«Coole» Menüs aus dem Food-Truck
17.06.2021 Gastronomie, SissachChristian Horisberger
«Jetzt ist es gerade. Du kannst es festmachen!» In der Begegnungszone, schräg gegenüber vom Coop, machen sich drei Männer am Schiebetor zum Hof neben dem Restaurant Krone zu schaffen. Zwei von ihnen halten eine etwa 3 Meter breite ...
Christian Horisberger
«Jetzt ist es gerade. Du kannst es festmachen!» In der Begegnungszone, schräg gegenüber vom Coop, machen sich drei Männer am Schiebetor zum Hof neben dem Restaurant Krone zu schaffen. Zwei von ihnen halten eine etwa 3 Meter breite beschriftete Tafel vor dem Tor hoch, der dritte zurrt es mit einem Spannset an den Streben fest. Die drei betrachten nach getaner Arbeit ihr Werk, neugierige Passanten bleiben stehen und erfahren aus erster Hand, was sich hier schon bald tut.
Die Reklametafel kündigt die Wiedereröffnung des seit dem zweiten Gastro-Lockdowns geschlossenen Restaurants Krone auf den 1. Juli an. Bei den Männern handelt es sich um den Sissacher Karossier Thomas Zumbrunn und dessen Söhne Heiko und Rino. Der vergangene Woche 22 Jahre alt gewordene Rino tritt ab Juli als Gastgeber auf. Vater Thomas und Onkel Daniel werden das Grundstück und die Liegenschaft demnächst erwerben und ihm das Restaurant übergeben.
Trotz seiner Jugend ist Rino Zumbrunn kein unbeschriebenes Blatt. Nach dem Progymnasium und einer Kochlehre bei der Brüderlin Gastronomie in Pratteln hat er bereits in mehreren Sterneküchen gearbeitet und schloss kürzlich die «Talentkoch-RS» ab. Den begehrten Platz im Militär hatte er sich mit der Goldmedaille an den Schweizer Berufsmeisterschaften im vergangenen Herbst erkocht. Mit jener Auszeichnung trat Rino in die Fussstapfen von Vater Thomas, der seinerzeit im nationalen Wettbewerb bei den Karossiers Silber gewonnen, und von Bruder Heiko, der es – ebenfalls als Karossier – gar zum Vizeweltmeistertitel gebracht hatte. Nächstes Jahr hat Rino die Chance, Heiko zu übertreffen: Er wird an der Berufsweltmeisterschaft in Schanghai teilnehmen. Jetzt aber wird er sich um sein Sissacher Restaurant kümmern.
Schaukochen im Feuerwehrauto
Das Herz der neuen «Krone» wird zunächst ein auf dem grossen Hof der Gartenbeiz parkierter Food-Truck sein, in dem der Koch vor den Augen der Gäste seine Kreationen zubereitet. Dieser Truck ist ein Hingucker: Es handelt sich um einen Opel-Blitz-Transporter mit Jahrgang 1959, ein ehemaliges Feuerwehrfahrzeug. Vater und Söhne haben den Oldtimer von Grund auf restauriert und zur fahrenden Küche umfunktioniert. Seit dem Umbau vor vier Jahren stand der Truck bis auf einige Einsätze für private Feiern vorwiegend in der Garage.
Von Verpflegung aus dem Food-Truck könnte man auf eilig zubereiteten Fast Food schliessen – nicht im Fall von Rino Zumbrunn. Er werde für seine Gästen keine Pizza backen noch Burger braten, sondern «coole» Menüs kreieren, sagt der Jungkoch. Er meint damit eine leichte, moderne, originelle Küche mit frischen Schweizer Produkten. «Nichts Hochgestochenes», aber dennoch Gerichte, die man in der Umgebung sonst nicht erhalte.
Zu Beginn wird Rino nur die Gartenbeiz bewirtschaften, die er gegenwärtig mit Vater, Bruder und Freunden in Schuss bringt und die am 1. Juli mit Häppchen, Getränken und Live-Musik eröffnet wird. 50 Plätze unter dem neuen Sonnensegel sollen es werden. Da der Betrieb im Freien stark wetterabhängig ist, gilt: Steht der Truck mit offener Theke im Hof, wird gekocht. Wer nicht anrennen möchte, macht sich im Internet schlau, ob das Lokal geöffnet ist.
Erst im Herbst will der Junggastronom seine Speisen auch in der Gaststube servieren. Bis dahin soll das Lokal aufgefrischt sein. Die Toiletten sind bereits modernisiert, ein neuer Durchgang von der Gaststube zum Gartenlokal wird dieser Tage erstellt. Die Küche haben die Zumbrunns entschlackt, herausgeputzt und mit einer neuen Lüftung ausgestattet. Die «Krone»-Küche wird der Koch fürs Rüsten und Vorbereiten seiner Kreationen nutzen, unabhängig davon, ob er vom Truck aus Gäste im Gartenrestaurant, auf öffentlichen Plätzen oder an privaten Feiern bewirtet.
Neubau in 3 bis 5 Jahren
In einer dritten Phase wird auf dem Grundstück gebaut. Bausubstanz und Raumaufteilung seien für eine zeitgemässe Nutzung ungenügend, sagt Thomas Zumbrunn. Sämtliche Bauten würden daher abgebrochen und neu aufgebaut, wobei er sich sowohl am bestehenden Gebäudevolumen als auch am Charakter der heutigen Liegenschaften orientieren werde, wie er ausführt. Die ehemaligen Arbeiterunterkünfte auf dem Gelände werden zu Gästezimmern umfunktioniert, das Werkhofgebäude und die «Krone» sollen miteinander verbunden werden und fünf bis sieben Wohnungen sowie das neu konzipierte Restaurant sollen entstehen. Der Zeitpunkt des Umbaus richtet sich gemäss Thomas Zumbrunn nach der Helvetia-Versicherung, die das Areal der ehemaligen Six Madun entwickelt. Er geht davon aus, dass dies in drei bis fünf Jahren der Fall sein wird, und rechnet mit einer Bauzeit von rund anderthalb Jahren.
Eine «grosse Kiste», wenn man bedenkt, dass der Sohn erst am Anfang seiner beruflichen Karriere steht. Der Vater stellt klar: Investorin sei – mit seiner Beteiligung – die Immobilien Zumbrunn AG, das Grundstück eine vielversprechende Anlage und sein Sohn werde ihm einen Pachtzins zahlen müssen. Er sei sich aber bewusst, dass es böse Zungen geben wird, die behaupten, der Sohn hätte das aus eigener Kraft nicht geschafft. «Denen wird er mit Leistung das Gegenteil beweisen müssen.»
Wie der Vater …
Die Gene sprechen für ein erfolgreiches Wirken des Jungkochs: «Die Geschichte scheint sich zu wiederholen», erzählt Thomas Zumbrunn. «Schon mein Vater hat mir und meinem Bruder vor 25 Jahren ermöglicht, in der Netzenkurve ein Grundstück zu erwerben», sagt er, «unseren Erfolg haben wir uns aus eigener Kraft erarbeitet.»
Und fühlt sich der Sohn dem Druck gewachsen? «Es wäre falsch, wenn ich vor so einer Herausforderung keinen Respekt hätte», sagt Rino Zumbrunn, «aber ich werde das schaffen.» Das Konzept stehe und die Rezepte seien geschrieben. Kopfzerbrechen bereite ihm allenfalls das Personal. Die Arbeit in der Küche könne er alleine stemmen. Aber im Service brauche er Unterstützung und sei noch auf der Suche. So steht es auch auf dem Werbeschild, das die Zumbrunns am Samstag mit vereinten Kräften montiert haben.