Der Gondelbahn-Enthusiast
21.07.2023 Arboldswil, Verkehr, Bezirk Waldenburg, BaselbietJohannes Sutter ist zu einem gefragten Seilbahnplaner geworden
Die Bahnen auf die Wasserfallen und den Weissenstein aus Johannes Sutters Feder laufen seit Jahren klaglos. Jetzt hat der Arboldswiler Jurist und Chef eines grösseren Ingenieurbüros drei Projekte mit sehr unterschiedlichen ...
Johannes Sutter ist zu einem gefragten Seilbahnplaner geworden
Die Bahnen auf die Wasserfallen und den Weissenstein aus Johannes Sutters Feder laufen seit Jahren klaglos. Jetzt hat der Arboldswiler Jurist und Chef eines grösseren Ingenieurbüros drei Projekte mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen im Planungsköcher.
Andreas Hirsbrunner
Obwohl tief verwurzelt in Arboldswil, könnte Johannes Sutter dieser Tage glatt als Walliser durchgehen. So lächelte er vor wenigen Tagen den Leserinnen und Lesern des «Walliser Boten» von der Frontseite entgegen – eine absolute Seltenheit für Baselbieter. Zudem pendelt er derzeit bis zu dreimal wöchentlich ins Oberwallis. Grund dafür ist seine grosse Passion: Sutter, Chef des gleichnamigen, 75 Köpfe zählenden Ingenieurbüros mit Hauptsitz in Arboldswil, treibt seine Seilbahnprojekte 4 und 5 voran. Nummer 4 ist das Neubauprojekt von der Fiescheralp auf das fast 3000 Meter über Meer gelegene Eggishorn, Nummer 5 eine neue Verbindung von Bellwald an den Bahnhof Fiesch, deretwegen er auch prominent im «Walliser Boten» zu Wort kam.
Damit hält den Juristen auf Trab, was ihn seit seinem Einstieg ins väterliche Geschäft im Jahr 2003 fasziniert. Damals sei er zu seinem ersten Seilbahnprojekt «wie die Jungfrau zum Kind» gekommen, erzählt er lachend: «Die Verantwortlichen der Wasserfallen-Gondelbahn suchten bei meinem Vater nach alten Plänen, weil er als Präsident der Autobus AG auch Chef der Gondelbahn gewesen war, bis diese an eine Stiftung ausgegliedert wurde. So wurde ich plötzlich Projektleiter.» Drei Jahre plante er am 12-Millionen-Franken-Projekt, bis die neue Gondelbahn 2006 realisiert wurde. Danach blieb er seinem Erstling ein Dutzend Jahre als Geschäftsführer der Stiftung Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen treu; heute ist er noch Mitglied des Stiftungsrats.
Epischer Streit und Finanznot
Sutter war noch am Planen der neuen Wasserfallen-Bahn, da kam schon der Ruf von der Weissenstein-Bahn. Hier ging es allerdings nicht mehr so schnell wie im Baselbiet, bis die neue Gondelbahn auf den Solothurner Hausberg schwebte. Sutter: «Wir haben zwei Jahre geplant, sieben Jahre bis vor das Bundesverwaltungsgericht gestritten und ein Jahr gebaut.» Gegner waren die Vereinigung «Pro Sesseli» und der Solothurner Heimatschutz, welche die nostalgische, aber veraltete Bahn mit quergestellten Sesseli nicht gegen eine neue Gondelbahn eintauschen wollten.
So wie der epische Streit bei der Weissenstein-Bahn habe jedes von ihm projektierte Bahnprojekt etwas Spezielles. Bei der Wasserfallen-Bahn sei es die chronische Finanznot gewesen. Man habe dort mit 0 Franken in der Kasse mit der Planung begonnen, und nur das stetige Weibeln der früheren Stiftungsratspräsidentin Heidi Tschopp habe die Bahnerneuerung möglich gemacht.
Ein geschichtsträchtiges Projekt
Sutters drittes Seilbahnprojekt, das allerdings noch ein Stück von der Realisierung entfernt ist, ist als Ganzes so speziell, dass es Geschichte schreiben könnte: Die Bahn namens Aaregondel könnte die erste Schweizer Stadtgondelbahn werden. Sie soll vom Bahnhof Solothurn in nordöstlicher Richtung nach Attisholz mit Zwischenstation im Gebiet Riverside verlaufen. Sowohl dort wie in Attisholz sollen in den kommenden Jahren auf ehemaligen Industriearealen Hunderte von neuen Wohnungen und Arbeitsplätzen entstehen. Für Sutter ist hier die Gondelbahn das ideale öffentliche Verkehrsmittel, denn die Busse stünden im Stau und der Bahnhof Luterbach-Attisholz sei zu weit weg vom Entwicklungsgebiet. Überhaupt ist für ihn in städtischen Gebieten mit Platznot eine Gondelbahn das nachhaltigste Nahverkehrsmittel: «Das aus Sicht der Finanzen, der Umwelt und vom Stress her – man schwebt sicher und mit Aussicht über dem ganzen Verkehrsgewusel.»
In der Region Basel könnte er sich eine Gondelbahn ins Salina-Raurica-Gebiet anstelle des abgelehnten Trams oder auch ins Bachgraben-Gebiet in Allschwil vorstellen.
Gleichzeitig verschweigt Sutter nicht, dass es andere Probleme zu lösen gebe. So etwa die Wahrung der Privatsphäre, indem man so plane, dass von den Gondeln aus möglichst wenig Einblicke in Wohnungen und Gärten entstünden. Oder speziell in Solothurn Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes und insbesondere des Vogelschutzes, da die Bahn Schutzgebiete an der Aare überquere. Sutter sagte vergangenen November, als er den Medien seine Machbarkeitsstudie für die Aaregondel vorstellte: «Wir haben alles geprüft. Es gibt nichts, was das Projekt unmöglich macht.» Der Ball liege nun bei der Solothurner Regierung, die einen Grundsatzentscheid fällen müsse. Sutter rechnet frühestens im Jahr 2026 mit der Inbetriebnahme der auf 30 Millionen Franken veranschlagten Aaregondel.
Knacknuss Permafrost-Boden
Und was ist das Spezielle bei den beiden Walliser Projekten? «Bei der Bahn aufs Eggishorn gibt es grosse technische und zeitliche Herausforderungen», sagt Sutter. Denn die heutige Bahn habe nur noch eine Betriebsbewilligung bis Ende 2025. Dies, weil der Permafrostboden unter der Bergstation zu tauen beginne und die Station damit ins Rutschen komme. Die neue Station soll in einer riesigen, in den Boden eingegrabenen Wanne stehen. Sinkt die Wanne wegen weiterer Tauprozesse, kann die Station mittels Hydraulikpressen gehoben werden. In das 35-Millionen-Franken-Projekt sind ganz verschiedene Fachrichtungen von Architekten über Geologen hin zu Ingenieuren eingebunden, Sutter hat die Gesamtprojektleitung.
Für den Gemeinderat Bellwald, der Sutters Wirken auf dem nahen Eggishorn natürlich wahrgenommen hat, ist der unabhängige «Üsserschwiizer» der richtige Mann, um das eigene Gondelbahnprojekt wieder auf Kurs zu bringen. Denn die Kosten drohen aus dem Ruder zu laufen und Sutters Hauptaufgabe als Bauherrenvertreter der Gemeinde Bellwald ist es nun, das Projekt auf die im Juni von der Gemeindeversammlung genehmigten 25 Millionen Franken abzuspecken. Dieser Kostendruck sei das Spezielle an diesem Projekt, bei dem Sutter auch eine andere Erfahrung zugute kommt: «Es hilft mir, dass ich Gemeindepräsident von Arboldswil bin, weil ich mich dadurch sehr gut in die Situation der Bellwalder Gemeindebehörden einfühlen kann.»
Die Gondelbahn an den Fiescher Bahnhof hinunter ist übrigens nicht nur für Touristen gedacht, sondern vor allem für die Kinder aus dem Dorf. Denn sie verkürzt deren Schulweg massiv und ermöglicht ihnen, das Mittagessen zu Hause einzunehmen. Für Sutter ist denn die neue Gondelbahn auch ein wirkungsvolles Mittel gegen die Abwanderung aus dem Bergdorf. Und er bilanziert nach zwei abgeschlossenen und drei sehr unterschiedlichen Projekten in der Planungsphase: «Ich kann mir nichts Interessanteres vorstellen, als Seilbahnen zu planen.»