Wie eine Fastenwähe entsteht
04.03.2022 Augenschein, Fasnacht, Lausen, Bezirk Liestal, Gesellschaft, BaselbietRaja Breig
Sobald sich die Fasnacht nähert, ist sie in den Regalen sämtlicher Bäckereien und Grossverteiler anzutreffen: die Fastenwähe. Die «Volksstimme» hat in vier Oberbaselbieter Bäckereien eine «Faschtewäie» degustiert und daraus die Beste auserkoren: ...
Raja Breig
Sobald sich die Fasnacht nähert, ist sie in den Regalen sämtlicher Bäckereien und Grossverteiler anzutreffen: die Fastenwähe. Die «Volksstimme» hat in vier Oberbaselbieter Bäckereien eine «Faschtewäie» degustiert und daraus die Beste auserkoren: Diejenige der Bangerter Bäckerei-Konditorei AG in Lausen setzte sich knapp gegen die Fastenwähen aus dem Gelterkinder «Bürgi Beck», der Bäckerei Brot & So in Läufelfingen sowie dem Sissacher «Gunzenhauser» durch – die Wertung ist natürlich reine Geschmackssache. Anschliessend begleitete die «Volksstimme» das «Bangerter»-Team bei der Produktion der begehrten Fastenwähen. Die Bäckerinnen und Bäcker legten ordentlich Hand an – täglich produzieren sie in einer Mischung aus Maschinen- und Handarbeit innert 40 bis 50 Minuten rund 700 «Faschtewäie».
Neben dem Lausner «Bangerter» führt die Bäckerei-Konditorei auch Filialen in Itingen, Hölstein, Binningen und Birsfelden sowie drei «Bangimobile» in Bubendorf, Allschwil und Böckten. Produziert werden die Backwaren allesamt an der Lausner Kanalstrasse. Auf drei Etagen stellen die Bäckerinnen, Konditorinnen und Confiseure in zwei Schichten von abends um 23 Uhr bis nachmittags um 17 Uhr Brote, Torten, Wähen und unzählige weitere Gebäcke her. Zur Fasnachtszeit ist das Sortiment noch grösser: Neben den traditionellen Fastenwähen, die bereits im Jahr 1554 in Basel erstmals schriftlich erwähnt wurden, gibt es in der «fünften Jahreszeit» jeweils Spitzbuben in Konfetti-Form, Schokoküsse mit Fasnachtsgesicht sowie die traditionellen Käseund Zwiebelwähen zu kaufen.
Durch den Teig Zeitung lesen
Als die «Volksstimme» vormittags an der Kanalstrasse ankommt, ist das Produktionsteam bereits seit Stunden fleissig bei der Arbeit: Im ersten Stock schneidet eine Konditorin Teig in Streifen und legt diese sorgfältig auf eine Linzertorte; im zweiten Stock schieben zwei Bäcker ein paar Brote in den Holzofen und im dritten werden – wie der Geruch verrät – gerade «Kirschstängeli» hergestellt.
Mit der Produktion der Fastenwähen beginnt das Team des «Bangibecks» an sieben Tagen die Woche um 10 Uhr morgens. Als Erstes mischt Tagschichtleiter Frank Blömer in einer grossen Mischmaschine Mehl, Hefe, Butter, Salz und Milch zusammen. Die Milch stamme von einem lokalen Bauernbetrieb, sagt Blömer. Anschliessend fügt er dem Gemisch den sogenannten Hebel bei, einen Teil des Teigs, der am Vortag hergestellt wurde und nun 24 Stunden gereift ist. «Der Teig braucht die Stehzeit, um sich zu entwickeln», erläutert Blömer. Zwar würden sie grundsätzlich versuchen, alles so frisch wie möglich zu produzieren, die Stehzeit verleihe den Fastenwähen jedoch ein ganz besonderes Aroma: «Je mehr Stehzeit, desto besser die Produkte.»
Nach ungefähr 15 Minuten ist der Mischprozess zu Ende. Blömer nimmt ein Stück des Teigs und zieht es auseinander. «Der Teig soll sich so dünn ziehen lassen, dass man dadurch Zeitung lesen könnte», sagt er. Sei dies noch nicht der Fall, so müsse der Mischprozess verlängert werden. Falls sich der Teig danach immer noch nicht bessere, habe man vermutlich eine Zutat vergessen: «An hektischen Tagen kann das schon einmal passieren.»
Keine Salzstangen
Nach einer weiteren kurzen Stehzeit, die der Atmung des Teigs dient, wird dieser in Stücke von 1900 Gramm geschnitten und anschliessend mit einer Rundwirkmaschine zu 30 kleinen Teigkugeln geformt. Anschliessend holt sich Blömer Verstärkung: Fünf Bäckerinnen und Bäcker drücken an einem grossen Tisch die unzähligen Kugeln zu länglichen Teigstücken zusammen und legen sie auf Dutzende Bleche ab, die danach für zehn Minuten in den Tiefkühler wandern. «Dadurch wird der Teig fester», sagt Blömer. Um verformt werden zu können, dürfe er nicht zu weich sein.
Nach dem Abstecher in den Tiefkühler stanzen die Bäckerinnen und Bäcker mit einem sogenannten Fastenwähen-Eisen vier Längsschnitte in die Teigstücke und ziehen diese dann in die gewünschte Form. «Dabei ist es wichtig, dass wir schön mittig schneiden», sagt Blömer. Andernfalls seien die Arme zu dünn und würden entweder kaputtgehen oder beim Backen zu knusprig werden: «Wir wollen keine Salzstangen herstellen.»
Fastenwähen auch ohne Fasnacht
Im Anschluss werden die Fastenwähen von Hand mit Eigelb bestrichen und zu einem grossen Teil mit Kümmel bestreut. «Täglich produzieren wir rund 700 Fastenwähen, um die 600 verkaufen wir in der Regel», so Nadine Grob, stellvertretende Produktionsleiterin. Dies tue man, um für kurzfristige Nachbestellungen gewappnet zu sein: «Manchmal haben wir grosse Bestellungen von Fasnachtsgesellschaften oder ‹Guggen› und produzieren entsprechend mehr.» In den Jahren der Pandemie habe der «Bangibeck» die Fastenwähen trotz Fasnachtsabsage hergestellt. Aufgrund der fehlenden Grossbestellungen seien allerdings weniger davon verkauft worden.
Ungefähr 320 Fastenwähen – knapp die Hälfte – werden bereits heute mit Kümmel bedeckt, die restlichen 15 bis 16 Bleche bleiben vorerst «nature». Am Schluss bringt Blömer die fertigen Teiglinge in den Tiefkühler, wo sie die Nacht verbringen und am nächsten Morgen kurz vor dem Backen mit Käse oder Salz ergänzt werden. Ein kleiner Teil der Fastenwähen bleibt ausserdem «nature».
Zutaten Fastenwähe
rab. Für die Herstellung von Fastenwähen-Teig benötigen Sie Mehl, Hefe, Butter, Salz und Milch. Nach dem Mischen und Kneten des Teigs und dem Ausstanzen der vier typischen Längsschnitte werden die Teiglinge mit Eigelb bestrichen und je nach Geschmack mit Kümmel, Salz oder Käse bestreut.