Beobachten, schnell reagieren
25.02.2022 Baselbiet, Gesundheit
Sebastian Schanzer
Nachdem am 1. Dezember die damals noch weitgehend unbekannte Corona-Variante Omikron das erste Mal im Baselbiet nachgewiesen wurde, nahm der Kantonale Krisenstab die Bewältigung der Pandemie in seine Hände. Nun, da sich gezeigt hat, dass ...
Sebastian Schanzer
Nachdem am 1. Dezember die damals noch weitgehend unbekannte Corona-Variante Omikron das erste Mal im Baselbiet nachgewiesen wurde, nahm der Kantonale Krisenstab die Bewältigung der Pandemie in seine Hände. Nun, da sich gezeigt hat, dass Omikron weit weniger gefährlich ist als befürchtet, geht die Ereignisbewältigung der Pandemie wieder in die ordentlichen Verwaltungsstrukturen über. Ab kommender Woche wird sich eine temporäre Abteilung im Amt für Gesundheit um die Impf- und Test-Infrastruktur sowie die Kontakt-Rückverfolgung und das «Ereignismanagement» kümmern und die epidemiologische Lage weiter beobachten, wie der Krisenstab gestern mitteilte. Die «Volksstimme» hat mit dem Leiter des Amts für Gesundheit, Jürg Sommer, gesprochen und klärt die wichtigsten Fragen in Bezug auf die kantonale Corona-Strategie der kommenden Monate.
Wo soll ich mich künftig testen lassen?
Der Kanton wird die Teststation in Muttenz per 30. April schliessen. Genügend dezentrale Testmöglichkeiten soll es gleichwohl auch in Zukunft geben, um mögliche Anstürme – etwa durch Reisewillige vor den Sommerferien – aufzufangen. Neben Arztpraxen und Apotheken kommen dabei auch private Anbieter infrage. Mit Letzteren befindet sich der Kanton derzeit im Gespräch. Auch das kantonale Programm Breites Testen wird in den kommenden Monaten reduziert. An den Schulen bleibt das Angebot bis mindestens 31. März bestehen, die Teilnahme ist freiwillig. Auch in Gesundheitsinstitutionen und Sektoren der kritischen Infrastrukturen soll das «Breite Testen» – möglicherweise langfristig – aufrechterhalten werden, solange die Finanzierung durch den Bund gesichert ist. Einfluss auf die kantonale Teststrategie hat also auch der Bundesrat, der Ende März möglicherweise die Aufhebung von weiteren Massnahmen beschliesst.
Wird auch das Impfangebot zurückgebaut?
Ja. In den vergangenen Wochen ist die Nachfrage nach Impfungen deutlich zurückgegangen. Das Impfzentrum Laufen wird deshalb geschlossen. Die letzten Dosen werden heute verabreicht. Auch das Impfzentrum in Muttenz wird in den kommenden Monaten nur reduziert betrieben und spätestens per Ende Juni geschlossen. Geimpft werden soll danach vorwiegend in Arztpraxen und Apotheken. Die mobilen Einheiten, die derzeit beispielsweise Impfungen in den Dörfern anbieten oder die Alters- und Pflegeheime bedienen, will der Kanton für allfällige Einsätze behalten. Vorbereitungen laufen derweil für ein neues Impfzentrum, das möglicherweise für Auffrischimpfungen im Herbst nötig wird. Der Standort Feldreben in Muttenz kommt dafür nicht mehr infrage, weil das Areal per September zur Sanierung und später zu anderweitiger Nutzung an die Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) zurückgeht. Welche Nutzung das sein wird, ist noch nicht bekannt.
Wie wird die epidemiologische Lage weiterhin beobachtet?
Für die Einschätzung zur epidemiologischen Lage hat der Kanton seit Längerem eine Expertin engagiert. Sie orientiert sich in erster Linie am Lagebild des koordinierten Sanitätsdienstes vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Über den Kantonsarzt Samuel Erny besteht zudem enger Kontakt zum Bundesamt für Gesundheit. Hauptindikator für die Einschätzung der Gefahrenlage sind weiterhin weniger die Fallzahlen, als vielmehr die Belegung der Intensivpflegestationen. Dort zeigt sich die Krankheitslast, die von einer allfälligen neuen Mutation ausgeht, am deutlichsten. Doch auch die Fallzahlen stehen weiterhin unter Beobachtung. Derzeit wird ein Pilotversuch ausgewertet, in dem das Abwasser auf Coronaviren untersucht wurde und an dem auch das Baselbiet teilgenommen hat. Im Moment deutet vieles darauf hin, dass man die Daten aus der Abwasserkontrolle als Indikator für zunehmende Fälle gebrauchen kann.
Wie schnell kann die Infrastruktur, die jetzt reduziert wird, wieder hochgefahren werden – etwa, wenn eine gefährliche Virusvariante entdeckt wird?
Bisher hat sich gezeigt, dass ab Entdeckung einer neuen, möglicherweise gefährlichen Variante rund 10 bis 14 Tage Zeit bleiben, um noch rechtzeitig zu reagieren. In dieser Zeit ist es im Baselbiet möglich, die Systeme wieder hochzufahren – also die Testaktivitäten zu vermehren, das Impfangebot auszuweiten und allenfalls das Contact-Tracing zu verstärken. Mit solch einer Situation rechnet das Amt für Gesundheit aber, wenn überhaupt, erst im Herbst. Bis dann sollte allerdings ein neuer Standort für ein kantonales Impfzentrum gefunden werden. Derzeit befindet sich der Kanton auf der Suche.
Und wie sieht es mit dem nötigen Personal aus?
Viele befristete Verträge von Personal, das zur Bewältigung der Pandemie angestellt wurde – im medizinischen wie administrativen Bereich –, laufen nächstens aus. Die betroffenen Personen wurden gestern informiert, wie es konkret weitergeht, um sich gegebenenfalls einen neuen Arbeitgeber zu suchen. Je nach epidemiologischer Lage ist es aber möglich, dass wieder zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. Deshalb versucht der Kanton derzeit, Personal auf flexibler Basis zu binden, um sie bei Bedarf rasch einsetzen zu können. Infrage kommen dafür zum Beispiel pensionierte Personen, die nicht mehr auf ein regelmässiges Einkommen angewiesen sind.