hier bleiben die Geflüchteten die ersten drei bis vier Monate, um sie mit den Gepflogenheiten der Schweiz fit zu machen.» Sie nannte diesbezüglich zum Beispiel das Erlernen der Sprache, den Umgang mit den Behörden oder das Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel. Nach dem Aufenthalt in einem kantonalen Asylzentrum erfolgt die Verteilung auf die 13 Sozialregionen und von da auf die Gemeinden. Im Oktober lanciert der Kanton Solothurn ein neues Integrationsmodell, das die Fallführung auf der einen und die Integration auf der anderen Seite weiter optimieren soll. Wie Anton Lauber, der Baselbieter Finanzdirektor, ausführte, werde man das Solothurner Pilotprojekt aufmerksam verfolgen.
Ein Modell für das Baselbiet?
Auch in der Diskussionsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Sozial- und Asylbehörden zeigte sich, dass das Solothurner Modell mit den sechs kantonalen Erstaufnahmezentren auf Interesse stösst. Fabian Dinkel stellte auf entsprechende Fragen allerdings klar, dass es im Kanton Baselland erst eine Gesetzesänderung brauche, bevor man allenfalls das System entsprechend anpassen könnte.
Auf der anderen Seite, so eine Votantin, berge das Solothurner Modell die Gefahr, dass die Geflüchteten in Asylzentren zu Beginn wie gefangen seien und zu wenig Kontakt mit der Bevölkerung hätten. Dies stellte Birk vom Kanton Solothurn auch nicht in Abrede: «Die Geflüchteten sollen ankommen.» Es gehe darum, dass «sie zuerst einmal zur Ruhe kommen, sich erholen und mit den neuen Gegebenheiten im neuen Land vertraut machen können».
Hilfe für kleine Gemeinden
Einig war man sich darin, dass der Asylbereich alle Beteiligten vor grosse Herausforderungen stellt. Fabian Dinkel vom Kanton Baselland stellte den Gemeinden Unterstützung in Aussicht. Zwar zeige sich die Tendenz zu einer fliessenden Zentralisierung, «trotzdem bleiben die Gemeinden für die Betroffenen verantwortlich».
Wichtig, so die Überzeugung auch im Publikum, sei die Zusammenarbeit unter den Gemeinden, damit man vor allem den kleineren unter ihnen Unterstützung bieten könne. Wichtig seien auch die Freiwilligenhilfe und die soziale Unterstützung der Betroffenen vor Ort.