Diesel im Tank und im Blut
29.04.2022 Bezirk Sissach, Rümlingen, Vereine, GesellschaftKlub restauriert historische und seltene Traktoren
Mit viel Herzblut und beruflichem Know-how setzen sich die Mitglieder des Klubs «Dieselbluet» für den Erhalt historischer und seltener Traktoren ein. Dabei reicht ihr Suchradius auch bis nach Amerika.
Otto ...
Klub restauriert historische und seltene Traktoren
Mit viel Herzblut und beruflichem Know-how setzen sich die Mitglieder des Klubs «Dieselbluet» für den Erhalt historischer und seltener Traktoren ein. Dabei reicht ihr Suchradius auch bis nach Amerika.
Otto Graf
«Dieselbluet» lautet der Name eines Klubs von gegen 30 Männern, der sich dem Erhalt und dem Restaurieren von mehrheitlich alten Traktoren verschrieben hat. Die meisten Mitglieder kommen aus dem oberen Kantonsteil sowie aus den angrenzenden Gebieten im Fricktal und im Kanton Solothurn. Frauen sind offiziell noch nicht dabei, wären aber willkommen. Das Kernteam mit Martin Bösiger, Chrigel Mohler, Thomas Pulfer und Kurt Straumann gestattete der «Volksstimme», in einer Werkhalle der Firma Mohler Metallbau in Rümlingen einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
«Wir sind kein Verein. Wir haben weder Vorstand noch Statuten und erheben auch keinen Mitgliederbeitrag», hebt Chrigel Mohler hervor. Man verstehe sich auch nicht als Konkurrenz zum Verein «Falnowe», der Freunde alter Landmaschinen Nordwestschweiz. Denn die meisten Mitglieder von «Dieselbluet» sind ohnehin bei den «Falnowe» dabei. Dort kommen die alten Gerätschaften im aktiven Einsatz zum Zug, etwa beim Säen, bei der Getreideernte und beim Dreschen, so wie das früher gemacht wurde.
Der Klub «Dieselbluet» wurde am 10. Juni 2019 nach einem Oldtimer-Treffen bei Kuoni Landtechnik AG in Oberhof von einem halben Dutzend Gleichgesinnter aus der Taufe gehoben. «Dass wir Diesel im Blut haben, ist nicht ausgeschlossen. Denn wir haben es beruflich jeden Tag mit solchen Fahrzeugen zu tun», sagt Thomas Pulfer und ergänzt, man arbeite auch mit Benzinern. Eines ist gewiss: Die Leute sind mit Herzblut bei der Sache und haben sich symbolisch das Pflegen eines alten Kulturguts auf die Fahnen geschrieben.
Der Fuhrpark, den die «Dieselbluetler» betreuen, zählt derzeit rund 150 Traktoren der Marken Bührer, Hürlimann, Bucher, Deutz, Ford, Massey Ferguson, Fiat, IHC und weiterer Hersteller. Alle Gefährte gehören den jeweiligen Mitgliedern. Allein Martin Bösiger ist Besitzer von 27 Traktoren, die in zugemieteten Hallen untergebracht sind. Der Klub selbst hat keine eigenen Fahrzeuge. Sämtliche Mitglieder haben im weitesten Sinn hauptberuflich mit Landmaschinen zu tun.
Nur ein kleiner Teil der Vehikel, ein bis fünf Gefährte pro Eigentümer, ist bei der Motorfahrzeugkontrolle eingelöst und somit im Verkehr auf öffentlichen Strassen zugelassen. Die Gesamtzahl der Objekte schwankt stark. Denn die Mitglieder restaurieren Fahrzeuge, um diese danach zu verkaufen. Mit dem Verkaufserlös werden dann wieder andere Traktoren erstanden. Gewisse Objekte mit Seltenheitswert behalten die Eigentümer jedoch für sich. Der Wert des Fahrzeugparks der Traktoren und der wenigen Einachser geht in die Hunderttausende von Franken.
In Amerika fündig geworden
Beim Beschaffen von revisionsbedürftigen Occasionen setzen die Männer auf ihre Erfahrungen und auf die Seriosität der Anbieter. So ist Chrigel Mohler im Internet auf ein Angebot aus den USA gestossen, bestehend aus einem Bild, einer kurzen Beschreibung und dem Preis. Überzeugt vom Angebot, kaufte er das Fahrzeug, ohne dieses in natura je gesehen zu haben. Manches Geschäft kommt durch Beziehungen mit Personen von anderen Organisationen, über Zeitungsinserate und, Tendenz steigend, im Internet zustande. Besonders wichtig ist das Beschaffen von Ersatzteilen. «Von Marken wie Bührer, Ford oder Massey Ferguson gibt es genügend Original-Ersatzteile. Bei anderen Marken ist es eher schwierig, solche zu bekommen», so Thomas Pulfer. Anders sehe es bei kleineren Marken aus, dort sind meist keine Original-Ersatzteile mehr vorrätig. Rebuilt-Teile, die angepriesen werden, entsprächen bezüglich der Qualität oft nicht den Erwartungen.
Ebenso wichtig wie das Handwerkliche mit dem Restaurieren und der Handel mit den Fahrzeugen sind den Klubmitgliedern die gesellschaftlichen Aktivitäten. Oldtimer-Treffen, Ausstellungen, Ausfahrten und Umzüge mit Fahrzeugen, etwa an Dorffesten, nehmen breiten Raum ein. An einer Hochzeit beispielsweise gratulierte der Klub dem Brautpaar auf originelle Art mit Dutzenden herzförmig parkierten Traktoren. Die Klubmitglieder wollen zeigen, wie sich verlotterte Objekte, die oft jahrelang irgendwo dahinrosteten, mit einem grossen Aufwand an Arbeit und beruflichem Know-how in wahre Bijous verwandeln lassen.