Mehr mit Tönen als mit Sand gemalt
17.01.2023 Baselbiet, Rümlingen, LausenUrs Rudin präsentiert sein erstes Abendprogramm
Mit seinem ersten grossen Programm wendet sich der spätberufene Künstler Urs Rudin aus Rümlingen etwas von der Sandmalerei ab und dafür seiner alten Liebe, der Musik, zu. Übermorgen kommt es in Lausen zur Premiere.
Jürg ...
Urs Rudin präsentiert sein erstes Abendprogramm
Mit seinem ersten grossen Programm wendet sich der spätberufene Künstler Urs Rudin aus Rümlingen etwas von der Sandmalerei ab und dafür seiner alten Liebe, der Musik, zu. Übermorgen kommt es in Lausen zur Premiere.
Jürg Gohl
Vor rund 20 Jahren hat Urs Rudin im «Varieté de Bâle» einem Sandmaler zugeschaut. Er war beeindruckt, wie der Künstler mit Sand, den er unterschiedlich dicht durch seine Finger rieseln liess, Bilder schuf und aus dem ersten mit wenigen Aktionen ein neues entstand. Als der damalige Musiklehrer und Pianist der inzwischen aufgelösten Oberbaselbieter Coverband «Backto» Jahre später am Fernsehen erneut eine sandmalende Künstlerin sah, sagte er sich: «Das mache ich auch.»
Da er zu dieser Zeit gleich bei zwei Variétés als musikalischer Leiter wirkte, schlug er ihnen vor, anstelle mit seiner gewohnten Klaviernummer einmal als Sandmaler aufzutreten. Die beiden Veranstalter willigten ein. Sie setzten ihren Hauspianisten gehörig unter Druck, weil er innerhalb von acht Monaten ein bühnentaugliches Programm zusammenstellen musste, mit dem er sich nicht bis auf die Knochen blamieren würde. In allen 42 Vorstellungen war das Publikum begeistert.
Daheim in Rümlingen perfektionierte er seine Kunst, trat 2012 in der Fernsehsendung «Die grössten Schweizer Talente» an, führte dort seine «Sandphonie» auf, bei der er erst am Piano spielte, aufstand und sich seinem «Sandkasten» zuwendete. Symbolischer könnten diese paar Schritte vor der Kamera nicht sein: Bestimmten bisher die Klaviertasten sein Leben, so wurde er dank seiner Fernsehauftritte schnell zum gefragten Sandmaler.Im Jahr 2016 beschloss er sogar, seine Arbeit an der Sekundarschule Frenkendorf aufzugeben und ganz auf Sandmalerei und Musik zu setzen.
Gut durch die Pandemie
Sogar die Pandemie überstand er im Gegensatz zu vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern ohne grössere Verluste – zumindest wirtschaftlich. Oft zog er mit seinem E-Piano während des Lockdowns durch Quartiere und unterhielt die Leute mit bekannten Melodien, vorzugsweise mit Oldies. Es bereitete ihm Freude, Freude zu bereiten.
Er tat dies spontan und unentgeltlich. Da er vor Corona mit seinen Auftritten als Sandmaler ordentliche Einkünfte erzielt (und auch versteuert) hatte, entschädigte ihn die öffentliche Hand angemessen. Und mit Ideen wie Klavierunterricht und «Piano-Dinners online» sei er gut über die Runden gekommen, sagt er im Wissen, dass er damit für die Fehltöne im Klagelied der Freischaffenden besorgt ist.
«Hingegen fehlte mir damals der Kontakt zum Publikum sehr», sagt der 60-jährige Urs Rudin. Auch wenn ihm das Gehabe eines Showmans völlig abgeht, so geniesst er es doch, die Bewunderung für seine Kunst zu spüren und den Applaus zu hören. «Zudem war wegen der ausgebliebenen Auftritte meine Sandmalerei von der Bildfläche verschwunden. Vor der Pandemie generierte ein Auftritt oft einen nächsten», sagt er. Nun muss er dieses Perpetuum mobile erst wieder zum Laufen bringen.
Vom Sand zurück ans Piano
Während der Pandemie besann sich der Sandmaler aber auch auf seine erste künstlerische Leidenschaft, die Musik und speziell das Klavierspielen. Urs Rudin setzte und setzt sich mit der grossen Frage auseinander, weshalb die Musik alle Menschen berührt. Zuerst entstand ein 45-minütiger Vortrag über die Faszination der Musik, den er – selbstverständlich – auf dem Klavier begleitete und der überall auf grosses Interesse stiess.
Es geht da um Antworten auf Fragen wie: Was geschieht, wenn ein eingänglicher «Beatles»-Hit von Joe Cocker in einen der grössten Rocksongs umgewandelt wird? Weshalb ist Franz Liszt genau genommen der erste Popstar der Musik? Was läuft im Gehirn ab, wenn es mit Musik «konfrontiert» wird?
Deshalb wartete er, als ihn Erika Bachmann von «Lausen kulturell» anfragte, in Lausen als Sandmaler aufzutreten, mutig mit der Gegenfrage auf, ob es denn auch ein abendfüllendes Programm über die Faszination der Musik sein dürfe. Selbstverständlich würde «Mister Sandman» auch etwas Sand dazwischenstreuen.
Auf Reaktionen gespannt
Nach dem Okay aus Lausen machte sich Urs Rudin sogleich daran, sein Referat von einer auf zwei Fussball-Halbzeiten zu erweitern. «Seither sitze ich praktisch täglich daran, baue aus, ergänze und streiche», sagt er. Entstanden ist damit das erste abendfüllende Programm von Urs Rudin. Übermorgen Donnerstag kommt es um 19.30 Uhr im Gemeindesaal in Lausen zu seiner Premiere. «Lausen kulturell» hat den Anlass als «Sandphonie» und den Künstler als «Sandmaler» angekündigt – wohl der PR wegen. Im Beschrieb werden die Veranstalter schon etwas genauer: «Ein informatives und unterhaltsames Referat zum Thema Musik mit viel Sand und Klavier.»
Von seinen Schülerinnen und Schülern weiss Urs Rudin, dass seine Art, ihnen Musik näherzubringen, auf Anklang stiess. «Nun bin ich sehr gespannt, wie das Publikum in Lausen auf diesen Auftritt reagiert», sagt der Oberbaselbieter Pianist. Gerne würde er, seine alten Kontakte als Sandmaler nutzend, mit diesem Programm auch in anderen Kulturkellern und -sälen des Landes auftreten. Ein nächster Termin steht bereits: am 16. März im Bürger- und Kulturhaus in Frenkendorf. Für den dritten im «Silo 12» in Läufelfingen fehlt noch das genaue Datum.
Die entscheidende Frage ist: Wird das Publikum die ungewohnte Form einer dozierenden Unterhaltung, sozusagen kulturelles Infotainment, goutieren? Ein bisschen skeptisch ist er schon, der Urs Rudin. Wie damals vor seiner Premiere als Sandmaler …
Vom Stübli ins Bad
jg. Mehrfach ist Urs Rudin im «Homburger Stübli» am Flügel gesessen und hat den Gästen ihre Musikwünsche erfüllt. Nachdem das Restaurant in seiner Wohngemeinde Ende Jahr geschlossen worden war, wurde das Instrument nach Bad Ramsach gezügelt. Dort wird der Pianist anstelle der bisherigen Piano-Dinner an einzelnen Sonntagen zur «Tea-Time» aufspielen. Die Premiere erfolgt am kommenden Sonntag.