Alle Klassen in Quarantäne
07.12.2021 Baselbiet, Oltingen, Wenslingen, Gesundheit, Bildung, Bezirk Sissach
David Thommen
Am Primarschulstandort Wenslingen ist für alle fünf Klassen – inklusive Kindergarten – eine kantonsärztliche Klassenquarantäne angeordnet worden, wie Schulleiterin Janine Sasse am Wochenende bestätigte. Dies aufgrund mehrerer positiver ...
David Thommen
Am Primarschulstandort Wenslingen ist für alle fünf Klassen – inklusive Kindergarten – eine kantonsärztliche Klassenquarantäne angeordnet worden, wie Schulleiterin Janine Sasse am Wochenende bestätigte. Dies aufgrund mehrerer positiver Fälle in den einzelnen Klassen. Gemäss Angaben der kantonalen Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion wird ab drei positiven Fällen pro Schulklasse Fernunterricht verfügt, wenn es zusätzlich den Hinweis darauf gibt, dass innerhalb der Klassen eine Übertragung stattfindet.
In einem Brief an die Eltern der betroffenen Schülerinnen und Schüler der Kreisschule Wenslingen-Oltingen ist von einer intensiven «Durchmischung von positiv getesteten Kindern mit ihren jeweiligen Geschwistern» die Rede. Um die Ansteckungskette zu unterbrechen, wird der Vor-Ort-Unterricht am Standort Wenslingen bis und mit dem kommenden Freitag, 11. Dezember, eingestellt. Es findet Fernunterricht statt. Der reguläre Schulbetrieb solle am Montag, 13. Dezember, wieder aufgenommen werden. Weiter heisst es im Elternbrief, dass sich die Schülerinnen und Schüler während des Fernunterrichts nicht ausserhalb der Schule treffen sollen.
Zuerst sind in Wenslingen positive Fälle in der 6. Klasse aufgetreten. Diese Kinder befindet sich bereits seit dem 27. November in Quarantäne. Für sie ist ein «Freitesten», um sich vorzeitig aus der Quarantäne befreien zu können, bereits jetzt möglich. Am fortdauernden Fernunterricht ändert dies allerdings nichts. Das Freitesten für alle anderen Kinder ist ab heute Dienstag oder ab morgen Mittwoch möglich. Es müssen mindestens sieben Tage seit dem letzten Kontakt im Klassenverband vergangen sein.
Hohe 7-Tage-Inzidenzen
Bei der gesamten Wenslinger Bevölkerung sind bis gestern innerhalb der letzten sieben Tage 21 positive Fälle registriert worden (Vorwoche 10), in Oltingen waren es 27 (Vorwoche 5), was sich angesichts der geringen Einwohnerzahl stark auf die 7-Tage-Inzidenz auswirkt. Diese wird für Wenslingen mit 2996 angegeben, in Oltingen liegt die Zahl bei 5422, was im Baselbiet derzeit mit grossem Abstand der höchste Wert ist.
Laut Schulleiterin Sasse funktioniert der Fernunterricht an der Kreisschule Wenslingen-Oltingen «in allen Klassen einwandfrei». Die Lehrpersonen wie auch die Schülerinnen und Schüler seien gut darauf vorbereitet gewesen. Die Schülerinnen und Schüler ab der 3. Klasse hätten iPads als Arbeitsinstrument zur Verfügung und sie stünden in regem Austausch mit den jeweiligen Klassen- und Fachlehrpersonen «und treffen sich in regelmässigen Videokonferenzen». Der Kindergarten und die Unterstufe arbeiteten «mehrheitlich mit analogen Quarantänepaketen», welche ebenfalls von den Klassenlehrpersonen in Zusammenarbeit mit den Fachlehrpersonen bereitgestellt worden seien.
Schulleiterin Janine Sasse spricht im Brief an die Eltern von einer «ausserordentlichen Zeit». Tatsächlich trifft es die Schulen seit einiger Zeit besonders stark. Im ganzen Baselbiet waren laut der Statistik des Kantons per 3. Dezember 1324 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne, davon alleine 1038 an Primarschulen. Die Zahl der positiven Fälle wurde an Primarschulen mit 530 angegeben, was im Vergleich zur Vorwoche einem Plus von 27 Prozent entspricht.
Viele Lehrpersonen angesteckt
Was grosse Sorgen bereitet, sind die hohen Ansteckungszahlen unter den Lehrerinnen und Lehrern. Gemäss Mitteilung des Kantons vom Ende der vergangenen Woche hatten sich innerhalb von sieben Tagen gleich 48 Lehrpersonen mit dem Virus angesteckt – darunter auch Landrätin und SP-Kantonalpräsidentin Miriam Locher (Münchenstein). In einem telefonisch geführten Interview mit dem «Regionaljournal» von SRF gab sie kürzlich hörbar gesundheitlich angeschlagen an, sich trotz doppelter Impfung, konsequenten Abstandhaltens, der stets getragenen FFP2-Maske und trotz andauernden intensiven Lüftens in ihrer Kindergartenklasse angesteckt zu haben. Dem Vernehmen nach sollen dort gleich 14 von 22 Kindern positiv auf Covid-19 getestet worden sein.
Der kantonale Lehrerinnen- und Lehrerverein (LVB) ist alarmiert: «Die Gefahr der Ansteckung ist für Lehrpersonen besonders gross», sagt LVB-Vizepräsident Philipp Loretz gegenüber der «Volksstimme». Die Forderung nach einer generellen Umstellung auf Fernunterricht erhebe man nicht, da der Kollateralschaden zu gross wäre, sagt er. Indessen verlange man, dass die Lehrerinnen und Lehrer bei der Booster-Impfung prioritär behandelt würden.
Überdies wäre es laut Loretz an der Zeit, die gesetzlichen Grundlagen für eine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler zu schaffen. Zwar beteiligten sich an den freiwilligen wöchentlichen Tests («Breites Testen») immerhin hohe 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Kanton, doch das reiche ganz offensichtlich nicht aus, um Ausbrüche rechtzeitig zu entdecken und einzudämmen. Zudem verlangt der LVB, dass effiziente Lüftungssysteme in den Klassenzimmern installiert werden. Das andauernde Lüften der Klassenzimmer reiche ganz offensichtlich nicht aus, zudem sei diese Massnahme im Winter für Schulkinder und Lehrpersonen ausgesprochen unangenehm und störend.
Die Forderungen der Lehrerinnen und Lehrer wurden an der Landratssitzung vom vergangenen Donnerstag zwar von verschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentariern eingebracht, stiessen bei der Regierung aber nicht auf Zustimmung. Vielleicht, so Loretz, wäre es eine Überlegung wert, die Weihnachtsferien zu verlängern, um die Ansteckungskette zu unterbrechen. In Deutschland wurde dies vor einem Jahr praktiziert – und ist auch jetzt wieder in Diskussion.