Tramlink Nr. 1 ist vom Stapel
01.07.2022 Bezirk Waldenburg, VerkehrDas erste neue WB-Fahrzeug steht auf den Schienen
Am Mittwochabend wurde das erste Fahrzeug der neuen WB auf die Schienen gesetzt. Der professionelle und spektakuläre Ablad und Zusammenbau des ersten Tramlinks lockte auch zu später Stunde viele Interessierte an den Ort des ...
Das erste neue WB-Fahrzeug steht auf den Schienen
Am Mittwochabend wurde das erste Fahrzeug der neuen WB auf die Schienen gesetzt. Der professionelle und spektakuläre Ablad und Zusammenbau des ersten Tramlinks lockte auch zu später Stunde viele Interessierte an den Ort des Geschehens.
Elmar Gächter
Nach rund 1500 Kilometern und einer 35-stündigen Fahrt ist es am Mittwoch heil am Ort seines künftigen Einsatzes angekommen, das erste der zehn neuen WB-Fahrzeuge, das im spanischen Valencia gebaut wurde und sich «Tramlink» nennt. In drei Teilen auf speziell für Schienenfahrzeuge konstruierten Tiefladern ist es angeliefert und gleich in der Nacht auf der Kreuzung Bad Bubendorf von Fachleuten der Herstellerin Stadler Rail zusammengebaut worden.
Viele Schaulustige wollten sich dieses schon fast historische Ereignis nicht entgehen lassen. Manche waren überrascht, wie «einfach» und relativ schnell die einzelnen Teile via mobile Rampe vom Ladewagen auf die Schiene kamen. Es war fast, als würde ein Schiff vom Stapel gelassen. Das Fahrzeug wird ab kommender Woche auf der Strecke zwischen Altmarkt und Lampenberg-Station auf Herz und Nieren getestet. Bevor ab Oktober die zweite Testphase auf der ganzen Strecke beginnt, werden im August zwei weitere Tramlinks angeliefert.
Mit dem Tramlink fährt künftig ein Niederflurfahrzeug durch das Tal, das mit der alten Waldenburgerbahn wenig gemeinsam hat. Freuen dürfen sich die Fahrgäste unter anderem auf den ebenerdigen Einstieg, einen angenehmeren Sitzkomfort mit der 2+2-Bestuhlung, den grösseren Abstand zu den Vordersitzen – sogar 10 Zentimeter mehr als im Tango-Tram der Stammlinie der Baselland Transport AG (BLT) –, auf eine moderne Fahrgastinformation, die Vollklimatisierung und vor allem auf ein geräuscharmes Rollmaterial, sowohl im Innen- als auch Aussenbereich. «Es ist definitiv ein anderes Fahren», ist Fredi Schödler, stellvertretender Direktor der BLT, überzeugt. Erprobt ist dieser Fahrzeugtyp im Übrigen seit Jahren, steht er doch bereits seit 2011 in Rostock sowie weiteren europäischen Staaten im Einsatz und mittlerweile auch in Lugano, bei der Ferrovie Luganesi SA (FLP).
Keine Bahnsignale mehr
Optisch fällt Tramlink, neben der für das Tal neuen Farbe, mit seiner «Knollennase» auf. Die Konstruktion verhindert, dass bei Kollisionen Fussgänger oder Velofahrende unter das Fahrzeug geraten. «Sie hat sich beim Tangotram auf unserer Stammlinie bereits mehrfach bewährt», so Schödler. Die Kupplung ist neu in der Nase untergebracht und erhöht die Sicherheit gegenüber der alten WB zusätzlich, da deren offene Kupplungen bei Unfällen zu schweren Verletzungen bei den Opfern geführt haben.
Fredi Schödler spricht von einem eigentlichen Meilenstein. «Erstmals in Europa kommt auf einer Einmeterspur das Zugsteuerungs-Zugsicherungssystem CBTC (Communication-Based Train Control) zum Einsatz. Es ist vergleichbar mit jenem, das die SBB auf ihren Schnellspurstrecken kennt.» Das System basiert auf der neuesten Sensortechnik und ermöglicht ein halbautonomes Fahren. Für die Bevölkerung am ehesten wahrnehmbar ist, dass es keine Bahnsignale mehr gibt. Ein digitales Netz entlang der Strecke stellt die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Streckenrechner sicher. Die Triebfahrzeugführenden, wie die Lenkerinnen und Lenker offiziell bezeichnet werden, erhalten die Informationen direkt auf den Bildschirm im Führerstand übermittelt. Aufgrund der hinterlegten Fahrplandaten ermittelt der Streckenrechner laufend, wie schnell beschleunigt und gefahren werden muss, um zum richtigen Zeitpunkt an der nächsten Haltestelle zu sein.
Dank des modernen Zugsicherungssystems könnten Zusammenstösse zwischen zwei Tramlinks ausgeschlossen werden. «Menschliches Versagen zu 100 Prozent aufzufangen, ist jedoch schwierig, da gibt es Grenzen», gibt Fredi Schödler zu bedenken und spricht damit Situationen an, wenn Velo- oder Autofahrende das Rotlicht missachten und sich Kollisionen wegen des Bremswegs nicht verhindern lassen.
Lasse man sich vom System leiten, so fahre man nach optimalen Bedingungen. «Die Triebfahrzeugführenden müssen nach wie vor im Cockpit sitzen, um die Strecke zu beobachten. Sie sind verantwortlich und können jederzeit eingreifen und die Steuerung manuell übernehmen», hält Schödler fest. Für ein vollautonomes Fahren sei technisch die Basis geschaffen worden, heute jedoch sei es noch nicht möglich. Er spricht die Durchfahrt Oberdorf an, wo die WB zwar auch über ein eigenes Trassee verfüge, das aber teilweise auch von Autos befahren werde. Viele Fragen seien noch offen. «Wann dereinst vollautonom gefahren werden kann, ist schwierig vorauszusagen, es ist fast wie Kaffeesatzlesen», so Schödler.