Seltener Winzling entdeckt
10.12.2021 Baselbiet, Ramlinsburg, Bezirk Liestal, Natur
Elmar Gächter
«Wir haben Spuren der Wasserspitzmaus gefunden!» Auf diese Nachricht der Fachleute hat Markus Plattner mit Spannung gewartet. Denn mindestens 40 Jahre sind es her, seit diese ungewöhnliche Bachanwohnerin letztmals im Baselbiet nachgewiesen ...
Elmar Gächter
«Wir haben Spuren der Wasserspitzmaus gefunden!» Auf diese Nachricht der Fachleute hat Markus Plattner mit Spannung gewartet. Denn mindestens 40 Jahre sind es her, seit diese ungewöhnliche Bachanwohnerin letztmals im Baselbiet nachgewiesen worden ist. Sehen liess sie sich zwar auch während des sechswöchigen Feldversuchs nicht, aber immerhin hinterliess sie sowohl in Ramlinsburg als auch in Anwil klare DNA-Spuren.
Der Leiter der Abteilung Natur und Landschaft vom Ebenrain in Sissach ist begeistert, denn der Winzling, der den Kopfsprung beherrscht und über Füsse als auch Schwimmflossen verfügt, ist ihm ans Herz gewachsen. «Bei einer Begehung habe ich hier im Gebiet ‹Looch› in Ramlinsburg eine tote Spitzmaus gefunden. Ob es sich um die seltene Wasserspitzmaus handelte, wurde bezweifelt. Dies hat mich bewogen, das Gebiet näher zu untersuchen», so Markus Plattner.
Zusammen mit einem befreundeten Paar haben Plattner und seine Frau auf ehrenamtlicher Basis am Loochbächli und am Orisbach sowie durch den Naturschutzdienst Baselland bei den Talweihern in Anwil den Feldversuch zum Nachweis der Wasserspitzmaus durchgeführt. Während sechs Wochen wurden an verschiedenen Gewässerabschnitten an der Hochstaudenflur, gut versteckt, Röhrchen mit getrockneten Wasserkrebsen als Köder platziert. Die dabei gefundenen Kotspuren wurden im Auftrag des Ebenrains von Fachleuten nach DNA-Spuren der gesuchten Art untersucht.
Spuren der Schabrackenspitzmaus
Und tatsächlich liess sich die Anwesenheit der Wasserspitzmaus sowohl im Naturschutzgebiet «Looch» als auch im Gebiet der Anwiler Weiher wissenschaftlich belegen. Im Orisbach hingegen blieb die Suche erfolglos. «So quasi als Supplement konnten wir darüber hinaus Spuren der mindestens so seltenen Schabrackenspitzmaus finden, in Anwil sogar noch jene der Zwergspitzmaus», zeigt sich Markus Plattner erfreut über den weiteren Beweis für den grossen Wert der beiden Naturschutzgebiete.
Das Loochbächli führt in der Regel das ganze Jahr Wasser, daneben kann die Wasserspitzmaus auch auf die verschiedenen Weiher ausweichen. Neben ihr fühlen sich hier auch Zauneidechsen und Ringelnattern wohl, die versteckt in den verschiedenen Ast- und Grashaufen leben und ihre Beutezüge unternehmen können.
Plattner bezeichnet die Wasserspitzmaus als eigentliche Schirmart, die zeige, dass sich hier auch andere Lebewesen entfalten können. Naturnahe Gewässer sind auch unerlässlich für Libellen oder den Dohlenkrebs. Um solche Arten zu erhalten und zu fördern, sei es entscheidend, dass auf unnötige, harte Verbauungen von Bachufern verzichtet wird und entlang der Gewässer ein Saum mit Hochstauden stehen gelassen wird.
«Wenn wir mit unserem Projekt aufzeigen können, wie wichtig natürliche Lebensräume für die Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt sind, dann haben wir eines unserer Ziele erreicht», hält Plattner fest.
Die Wasserspitzmaus
emg. Die Wasserspitzmaus hat sich auf besondere Jagdgründe spezialisiert: Am Grund von Bächen und Teichen taucht der Winzling nach Kleinkrebsen, Insektenlarven und anderen Wasserlebewesen. An Land ergänzen Regenwürmer, Schnecken und Insekten die Kost. Ihre Beute lähmt sie mit einem für Menschen harmlosen Nervengift, das in ihrem Speichel enthalten ist. Das kleine Tier ist überaus gefrässig: Es verspeist täglich sein Eigengewicht an Nahrung.
Die Wasserspitzmaus ist die grösste von elf Spitzmausarten in der Schweiz. Sie misst ohne Schwanz 6 bis 10 Zentimeter und wiegt 10 bis 20 Gramm. Ihr Pelz ist zweifarbig mit hellem Bauch und schiefergrauem bis schwarzem Rücken. Zur Orientierung verlässt sie sich vor allem auf ihren guten Riecher und die Tasthaare an ihrem beweglichen Rüssel.
Mit den «echten» Mäusen ist die Wasserspitzmaus trotz ihres Namens nicht näher verwandt – jedenfalls nicht mehr als etwa ein Hirsch mit einem Fuchs. Denn während die eigentlichen Mäuse zur zoologischen Ordnung der Nagetiere gehören und sich vorwiegend pflanzlich ernähren, zählen die Spitzmäuse zur Ordnung der Insektenfresser. Ihre nächsten Verwandten sind Maulwürfe und Igel.
Pro Natura kürte die Wasserspitzmaus 2016 zum Tier des Jahres. Aus der entsprechenden Laudatio stammen auch die obigen Erklärungen.