Timo Wüthrich

Australien, Europa, Afrika, Nord- und Südamerika. Das sind nicht nur fünf der sechs Kontinente, sondern auch die Herkunftsorte der Teilnehmerinnen, die am vergangenen Sonntag am Elite-Radrennen Grand-Prix Oberbaselbiet auf einer Strecke von 62,1 Kilometern um den Sieg fuhren. Das Fahrerinnenfeld war prominent besetzt: Marlen Reusser, Medaillengewinnerin an den Olympischen Spielen in Tokio sowie mehrfache und aktuelle Schweizer Meisterin, Kathrin Hammes, Gewinnerin der prestigeträchtigen Thüringen-Rundfahrt, Tereza Medvedová, mehrfache slowakische Landesmeisterin, und andere Profifahrerinnen gaben sich in Zunzgen die Ehre.

Spätestens um 12.30 Uhr dürfte auch den anderen Fahrerinnen klar gewesen sein, dass es nun an ihnen beziehungsweise ihren Beinen lag. Marlen Reusser drückte schon in der ersten der neun Runden an der Spitze des Feldes auf das Tempo, sodass sehr früh vereinzelte Fahrerinnen den Anschluss verloren. Ebenso früh kam der Angriff von Reusser. Sie attackierte aus dem Feld heraus und fand sich mit der Deutschen Hammes in einer Spitzengruppe wieder. Jedoch hielt die Zusammenarbeit zwischen Reusser und Hammes nicht lange, da die Schweizerin auf der dritten Runde am Berg wieder in die Offensive ging und ihre Mitstreiterin distanzieren konnte. Die Olympia-Medaillengewinnerin konnte ihren Vorsprung auf die Kölnerin konstant vergrössern.

Während Reusser um den Sieg fuhr, verriet OK-Präsident Andreas Wild, wie der Kontakt mit der Spitzenfahrerin zustande gekommen war: «Im Juni konnte ich mit ihr im Rahmen eines Wettkampfs ein gutes Gespräch führen, in dem sie durchblicken liess, dass sie dieses Jahr mit grosser Wahrscheinlichkeit in Zunzgen am Start stehen würde.»

Doch nicht nur die Akquise des Teilnehmerfeldes, auch die sonstige Organisation des GP Oberbaselbiet war dieses Jahr eine besondere Herausforderung. Neben den Auflagen rund um die Corona-Pandemie gab es noch ein anderes Problem: Die Strecke musste kurzfristig geändert werden, da aufgrund des Hochwassers im Juni ein Streckenabschnitt beschädigt war. Auch die Verzögerung bei einer Baustelle zog eine Streckenanpassung nach sich.

WM-Gold am Geburtstag?
Um 14.20 Uhr war es dann vollbracht: Marlen Reusser fuhr nach 100 Minuten und 20 Sekunden als Tagessiegerin ins Ziel – mit einem namhaften Vorsprung von beinahe vier Minuten auf die Zweit- und Drittplatzierte. Der Kampf um Silber und Bronze war eine Sprintentscheidung: Kathrin Hammes gewann den Endspurt vor der Südafrikanerin Frances Janse van Rensburg.

Reusser zeigte sich nach dem Rennen zufrieden mit ihrer Leistung und dem Parcours: «Die Strecke war mega cool und wegen der vielen Kurven auch technisch anspruchsvoll.»

Nach dem Sieg ging es für den neuen Shootingstar im Schweizer Radsport sofort weiter. Noch am gleichen Tag hatte sie einen Live-Auftritt beim Schweizer Fernsehen in Zürich. Und schon bald steht das nächste sportliche Ziel an. Im September werden die Weltmeisterschaften in Belgien ausgetragen: «Ich hoffe, dass ich Weltmeisterin werden kann – das Zeitfahren findet gerade an meinem 30. Geburtstag statt.»

Silber in Tokio, Sieg in Zunzgen

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