Auf den Spuren entlaufener Tiere
21.01.2022 Baselbiet, Gesellschaft, Bezirk Sissach, SissachAndré Frauchiger
Der sehr schlanke, sportliche Markus Hügli ist mit einem 50-Prozent-Pensum Geschäftsführer der Sport Sissach AG, zuständig unter anderem für die Kunsteisbahn und das Schwimmbad. Weiter ist er Therapeut für Kinesiologie und Massage und betreibt ...
André Frauchiger
Der sehr schlanke, sportliche Markus Hügli ist mit einem 50-Prozent-Pensum Geschäftsführer der Sport Sissach AG, zuständig unter anderem für die Kunsteisbahn und das Schwimmbad. Weiter ist er Therapeut für Kinesiologie und Massage und betreibt zusammen mit seiner Frau Sonja Hügli im Zentrum von Sissach ein Therapiezentrum. Sonja Hügli ist Tierkinesiologin und zertifizierte Tierernährungsberaterin.
Was die beiden verbindet: Eine grosse Zuneigung zu Vierbeinern. Also besuchten Markus und Sonja Hügli die Trainerausbildung von «K-9», ursprünglich eine rein deutsche Organisation, die Suchhundeführer und Suchhunde ausbildet. Seit 2016 führen sie in der Region das Suchhundezentrum Nordwest-Schweiz. 2017 wurde mit zwei weiteren Stützpunkten in der Schweiz ein Verein gegründet. Hunde und ihre Besitzerinnen und Besitzer werden während zweieinhalb bis drei Jahren für die Suche von Vermissten – Mensch und Tier – trainiert. Markus Hügli ist dabei als Trainer, Ausbildner und Prüfer für die Organisation tätig. Es stehen dem Schweizer Verein von «K-9» zurzeit insgesamt 29 geprüfte, einsatzfähige Suchteams zur Verfügung. Der Aufwand ist zweifellos beträchtlich.
54 aktive Mitglieder zählt der Verein K-9 Tiersuche Schweiz. Markus Hügli ist Präsident und zuständig für den Gebietsschutz in der Nordwestschweiz, das er im K-9-Suchhundezentrum Nordwest-Schweiz zusammenfasst. Er besitzt vom deutschen «Mutterhaus» eine Lizenz für diese Aufgabe. In der Nordwestschweiz werden unter der Woche, wegen der Berufstätigkeit vieler Mitglieder mehrheitlich am Abend, aber auch morgens, Trainings und Ausbildungskurse durchgeführt. Sieben freischaffende, ehrenamtlich tätige Trainer stehen für die Personen- und Hundeausbildung im Einsatz. Dabei sind nicht nur die Hunde, sondern auch deren Halter sehr gefordert. Mensch und Tier müssen fit sein. Und ohne Schulung auch der Hundehalterin oder des -halters lässt sich ein Suchhundeteam nicht aufbauen.
439 Fälle betreute der schweizerische Verein 2021. Dies bedeutete gegenüber dem Vorjahr mit 313 Fällen eine Zunahme um 40 Prozent. Gesucht wurden 275 Katzen, 157 Hunde, 2 Schildkröten, 2 Kaninchen, 1 Igel und 1 Yak-Gruppe. Es gab in der ganzen Schweiz und im grenznahen Ausland Einsätze. 372 der Einsätze fanden in der Schweiz statt, der Rest in Süddeutschland und in Österreich. Hügli dazu: «Wir sind grenzübergreifend tätig, als Unterstützung auch für die ausländischen K-9-Organisationen.»
Beratung im Vordergrund
Bei einer Vermisstmeldung wird in erster Linie eine telefonische Beratung geboten – als Hilfe zur Selbsthilfe für die Besitzerinnen und Besitzer von verschwundenen, meist entlaufenen Tieren. Dabei werden Verhaltensweisen des Tieres und der Besitzerinnen und Besitzer erörtert und welche Möglichkeiten bestehen, das verschwundene Tier zu finden und nach Hause zu bringen. Zum Beispiel mit dem gezielten Einsatz einer Heimwegschleppe, einer Geruchsspur bis zum Wohnort. Sehr wichtig ist auch eine schnelle Information der Nachbarn im Quartier oder im Dorf mit der Aufforderung, Sichtungen eines gesuchten Tiers sofort zu melden. Es erfolgt auch eine Meldung bei der Schweizerischen Tiermeldezentrale (STMZ). Eher selten wird eine Hundefalle eingesetzt. Denn diese kann einen Hund beim Zuknallen der Falle arg in Panik versetzen, was kontraproduktiv wäre. Zurückhaltung wird auch beim Einsatz von Suchhunden geübt, weil vermisste Tiere nicht durch sie verfolgende Suchhunde verscheucht werden sollen. Hügli: «Die meisten Fälle lösen sich bereits infolge der Beratung.»
Besonders heikel ist es, wenn ein Hund mit der Leine das Weite sucht. Denn es besteht die Gefahr, dass er sich irgendwo mit seiner Leine verheddert. In solchen Fällen wird dann der Einsatz von Suchhunden oft notwendig. Es kommt jedoch auch vor, dass Hunde gestohlen werden. So zum Beispiel dieser Tage in Reinach. Ein Husky wurde aus dem Garten seiner Familie gestohlen. Dazu Hügli: «Wir haben in diesem Fall, wie wir es immer machen, nacheinander und unabhängig voneinander, zwei Suchhunde eingesetzt. Beide verfolgten deckungsgleich die Spur aus dem Garten bis in rund 350 Meter Entfernung vom Haus, dann war Schluss. Die Aussage des Einsatzteams, auch gegenüber der Polizei, war, dass der gestohlene Hund dort in ein Fahrzeug verladen worden sein muss.» Der Husky ist übrigens gechipt.
Der «Fall Cody»
Ein weiteres Beispiel ist Cody, ein Herdenschutz-Mischlingshund. Er lief auf dem Spaziergang in der Nähe des Wohnhauses davon, also in gewohnter Umgebung. Das K-9-Suchhundezentrum wurde erst nach zwei Wochen um Hilfe gebeten. Es gab über Wochen Meldungen über Sichtungen des Hundes. Das «K-9»- Team begleitete die Besitzerin, bis klar wurde, dass der gesuchte Hund das Weite sucht, sobald er seine Besitzerin wahrnimmt. Das Einsatzteam hatte dann die unangenehme Aufgabe, der Besitzerin zu erklären, dass sie nicht mehr mit an die Sichtungspunkte kommen dürfe. Sie akzeptierte dies glücklicherweise.
Das «K-9»-Team legte dann Futterstellen, setzte aber keine Suchhunde ein, um Cody nicht zu erschrecken. Vielmehrt wurde eine Falle eingesetzt. Hügli: «Wir bekamen die Erlaubnis der Behörden, auf privatem Grund eine Falle mit Kamera aufzustellen. Nach acht Wochen ‹Freiheit› ging Cody schliesslich um 5 Uhr morgens in die Falle. Als wir kurze Zeit später ankamen, war er erstaunlicherweise völlig ruhig», erzählt Hügli. Er habe sich leicht eine Leine anlegen lassen, liess sich auch sofort an der Leine zum Auto führen und sprang freiwillig ins Fahrzeug. Und weiter: «Zu Hause angekommen, freute sich Cody offensichtlich, wieder bei seiner Besitzerin zu sein.» Ihre Rückmeldungen zeigten, dass sich der Hund in den acht Wochen seiner «Freiheit» völlig verändert habe – sehr zum Positiven. «Die früheren Probleme mit dem Zweithund in der Familie waren einfach nicht mehr vorhanden», erklärt Hügli.
Letztlich sei es ein ständiges Abwägen, wann die Suchhunde eingesetzt werden sollen, erklärt Hügli. «Wichtig ist: Wir brauchen für die Suche mit Hunden einen eindeutigen Geruchsartikel wie zum Beispiel eine Decke des gesuchten Hundes. Wir arbeiten aber nur mit Geruchskopien. Ein Hund ist fähig, den Geruch eines gesuchten Tieres von den Gerüchen zum Beispiel von Familienmitgliedern und Hundekameraden zu unterscheiden, wenn er alle Gerüche mit seiner Nase einmal aufgenommen und zugeordnet hat – und dies auch noch nach Wochen.»