Blues als Grundlage des Lebens
07.10.2021 Baselbiet, Nachtcafé, Kultur, SissachPhilipp Fankhauser zu Gast im «Nachtcafé»
Der im Raum Zürich lebende Philipp Fankhauser ist in der Bluesund Jazzszene eine bekannte Grösse mit internationaler Reputation. Als Gast im «Nachtcafé» vom Dienstag erzählte er in einem kurzweiligen Talk über seine erfolgreiche ...
Philipp Fankhauser zu Gast im «Nachtcafé»
Der im Raum Zürich lebende Philipp Fankhauser ist in der Bluesund Jazzszene eine bekannte Grösse mit internationaler Reputation. Als Gast im «Nachtcafé» vom Dienstag erzählte er in einem kurzweiligen Talk über seine erfolgreiche Karriere.
Sander van Riemsdijk
Mit einer Körpersprache, die sicher der Imagepflege nicht abträglich ist, dafür jedoch keine Langeweile aufkommen lässt, gibt sich Philipp Fankhauser locker und humorvoll bei seinen Antworten auf Fragen des Moderators und Gastgebers Robert Bösiger. In der Hand hält er ständig eine Hundeleine. Denn mit dabei ist sein treuer Begleiter, der Mops Trevor, der «im Innersten eigentlich eine Bulldogge ist, jedoch im falschen Körper auf die Welt kam», wie er es formuliert.
Philipp Fankhauser sitzt entspannt auf dem Sofa. In einem lässigen weissen Hemd, das etwas zu kurz geraten ist, präsentiert er sich dem interessierten Publikum, der Bluesmusiker mit Herz und Seele, im trotz Corona-Zertifikatspflicht sehr gut besetzten Saal des «Nachtcafés» von «Sissach Live».
Nonchalant jungenhaft
Philipp Fankhauser ist zwar unterdessen 57 Jahre alt und seit 35 Jahren im Musikgeschäft tätig. Er gibt sich aber trotz seines etwas fortgeschrittenen Alters oft nonchalant jungenhaft, und dann phasenweise auch wieder nicht. Er ist ein schneller Redner und sucht mit einer ansteckenden Begeisterungsfähigkeit und schelmischer Mimik ständig den Kontakt zu den Zuhörenden im Saal. Man spürt, dass er die Rolle als Talkgast im Fokus geniesst, auch wenn er von sich selbst sagt, dass er eher ein scheuer Mensch sei. Es ist vermutlich die Bühne, die ihm die Kraft gibt, sich offen und auskunftsfreudig zu zeigen.
Natürlich verdient der in Thun geborene Fankhauser alle Bewunderung. Das Schlüsselerlebnis für seine spätere grosse Karriere als Bluesmusiker hatte er im Alter von elf Jahren – er lebte damals bei seiner Mutter im Tessin – wegen einer geschenkten Schallplatte des US-amerikanischen Blues-Pianisten und Sängers Sunnyland Slim. «Diese Stimme und die Musik haben in mir etwas Wesentliches ausgelöst», sagt er. Die Begeisterung für diese Art von Musik, die von der Sklavengeschichte mit ihren schmerzhaften Erfahrungen handelt, ist bis auf den heutigen Tag nicht verebbt. «Wie Sunnyland Blues spielte, so fliesst das Blut heute noch durch meine Adern.» Fankhauser unterstreicht dann diese Aussage mit einer kurzen Blues-Performance mit Gesang und Gitarre. Er spricht von der Kraft, die im Blues steckt, und dass sein Blues sehr inspiriert sei von den schwarzen Bluesmusikern.
Auf Einladung des amerikanischen Bluesmusikers Johnny Copeland verbrachte er sieben Jahre in den Vereinigten Staaten und nahm – bemerkenswert als nicht schwarzer Bluesmusiker – im Jahr 1995 in Los Angeles sein erstes Soloalbum auf. Auf die Frage von Robert Bösiger, ob er dort nicht für immer hätte bleiben wollen: «Ich wollte nur einmal dorthin, wo die Menschen den Blues in ihrer DNA haben.» Oder anders formuliert: Wo Menschen die oft traurige Klagemusik als Grundlage ihres Lebens pflegen. Und stellt dann gleich mit einer erneuten Performance unter Beweis, dass der Blues auch Lebensfreude ausstrahlen kann.
Abgesagte Konzerte
Vor der Pandemie gab Philipp Fankhauser mit seiner Band drei bis vier Konzerte pro Woche. Wie viele andere Musiker und Musikgruppen musste er coronabedingt seine Konzerte absagen – insgesamt 40 waren geplant – beziehungsweise verschieben. Eine gewisse Panik, wie es überhaupt weitergehen sollte, machte den Alltag zu Hause im Raum Zürich beschwerlich. «Dank Kurzarbeit und Erwerbsausfallentschädigung sind wir einigermassen über die Runden gekommen.»
Wenn er einmal zu Hause ist, hört er sich nicht nur Bluessongs an, sondern auch brasilianische Musik und insbesondere die Bossa Nova.
Über den Nachwuchs in der Bluesmusik in der Schweiz macht er sich grosse Sorgen: «Es wundert mich, dass niemand in der Schweiz Blues singen kann.» Und: «Mit einer Sonnenbrille auf die Bühne zu steigen, macht noch keinen Bluesmusiker aus.»
Heute ist er meist mit seinen Bandprojekten «Funkhouseblues» und «Philipp Fankhauser Blues Band» unterwegs, zwei unabhängige und eigenständige Formationen. Er hat sich vorgenommen, in den kommenden Monaten Songs zu schreiben und fügt an, dass «der Umgang mit Texten oder Geschichten mir wichtiger sind als die Gitarre». Der soulgetränkte Blues bleibt die Stärke von Fankhauser. Dies ist in seinem 16. Album «Let Life Flow» mit bekannten Musikern wie dem amerikanischen Bluesgitarristen Kenny Neal deutlich hörbar.