Rückschlag für 5G-Kritiker
08.07.2021 Bezirk Sissach, ZunzgenRegierung schiebt der Planungszone für Mobilfunkanlagen einen Riegel vor
Die Gemeinde Zunzgen darf keine Planungszone über das Gemeindegebiet verhängen, um den 5G-Ausbau zu blockieren. Die Baselbieter Regierung hat mehrere Beschwerden gegen den entsprechenden Erlass des Gemeinderats ...
Regierung schiebt der Planungszone für Mobilfunkanlagen einen Riegel vor
Die Gemeinde Zunzgen darf keine Planungszone über das Gemeindegebiet verhängen, um den 5G-Ausbau zu blockieren. Die Baselbieter Regierung hat mehrere Beschwerden gegen den entsprechenden Erlass des Gemeinderats gutgeheissen. Dieser akzeptiert den Beschluss «widerwillig».
Sebastian Schanzer
Es war dem Zunzger Gemeinderat von Anfang an klar, dass er sich damit juristisch auf dünnem Eis bewegte: Im Herbst vergangenen Jahres nahm er den Auftrag von der Gemeindeversammlung entgegen, eine Planungszone für Mobilfunkanlagen über das gesamte Gemeindegebiet zu erlassen. Die raumplanerische Massnahme wurde von sechs Stimmberechtigten beantragt und sollte verhindern, dass in Zunzgen in den nächsten fünf Jahren die 5G-Technologie eingeführt werden kann. Ein entsprechendes Baugesuch der Swisscom wurde bereits 2018 eingereicht.
Gemeindepräsident Hansruedi Wüthrich führte an jener Gemeindeversammlung aus, eine Planungszone könne nur dann errichtet werden, wenn sich die Gemeinde tatsächlich mit der Revision von Nutzungsplänen und Zonenvorschriften befasse, was derzeit nicht der Fall sei. Gleichwohl werde man für das Anliegen der Bevölkerung kämpfen.
Viel Debatte − wenig Erfolg
Seine Bedenken sieht Wüthrich jetzt bestätigt: Die Baselbieter Regierung heisst mehrere Beschwerden − unter anderem von den betroffenen Mobilfunkanbietern Swisscom, Sunrise und Salt − gut und hebt den Beschluss des Gemeinderats für den Erlass einer Planungszone wieder auf. Dies bestätigt die Zunzger Gemeindeverwaltung auf Anfrage. Der Gemeindepräsident kommentiert: «Wir akzeptieren diesen Entscheid widerwillig. Zufrieden sind wir damit nicht.»
Gegen den Beschluss des Regierungsrats könnte der Gemeinderat vor Kantonsgericht Beschwerde einreichen. Das bringe allerdings nichts und koste die Gemeinde viel Zeit und Geld, so Wüthrich. Der Verzicht auf das Rechtsmittel heisst aber auch: die bisher geleistete Arbeit des Gemeinderats und der Kampf der Antennengegner war vergeblich. Allein das Verfahren für den Erlass der Planungszone kostete die Gemeinde rund 8000 Franken, wie Gemeindeverwalter Cristiano Santoro sagt. Abgesehen davon leisteten sich die Dorfbewohnerinnen und -bewohner teilweise nervenaufreibende 5G-Debatten an mehreren Gemeindeversammlungen.
Zur Erinnerung: 5G-kritische Zunzgerinnen und Zunzger beantragten 2019 zunächst die Prüfung eines Kaskadenmodells für Mobilfunkanlagen. Der Antrag wurde angenommen, der entsprechende Planungskredit über 20 000 Franken später von der Bevölkerung jedoch abgelehnt. Daraufhin reichten die 5G-Gegner eine Stimmrechtsbeschwerde bei der Regierung ein. Der Gemeinderat habe die Bevölkerung mit überhöhten Offerten getäuscht, um einen negativen Entscheid herbeizuführen, so der Vorwurf. Die Regierung ist aus formellen Gründen auf die Beschwerde nicht eingetreten, stellte aber klar, dass der Gemeinderat objektiv informiert habe. Erfolg hatten die Zunzger 5G-Kritiker rund um Martin Kanwar im Anschluss mit ihrem Antrag für die Errichtung einer Planungszone. 30 gegen 25 Stimmberechtigte unterstützten das Anliegen. Der Gemeinderat zeigte sich gewillt, den Volkswillen umzusetzen und erliess die Planungszone, der die Regierung nun den Riegel vorgeschoben hat.
«Weiterzug chancenlos»
Die Zunzger 5G-Kritikerinnen und -Kritiker werden heute vom Gemeinderat über den Entscheid der Regierung ins Bild gesetzt. Dass der Gemeinderat den Entscheid nun widerstandslos hinnimmt, dürfte sie nicht freuen. Präsident Wüthrich stellt klar: Die Regierung habe aufgezeigt, dass ein Weiterzug ans Kantonsgericht praktisch chancenlos ist.
Abgeschreckt habe ihn zudem die jüngst publizierte Antwort der Regierung auf eine Interpellation von FDP-Landrat Stefan Degen aus Gelterkinden. Demnach kämen auf die Gemeinde Zunzgen auch im Fall eines erfolgreichen Weiterzugs möglicherweise beträchtliche Kosten zu. Sollte die Planungszone Rechtskraft erhalten und es dadurch zu Wertminderungen von Grundstücken kommen, müsste der Wertverlust «durch das planende Gemeinwesen voll entschädigt» werden, hält der Regierungsrat in seiner Antwort auf die Interpellation fest.