Von Pilzvielfalt und Baumgiganten
17.12.2021 Arisdorf, Bezirk Liestal, Natur, Baselbiet
Daniel Zwygart
Naturschutz im Wald ist eine Erfolgsgeschichte – nicht nur im Baselbiet, sondern fast schweizweit. Dies zeigen beispielsweise die Bestandeserhebungen der Vogelwarte Sempach: Die Populationen der Waldvogelarten sind mehrheitlich konstant oder ...
Daniel Zwygart
Naturschutz im Wald ist eine Erfolgsgeschichte – nicht nur im Baselbiet, sondern fast schweizweit. Dies zeigen beispielsweise die Bestandeserhebungen der Vogelwarte Sempach: Die Populationen der Waldvogelarten sind mehrheitlich konstant oder zunehmend. Ganz speziell gilt dies auch für die im Wald lebenden Spechtarten.
Gründe dafür sind vielfältig. Bei uns im Baselbiet sind es der mehrheitlich naturnahe Waldbau, die Ausscheidung von Altholzinseln und die Errichtung von Waldreservaten, die vornehmlich dem Naturschutz dienen sollen.
Tiefe Erosionsgräben
Den Einstieg wählen wir von Giebenach dem Zettelbach entlang. Riesenschachtelhalme säumen den Bach. Beim Eintritt in den Wald lassen wir die Spuren der nahen Gärten in Form von vielen verwilderten Sommerflieder- und Kirschlorbeerpflanzen hinter uns und gelangen in kaum zugängliche, sumpfige Gebiete. Es gibt keine Spazierwege mehr, denn der Wanderweg führt bewusst nicht diesem Bachlauf entlang.
Schon bald wird das Tälchen enger. Besonders die Seitenverzweigungen des Zettelbachs haben sich tief in das Gelände eingefressen. Die aufliegenden Gesteine, die in den Eiszeiten hier abgelagert wurden, sind ebenso spärlich zu sehen wie die nur wenig darunterliegenden, aber bis zu 200 Millionen Jahren älteren Schichten aus dem Erdmittelalter, denn nirgends gibt es grössere sichtbare Anrisse im Gelände. Einzelne Erlen und Eschen als Ansätze von Auenwäldern begleiten den Hauptbach. In den steilen Seitengräben fehlt die Vegetation oder besteht aus Moosen und einigen Farnen.
Saure Buchenwälder
Überall hat es stehendes und vor allem liegendes Totholz, dessen Moospolster einen Hinweis darauf geben, dass das Holz schon längere Zeit liegt. Momentan führen alle Bachläufe kaum Wasser.
Im ansteigenden Westhang des Ramschbergs gilt unser Augenmerk einem auffällig strauchlosen Hallenwald aus Buchen und Eichen. Am Boden gibt es viele ausgedehnte Moospolster verschiedenster Arten, in denen die Wildschweine vor Kurzem ein heilloses Durcheinander angerichtet haben. Die Charakterpflanze dieses Waldtyps ist die Wald-Hainsimse. Sie liebt saure Böden. Bei einem umgefallenen Baum sieht man die kalkfreien, rötlichen Bodenschichten. Von der oben genannten Charakterart können wir nicht allzu viele Exemplare finden. Aber zahlreiche kleine Heidelbeerästchen ragen aus dem braunen Buchenlaub und zeigen ebenfalls die Bodensäure an. Weil dieser Waldtyp im Kanton Baselland sehr selten ist (weniger als 1 Prozent der Waldfläche) wurde er Bestandteil des unter Schutz gestellten Gebiets.
Pilze und Giganten
Schon lange ist bekannt, dass es in den Wäldern von Zettel und Ramschberg viele verschiedene Pilze gibt. Der Lehrer und Pilzkontrolleur Jacques Graf aus Füllinsdorf hat 2015 festgestellt, dass es am Ramschberg mehr als 100 verschiedene Pilzarten gibt – längst nicht alle sind essbar. Dieser mykologische Hotspot soll mit der Unterschutzstellung vor intensiver Nutzung geschützt werden.
In den besuchten Wäldern gibt es viele grosse Bäume, vor allem Eichen, aber auch Buchen und Weisstannen, darunter einige richtige Giganten. Die mächtigen Bäume bieten für viele Insekten, Pilze und Vögel Lebensraum. Eicheln und Buchnüsschen mästen die Wildschweine. Entsprechend sind die Wälder von deren Spuren dicht durchzogen. Im oft vorhandenen Totholz nisten Käfer und Spechte. Schwarzspecht, Grünspecht und einige Mittelspechte hören wir immer wieder anlässlich unseres Besuchs.
Was lange dauert …
Bis ein solches Gebiet unter kantonalen Schutz gestellt wird, braucht es viele Begründungen. Im Jahr 1994 wurde das Waldinventar der Baselbieter Wälder publiziert. Aufgrund dessen weiss man, dass der saure Buchenwaldtyp von Arisdorf kantonal so selten ist. Die Ergebnisse des ornithologischen Inventars beider Basel (1996) zeigten, dass die Wälder im «Ramschberg-Zettel» sehr wertvolle Vogellebensräume sind. Zur gleichen Zeit wurde die spezielle Geologie des Standorts in einem kantonalen Inventar festgehalten. Basierend auf solchen Erhebungen entstand kantonal ein Plan mit möglichen Waldreservaten (2003).
Der Schutz gewisser Wälder um Arisdorf wurde in der Folge sowohl in den kommunalen Landschaftsplänen als auch im Waldentwicklungsplan (2016) festgehalten. Die Aufnahme ins Inventar der geschützten Naturobjekte ermöglicht nun neben dem Schutzaspekt auch eine finanzielle Abgeltung für den Minderertrag und die speziellen Pflegemassnahmen an die Waldbesitzer – in diesem Fall die Bürgergemeinden von Arisdorf und Füllinsdorf. Für die nun geschützten Flächen gibt es Pflegepläne, denn nur in Teilbereichen wird jegliche Waldpflege unterlassen.