1000 Franken für ein nutzloses Buch
01.11.2022 Baselbiet, Polizei, Finanzen, Läufelfingen, Bezirk SissachIn Deutschland verbreitete Betrugsmasche wird auch hier angewandt
Die Problematik ist den deutschen Behörden seit Langem bekannt: Unseriöse Händler verkaufen Senioren bei Haustürgeschäften Bücher zu komplett überteuerten Konditionen. Auch im Oberbaselbiet gibt es Betroffene, wie ein ...
In Deutschland verbreitete Betrugsmasche wird auch hier angewandt
Die Problematik ist den deutschen Behörden seit Langem bekannt: Unseriöse Händler verkaufen Senioren bei Haustürgeschäften Bücher zu komplett überteuerten Konditionen. Auch im Oberbaselbiet gibt es Betroffene, wie ein Fall aus Läufelfingen zeigt.
Janis Erne
Die Betrugsmasche ist simpel und überaus lukrativ. Unseriöse Buchhändler überraschen ältere Menschen an deren Zuhause und schwatzen ihnen angeblich originaltreue Nachbildungen historischer Werke, sogenannte Faksimiles, zu masslos überrissenen Preisen auf. In Brandenburg zahlte eine Rentnerin für ein (!) Buch fast 28 000 Euro, wie der «rbb» im Juni dieses Jahres berichtete. Der tatsächliche Wert liegt laut eines zitierten Experten lediglich bei etwa einem Fünftel des überwiesenen Betrags.
In Deutschland beschäftigt der betrügerische Verkauf von Faksimiles die Ermittlungsbehörden seit Jahren. Das Landeskriminalamt Berlin ermittelt laut dem «rbb»- Bericht in mehr als 100 Fällen und schätzt, dass der Schaden in die Millionenhöhe geht. Deutschlandweit berichten auch die Medien wiederkehrend über die Problematik.
Hierzulande hingegen ist die Betrugsmasche mit den überteuerten Büchern kein grosses Thema. Im Baselbiet ist sie der Polizei «nicht bekannt»; auch der Staatsanwaltschaft sagt die Masche nichts, wie es auf Anfrage heisst. Wobei Letztere nicht ausschliessen könne, dass es derartige Fälle gab. Die Suche nach Fällen von betrügerischen Buchverkäufen würde einen erheblichen Zeitaufwand mit sich bringen. Denn die Baselbieter Staatsanwaltschaft sortiert ihre Fälle «nur» nach Straftatbestand, etwa nach «Betrug». Darunter fallen zig Vorgehensweisen von Kriminellen, die ihre Opfer finanziell schädigen.
Etwas anders tönt es aus der Basler Staatsanwaltschaft: «Gänzlich unbekannt» sei ihr die Betrugsmasche mit den überteuerten Büchern nicht, sagt Sprecher Martin Schütz auf Anfrage. «Gefühlt dürfte es in den vergangenen Jahren ein, zwei Fälle gegeben haben. In diesem Jahr allerdings noch keinen.» Exakte Zahlen kann man auf die Schnelle mangels Verschlagwortung in der Archivsuche nicht liefern.
Betrogener versteht Inhalt nicht
Die «Volksstimme» weiss von einzelnen Fällen aus dem Oberbaselbiet. In Läufelfingen wurde einem Senior zu Hause die Reproduktion eines Atlanten mit Karten aus dem 16. Jahrhundert angedreht. Der Verkäufer sei sehr aufdringlich gewesen und habe ihn überrumpelt, sagt der Geschädigte rückblickend. Er wollte, dass der Verkäufer verschwindet. Deshalb habe er ihm fast 1000 Franken für das Werk gezahlt, obwohl es für ihn völlig nutzlos sei. Weder interessieren ihn die darin enthaltenen historischen Karten, noch versteht er die lateinischen Inschriften. Kurz nach dem Kauf verstaute er das Buch im Schrank, und holte es nie wieder hervor. Seine Angehörigen erfuhren erst Monate später vom Kauf. Die rechtliche Widerrufsfrist von 14 Tagen, die laut Gesetz bei Haustürgeschäften gilt, war längst verstrichen.
Letztlich, so lässt die Baselbieter Staatsanwalt ausrichten, sei es bei unseriösen Haustürgeschäften egal, was für Produkte zu einem vermeintlichen Schnäppchenpreis angeboten würden. Ob Bücher, Pfannen oder ein Messerset – die Masche dahinter sei immer gleich. Wie im Läufelfinger Fall nutzen die Betrüger bei Haustürgeschäften den Überraschungseffekt. Ältere und teilweise auch hochbetagte Menschen werden überredet oder unter Druck gesetzt, die Anschaffung zu tätigen. Aus Deutschland ist zudem bekannt, dass einigen Opfern vorgegaukelt wird, es lohne sich, mehrere Bücher zu erwerben. So werde eine Serie vervollständigt, die dann teuer weiterverkauft werden könne.
Die Baselbieter Polizei rät, sich bei Haustürgeschäften nicht bedrängen oder überreden zu lassen. Und besonders wichtig: Auf keinen Fall fremde Personen in die Wohnung oder ins Haus zu lassen!