Befragte wollen Duttweilers Erbe mehrheitlich beibehalten

Bietet auch der zweitgrösste Detailhändler der Schweiz künftig Alkohol an? Morgen endet für die Migros-Genossenschafterinnen und -Genossenschafter die Abstimmungsfrist. In unserer kleinen Umfrage in Sissach überwog das Nein zum Alkoholverkauf klar.

Janis Erne

Es ist eine der grössten Abstimmungen des Landes: 2,3 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter können noch bis morgen Samstag über die Aufhebung des Alkoholverkaufsverbots in der Migros abstimmen. Um mit dem im Jahr 1928 von Gründer Gottlieb Duttweiler eingeführten Grundsatz zu brechen, müssten die Befürworter des Alkoholverkaufs die Zweidrittelmehrheit übertreffen. Jede der zehn regionalen Genossenschaften stimmt für sich ab, ein föderaler Flickenteppich ist künftig möglich. In unserer Strassenumfrage sprach sich die Mehrheit für den Status quo aus.

Vor der Sissacher Filiale fragte die «Volksstimme» 20 Personen nach ihrem Abstimmungsverhalten: Gleich 16 sind gegen die Aufhebung des Alkoholverkaufsverbots, 2 dafür und 2 unentschlossen. Maggy Hurwiler und Verena Jenni, die gerade von ihren Einkäufen zurückkehren, sagen: «Der Denner steht hier unmittelbar nebenan, deshalb muss die Migros nicht auch noch Bier, Schnaps und Wein verkaufen.»

Ein Argument, das mehrere Befürworter des Verkaufsverbots erwähnen: Alkohol sei bereits jetzt an genügend anderen Orten erhältlich. Ein junger Mann, der selbst keinen Alkohol konsumiert, erwähnt auch die Verfügbarkeit übers Internet. Angemerkt muss aber werden, dass sich nicht alle Filialen in unmittelbarer Dennernähe befinden – so etwa in Gelterkinden oder Liestal. «Beim Verkauf von Spirituosen soll die Migros kleine Quartierläden nicht auch noch konkurrenzieren», fährt Verena Jenni in ihren Ausführungen fort.

Bier verdränge andere Produkte
Der Fakt, dass in der Migros-Tochter Denner bereits heute Alkohol angeboten wird, dient den Gegnern des Verkaufsverbots als Aufhänger: Mit der Akquisition des Discounters habe die Migros mit der Philosophie ihres Gründers schon längst gebrochen, ist eine Sissacherin überzeugt. Duttweiler hat das Verkaufsverbot vor fast 100 Jahren eingeführt, um die Volksgesundheit zu fördern und um Armut infolge Alkoholmissbrauchs vorzubeugen. «Die Zeiten haben sich geändert», sagt eine Genossenschafterin dazu. Deshalb stimme sie für die Aufhebung des Verkaufsverbots.

Eine Befürworterin hingegen äussert dahingehend Bedenken, dass mit dem Verkauf von Alkohol andere Produkte aus dem Migros-Sortiment fallen könnten. «Für den Verkauf von alkoholischen Gütern braucht es mehr Infrastruktur», merkt jemand kritisch an: Dies gehe mit einer ökologischen Mehrbelastung einher. Zudem fragt sich die Kundin, ob sich der Konzern nicht selbst ein Bein stelle, falls der Alkoholverkaufsumsatz der Migros zulasten des Denner ausfalle.

So deutlich die Tendenz unserer Strassenumfrage ist: Gewissheit wird es gemäss Migros «erst» Mitte Juni geben, wenn die Abstimmungsresultate ausgewertet sind.