Rettet das Kantonsgericht das Spital Laufen?
11.01.2022 Baselbiet, Gesundheit, Politik, Bezirk LiestalThomas Immoos
Im Laufentalvertrag (LV), der Grundlage für den Kantonswechsel des Laufentals zum Baselbiet, wurde im Artikel 45, Absatz 2, festgehalten, dass der Bestand des Spitals Laufen «dauernd gewährleistet» bleibt – umfassend die fünf Abteilungen Chirurgie, ...
Thomas Immoos
Im Laufentalvertrag (LV), der Grundlage für den Kantonswechsel des Laufentals zum Baselbiet, wurde im Artikel 45, Absatz 2, festgehalten, dass der Bestand des Spitals Laufen «dauernd gewährleistet» bleibt – umfassend die fünf Abteilungen Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie, Geburtshilfe und Notfallstation.
Nach und nach wurden im Spital Laufen aber Abteilungen geschlossen, so etwa die Geburtsabteilung im Jahr 2013. Denn viele Frauen liessen ihre Kinder nicht mehr in Laufen zur Welt kommen, sondern in Basel. Zuletzt waren es noch 86 Geburten – rund 30 Prozent aller schwangeren Laufentalerinnen.
Mit der Einführung der freien Spitalwahl mit dem neuen KVG 2012 wanderten auch andere Patienten in grössere Spitäler (Bruderholz, Liestal, Kantonsspital Basel) ab, oft auf Empfehlung ihrer Hausärzte. Als Pläne bekannt wurden, das Spital Laufen ganz zu schliessen, regte sich Widerstand im Laufental. Die IG Pro Spital Laufen sammelte innert weniger Wochen über 1900 Unterschriften für eine Petition zum Erhalt des Spitals. Trotzdem stimmte der Landrat am 19. November 2021 dem Dekret einstimmig zu – also auch mit den Stimmen der Landräte aus dem Laufental. Dieses sieht nur noch die beiden Spitalstandorte Liestal und Bruderholz vor. Gleichzeitig hält das Dekret fest, dass das Spital Laufen per Ende 2021 geschlossen werden soll.
Gutachten stellt Rechtslücke fest
Die Stadt Laufen gab ein Rechtsgutachten bei Professor Paul Richli in Auftrag, dem früheren Präsidenten der Rechtspflegekommission, die nach dem Kantonswechsel strittige Fragen zu klären hatte. Richli hält in seinem 24-seitigen Gutachten unter anderem fest, dass im LV ein Passus fehlt, der eine Regelung vorsieht wie für den Fall des Spital-Paragrafen im LV. Seiner Meinung nach brauche es «zwingend eine Lösung für den Konfliktfall hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des § 45 Absatz 2 LV».
Gestützt auf dieses Gutachten haben vier Stimmberechtigte aus dem Laufental Beschwerde gegen das Dekret erhoben. Sie verlangen, wie Stadtrat Simon Felix, Präsident der IG Pro Spital Laufen, festhält, dessen Aufhebung.Wie er betont, habe Richli auch festgehalten, dass der Landrat gar nicht legitimiert sei, den Laufentalvertrag zu ändern.
Natürlich wird sich das Gericht auch mit dem Begriff «dauernd» zu befassen haben. Unter Staats- und Vertragsrechtlern geht man davon aus, dass dauernd nicht ewig bedeutet, sondern nur «so lange, bis eine wesentliche Änderung eintritt». Analogien finden sich im Eherecht: Bei Eheschluss geht das Ehepaar davon aus, dass die Ehe «dauert, bis der Tod uns scheidet». Inzwischen werden «wesentliche Gründe» geltend gemacht, um eine Ehe scheiden zu können.
Für gute Gesundheitsversorgung
Simon Felix hält auch fest, dass die aktuelle Pandemie «uns die Schwächen unseres Gesundheitssystems, das ständig zu kollabieren droht, deutlich vor Augen führt». Das Spital Laufen sei vor der Pandemie zu über 90 Prozent ausgelastet gewesen. Das Resultat der Pflegeinitiative zeige zudem, wie wichtig der Bevölkerung die Gesundheitsversorgung ist.
Der Laufner Stadtrat räumt zudem ein, dass sich die Gesundheitsversorgung in den vergangenen 28 Jahren verändert hat und dass im Spital Laufen nicht mehr alle fünf im Laufentalvertrag garantierten Disziplinen angeboten werden können. Die IG verlange, dass der mit dem Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber vereinbarte Status quo umgesetzt werde: eine Notfallstation und die Innere Medizin, ergänzt durch eine Schmerzklinik. «Um das gut ausgebaute Gebäude effizient zu nutzen, können wir uns auch sehr gut eine Reha vorstellen. Wir sind überzeugt, dass das Spital mit dem entsprechenden Angebot auch finanziell lukrativer geführt werden kann», betont Felix.
Knifflige Rechtsfragen
Es sind in der Tat knifflige Fragen, die das Kantonsgericht morgen Mittwoch zu klären haben wird. Und es ist anzunehmen, dass Liestal nicht die letzte Instanz sein wird. Denn die IG Pro Spital Laufen hat bereits angekündigt, dass man die Sache vor Bundesgericht weiterziehen werde, falls das Kantonsgericht ihre Beschwerde zurückweist.
Inzwischen schreitet in Laufen die Planung für das neue Gesundheitszentrum voran. Dieses soll im Birscenter gegenüber dem Bahnhof eingerichtet werden.
Breiter Rückhalt in der Bevölkerung
tim. Im Laufental ist man stolz auf das Spital, das auf eine fast 150-jährige Geschichte zurückblicken kann. Der Laufner Arzt und Politiker Joseph Conrad Feninger hat in seinem Testament verfügt, dass nach seinem Tod aus seinem Wohnhaus in der Vorstadt von Laufen ein Spital entstehen solle. Nachdem Feninger 1869 gestorben war, nahm bereits 1872 das Spital seinen Betrieb auf; heute befindet sich darin die Stadtverwaltung.
Das Spital erfreute sich regen Zuspruchs, sodass schon bald Wünsche nach einem Neubau wach wurden. Bis diese dann in die Tat umgesetzt wurden, dauerte es allerdings noch etliche Jahre. Im Jahr 1953 wurde der Neubau, der 4,2 Millionen Franken gekostet hatte, im Gebiet Maiersacker an der Lochbruggstrasse eröffnet. Das Land wurde von der Stadtburgergemeinde zur Verfügung gestellt. Die Finanzierung sicherte eine Stiftung.
Dank Beteiligung der Laufentaler Gemeinden und des starken Rückhalts in der Bevölkerung wurde das Feningerspital immer wieder umgebaut, erweitert und den neusten Anforderungen angepasst. Bis Ende der 1970er-Jahre pflegten Ingenbohler Schwestern die Patientinnen und Patienten. Mit dem Kantonswechsel des Laufentals im Jahr 1994 wurde das Feningerspital zum Kantonsspital und zu einem der drei Spitalstandorte des Kantons Baselland.