Nur nicht übermütig werden
07.07.2022 Bezirk Sissach, RünenbergJürg Gohl
Ihr Name rühre daher, dass sie gerne aufgedreht sind und ihre Musikstücke gerne rassig vortragen. Das antwortet Jasmin Berger am Samstag in «Potzmusig», der Ländler-Sendung des Schweizer Fernsehens. Moderator Nicolas Senn hat die junge Flötistin aus ...
Jürg Gohl
Ihr Name rühre daher, dass sie gerne aufgedreht sind und ihre Musikstücke gerne rassig vortragen. Das antwortet Jasmin Berger am Samstag in «Potzmusig», der Ländler-Sendung des Schweizer Fernsehens. Moderator Nicolas Senn hat die junge Flötistin aus Gelterkinden zuvor gefragt, wie die junge Formation aus dem Oberbaselbiet eigentlich zu ihrem Namen «Übermüetig» gelangt sei, als der Auftritt in den Appenzeller Bergen bereits vor mehreren Wochen aufgenommen worden ist. Jetzt weiss der Appenzeller Hackbrettvirtuose und Moderator Bescheid.
Das Versprechen, mit Rasse aufzuspielen, können die Jungmusikerinnen Manuela Ramseier (Klarinette, Rünenberg), Michelle Tschan (Klarinette, Birsfelden) und Jasmin Berger (Flöte, Gelterkinden) – Akkordeonist Noah Lehmann aus Rickenbach ist am Aufnahmetag verhindert – nicht ganz einlösen. Wenn schon übermütig, dann deshalb, weil aussergewöhnlicherweise eine Blockflöte zum Einsatz gelangt. Ihre Kostprobe, eine Mazurka im Walzertakt mit dem Titel «Mir wäi luege» – ist aber ein getragenes Stück, keine Chopin-Mazurka.
Aus Schulprojekt entstanden
Geschrieben ist es, leicht zu erahnen, von einem Baselbieter: Es ist eine der inzwischen 168 Kompositionen von Urs Mangold. Mangold, ein grosser Name in der nationalen Volksmusik-Szene, ist für «Übermüetig» weit mehr als ein Komponist. Der Rünenberger betreut die Formation, die sich aus dem Projekt «Volksmusik» seiner Frau Doris, Blockflötenlehrerin in Gelterkinden, für die Gewerbeausstellung 2016 entwickelt hat. In der jetzigen Form besteht «Übermüetig» seit zwei Jahren.
Zudem verstärkt Urs Mangold mit seinem Schwyzerörgeli beim Fernsehauftritt in Gonten gemeinsam mit Sandra Jager-Weber und ihrem Schwyzerörgeli sowie Michael Berger am Bass die drei jungen Künstlerinnen. Sandra Jager ist eine der drei jodelnden Weber-Schwestern aus Reigoldswil, Michael Berger ist der Vater von Jasmin Berger. Diesen Halt hatte die junge Formation für ihren Auftritt noch dringend nötig.
«Logisch», sagt Urs Mangold, «da fehlt noch einiges.» Er ist quasi «Spielertrainer» der jungen Formation und jagt mit seinen 68 Jahren ihr Durchschnittsalter in die Höhe. Zudem ist er das Bindeglied zur «Oberbaselbieter Ländlerkapelle», die er vor 51 Jahren in Sissach als damals 17-Jähriger mitgründete. Vergangene Woche musizierten die beiden Formationen bei ihrem traditionellen Auftritt zum Ferienbeginn auf Bad Ramsach sogar gemeinsam.
Ein langer Weg
Doch um dereinst in der namhaften Gruppe mitwirken zu können, ist es für den Nachwuchs noch ein langer Weg. So üben die Mitglieder der «Oberbaselbieter Ländlerkapelle» täglich und treffen sich seit ihrer Gründung einmal pro Woche zur gemeinsamen Probe; die «Übermütigen», die alle zwischen 16 und 18 Jahre alt sind, belassen es bei ein Mal pro Monat. «Naturgemäss haben jüngere Musizierende noch ganz andere Defizite», sagt Mangold, seit 1999 Träger des Goldenen Violinschlüssels, dem Ritterschlag der Volksmusik. Er beginnt aufzuzählen, was alles zum Können gehört: Fingerfertigkeit, Kraft, Musikalität, Präzision, Repertoire.
Trotz der coronabedingten Pause mit Absagen und des um ein Jahr verschobenen Jubiläumskonzerts ist die «Oberbaselbieter Ländlerkapelle» auch nicht auf eine Blutauffrischung angewiesen. «Unser Jubiläum war kein Schlussakkord, sondern der Auftakt in die nächsten 50 Jahre», sagt Mangold. «Wir sind im Schuss.»
Nach den Schulferien stehen mehrere grössere Konzerte an: Darunter eines am 4. September in Liestal zu Ehren des «Musighanneli», eines am 10. Dezember, wenn die Waldenburgerbahn eingeweiht wird, sowie eine Volksmusik-Schifffahrt. Da besteht eher die Gefahr, dass nicht die Jungen, sondern die Alten «übermüetig» werden.