Vertagte Schlacht um Budgetausgleich
24.06.2022 Bezirk Sissach, GelterkindenPaul Aenishänslin
Nur 40 Stimmberechtigte fanden am Mittwochabend den Weg in den Gelterkinder Gemeindesaal für die anberaumte Rechnungs-«Gmäini». Zuerst erhielt der neue Finanzchef, Gemeinderat Pascal Catin, Gelegenheit, die deutlich besser als erwartet ausgefallene ...
Paul Aenishänslin
Nur 40 Stimmberechtigte fanden am Mittwochabend den Weg in den Gelterkinder Gemeindesaal für die anberaumte Rechnungs-«Gmäini». Zuerst erhielt der neue Finanzchef, Gemeinderat Pascal Catin, Gelegenheit, die deutlich besser als erwartet ausgefallene Jahresrechnung 2021 zu präsentieren. Bei einem Gesamtaufwand von rund 26 Millionen Franken und einem Gesamtertrag von etwa 24,9 Millionen Franken resultiert ein Aufwandüberschuss von knapp 1,1 Millionen Franken. Budgetiert war ein Aufwandüberschuss von 3,4 Millionen Franken.
Die Verbesserung im Vergleich zum Budget ergab sich durch eine Reihe von Faktoren. So sind die Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen um nicht weniger als 904 000 Franken gestiegen. Der Finanzausgleich hat um 820 000 Franken zugenommen. Es gibt aber auch negative Entwicklungen. So sind die Gesamtkosten beim Kindes- und Erwachsenenschutz (Kesb) gegenüber dem Budget um 876 000 Franken höher ausgefallen. Ein grosses Sorgenkind bleibt das Hallen- und Freibad, das einen Nettoaufwand von 799 000 Franken aufwies. Schuld daran ist zum Teil auch, dass coronabedingt das Freibad im Sommer 2021 nicht die geplanten Einnahmen erwirtschaften konnte.
Die Schulden der Gemeinde Gelterkinden beliefen sich Ende 2021 auf etwas über 36 Millionen Franken, was bei einer Einwohnerzahl von rund 6200 Personen einen Betrag von über 5000 Franken pro Kopf ergibt. Das Eigenkapital der Gemeinde Gelterkinden belief sich Ende 2021 auf noch etwas über 40 Millionen Franken. Pascal Catin führte zum Abschluss seiner Erläuterungen aus, dass es nun wohl zum Teil harter Schritte bedarf, um das strukturelle Defizit im Finanzhaushalt der Gemeinde Gelterkinden zu beseitigen. Dieser Ansicht war auch Caspar Baader, der den Gemeinderat eindringlich ermahnte, der Klage über das Budgetdefizit jetzt mutige Taten folgen zu lassen. Die Detailberatung der Jahresrechnung verlief ohne Diskussion. Einzig Michael Baader monierte, dass die hohe Liquidität von 12 Millionen Franken Ende 2021 schlecht zum Schuldenstand von 36 Millionen Franken passe. In der nachfolgenden Abstimmung wurde die Jahresrechnung 2021 einstimmig mit einer Enthaltung genehmigt.
Diskussion um Altersversorgung
Überraschend viel gab dann der Beitritt Gelterkindens zur Versorgungsregion Oberbaselbiet zu reden, der schliesslich mit 32 Ja bei 3 Nein und 4 Enthaltungen genehmigt wurde. Es wurde bemängelt, dass der Kanton munter neue Gesetze beschliesst – wie das Anfang 2018 in Kraft getretene APG (Altersbetreuungs- und Pflegegesetz) – die dann den Gemeinden neue Ausgaben aufbürden, die sie einfach übernehmen müssen, ob sie nun wollen oder nicht.
Erst unter «Verschiedenem» kam das Budgetproblem Gelterkindens wieder zur Sprache. Zuerst beantwortete Finanzchef Catin verschiedene Fragen der SP Gelterkinden, die darauf hinzielten, ob sich Gelterkinden neue Einnahmequellen – beispielsweise durch die Ansiedelung von Firmen – erschliessen könnten, oder künftig auf der Einnahmenseite durch Entlastungsmassnahmen des Bundes oder des Kantons bei den Steuern natürlicher und juristischer Personen Einbussen zu erwarten sind. Da vieles noch in der Schwebe sei, fielen die Antworten von Catin nicht präzise aus.
Dann war es an Gemeindepräsident Peter Gröflin zu erklären, dass der Gemeinderat plane, anlässlich der Gemeindeversammlung vom 21. September verschiedene Massnahmen zu präsentieren, um das Budget der Gemeinde dauerhaft zu entlasten. An der Versammlung könnten sich dann auch die anwesenden Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu den Vorschlägen des Gemeinderats äussern, die, wie stichwortartig angekündigt wurde, folgende Bereiche umfassen werden: Werkhof, Parkplatzkonzept, Unterstützung der Vereine, Bibliothek, Jugendcafé, Hallen-Freibad, Bauland und Baurecht, Schule sowie Feuerwehr-Ersatzabgabe. An der Budget-«Gmäini» vom 21. Dezember würden dann verbindliche Beschlüsse hinsichtlich einzelner Sparmassnahmen gefasst, die in das Budget 2023 Eingang finden.
Die Schlacht um ein ausgeglichenes Gemeindebudget ist also jetzt auf das zweite Semester dieses Jahres vertagt worden. Für 2023 dürfte wohl im Dezember noch kein Budget ohne prognostizierten Fehlbetrag vorliegen, aber immerhin Schritte in die richtige Richtung gemacht werden. Zu hoffen ist dies, da die Einsicht in Gelterkinden wächst, dass nun eine nachhaltige Gesundung der Gemeindefinanzen das Gebot der Stunde ist.