«Bei Tieren gibt es keinen Placebo-Effekt»
12.10.2021 Baselbiet, Gesundheit, LandwirtschaftTierhomöopathie-Kurs am Ebenrain von Bernadette Vogt
Beim Kurs «Homöopathie im Rindviehstall» stellt die Aargauer Bäuerin und Tierhomöopathin Bernadette Vogt im Oktober am Ebenrain ihre Tätigkeit vor. Die Nachfrage an dieser Naturheilpraktik nimmt stetig zu.
Lisa ...
Tierhomöopathie-Kurs am Ebenrain von Bernadette Vogt
Beim Kurs «Homöopathie im Rindviehstall» stellt die Aargauer Bäuerin und Tierhomöopathin Bernadette Vogt im Oktober am Ebenrain ihre Tätigkeit vor. Die Nachfrage an dieser Naturheilpraktik nimmt stetig zu.
Lisa Zumbrunn
Frau Vogt, Homöopathie ist allen ein Begriff. Dennoch treten bei der Definition oft Missverständnisse auf. Wie würden Sie Homöopathie beschreiben?
Bernadette Vogt: Homöopathie ist eine Naturheilmethode, die seit mehr als 200 Jahren existiert. Ihr Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte des Patienten anzuregen, damit dieser sein Leiden selbst lösen kann. Anders als die Schulmedizin versucht die Homöopathie, Ursachen von Symptomen zu finden und diese nicht zu unterdrücken.
Wie wenden Sie die Heilmethode bei Tieren konkret an?
Der grosse Unterschied bei einer Behandlung liegt darin, dass der Mensch sprechen kann und das Tier nicht. Während der Mensch sagt, wo das Problem liegt, muss ich dieses beim Tier beobachten. Dafür ist es notwendig, die Eigenheiten der Tiere zu kennen und zu wissen, welches Verhalten normal ist und was nicht. Neben diesem Wissen ist die Beobachtungsgabe wichtig. Auch der Placebo-Effekt kann bei Tieren nicht vorkommen.
Gibt es grundsätzlich für jedes Tierleiden eine homöopathische Behandlung? Greifen Sie in gewissen Fällen auch auf schulmedizinische Methoden zurück?
Es gibt keine Heilmethode auf dieser Welt, die in jedem Fall wirkt. Homöopathie funktioniert nur, wenn ein Lebewesen noch genug Energie hat, um Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Dies kommt nicht zustande, wenn ein Tier nicht mehr kann oder will. Oftmals sind schulmedizinische Methoden als Ergänzung sinnvoll. Grundsätzlich ist für mich die Zusammenarbeit der beiden Disziplinen wichtig. Glücklicherweise ist dies mit der neuen Generation Tierärzte immer mehr möglich.
Wie sind Sie zur Naturheilkunde gekommen?
Ich absolvierte eine schulmedizinische Ausbildung als Radiologieassistentin. Danach arbeitete ich in Zürich in einer Forschungsabteilung. Immer mehr begann ich die moderne Schulmedizin zu hinterfragen. Ich hatte den Eindruck, der Mensch sei ein Versuchsobjekt und es gehe nur um den Profit.
Später absolvierten Sie eine Ausbildung zur Bäuerin?
Genau. Und mit meiner Arbeit auf dem Hof hat sich dieser Eindruck noch verstärkt. Ein Tier muss gesund sein, um wirtschaftliche Gewinne zu erzielen. Das verursacht einen enormen Druck auf Landwirte und Tierärzte. Dies widerstrebte mir und ich begann, nach Alternativen zu suchen. Aromatherapie, Steintherapie, alles, worüber ich Bücher fand. Diese versuchte ich mit mehr und weniger Erfolg im Stall umzusetzen. Als dann eine unserer Kühe krank wurde und niemand herausfand, was das Problem war, konsultierten wir eine Tierhomöopathin. Die Kuh erholte sich nach dieser Behandlung innert weniger Tage.
Interessieren sich andere Bäuerinnen und Bauern für Ihre heilpraktische Tätigkeit?
Das Interesse seitens der Bauern nahm in den letzten Jahren stetig zu. Der Druck auf unsere Berufsgruppe steigt. Dass wir weniger Antibiotika spritzen sollen, weiss mittlerweile jeder. Dadurch ist man auf der Suche nach Alternativen. Als ich vor 15 Jahren mit der Homöopathie begann, besuchten hauptsächlich Frauen und Personen von Biobetrieben meine Kurse. Heute kommen alle. Von Hobby-Tierhaltern bis zu Spitzenzüchtern.
Stellen Sie somit ein Wachstum in der Szene fest?
Eindeutig. Vor Jahren war ich noch eine der wenigen Tierheilpraktikerinnen in der Region. Heute bieten diverse Schulen in der Schweiz diese Lehrgänge an. Es freut mich, dass junge Leute mit viel Power nachkommen. Und diese haben alle ein Einkommen. Somit ist die Nachfrage bestimmt gestiegen.
Nun zu den Kursen, die Sie anbieten: Was können Teilnehmende danach und was nicht?
Mein Ziel ist, dass die Teilnehmenden nach dem zweitägigen Intensivkurs die Grundlagen selbstständig anwenden können. Sie lernen, wie ein Tier zu beobachten ist und wie in Notfällen gehandelt werden kann. Zudem gebe ich Wissen über prophylaktische Anwendungen weiter, womit Krankheiten verhindert werden können.
Somit wenden Kursteilnehmende danach schon selbst Homöopathie an?
Genau, die Grundlagen kennen sie danach. Ohne diese Praxis würde es auch keinen Spass machen. Natürlich muss noch Erfahrung gesammelt werden. Viele Kunden arbeiten über Jahre mit mir weiter. Häufig geht dies auch telefonisch, da sie selbst schon gut beobachten können. Mein Mann sagt, ich bilde die Leute zu gut aus, da ich sie später als Kunden verliere (lacht).
Dann bietet Ihre Tätigkeit auch finanzielle Anreize?
Durchaus. Tierhaltende können Homöopathie selber anwenden und sparen so Krankheitskosten. Dazu kommt die Zeit, die durch eigene Behandlungen gespart wird. Wir selbst haben 60 Kühe, Jungvieh und einen Ziegenbestand. Der Tierarzt muss aber nur wenige Male im Jahr kommen.
Ihre Arbeit scheint auf Interesse zu stossen. Entstehen daraus Anliegen für die Zukunft?
Mein Anliegen ist es, dass Tierärzte unsere Arbeit ernst nehmen und mit uns zusammenarbeiten. Ausserdem wünsche ich mir, dass viel Wert auf die Gesunderhaltung der Tiere gelegt wird. Diese müssen heute oftmals Spitzenleistungen erbringen und in Futter und Geräte wird viel investiert. Da lohnt es sich auch, in die Krankheitsprophylaxe zu investieren.
Zur Person
zli. Bernadette Vogt führt gemeinsam mit ihrem Ehemann seit 1993 einen landwirtschaftlichen Betrieb in Lupfig im Kanton Aargau. Daneben bietet sie in ihrer Praxis homöopathische Beratung und Behandlungen an. Die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin und später zur diplomierten Tierhomöopathin hat sie vor mehr als zehn Jahren absolviert. Durch ihre Kontakte zum Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg im Kanton Aargau entwickelte sich die Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftsschulen der Nordwestschweiz, an denen sie ihre Kurse anbietet.