Gin – sogar die Queen liebt ihn
26.05.2021 Baselbiet, Gastronomie, Hölstein, Bezirk WaldenburgDrei Gin-Liebhaber betreiben seit Januar einen Webshop
Die Coronakrise hat sicher dazu beigetragen, dass der Gin-Webshop «Ginnedup» von Emmanuelle Carron, Patrick Schweizer und Fatmir Fejzulahi erfolgreich gestartet ist. Das Shop-Angebot ist klein, aber fein und bietet einige seltene ...
Drei Gin-Liebhaber betreiben seit Januar einen Webshop
Die Coronakrise hat sicher dazu beigetragen, dass der Gin-Webshop «Ginnedup» von Emmanuelle Carron, Patrick Schweizer und Fatmir Fejzulahi erfolgreich gestartet ist. Das Shop-Angebot ist klein, aber fein und bietet einige seltene Gin-Raritäten.
Heiner Oberer
«Wer braucht schon Fenster, wenn er Gin hat.» Diese doch eher kryptische Aussage macht Patrick Schweizer (41). Er führt zusammen mit seiner Partnerin Emmanuelle Carron (41) und Fatmir Fejzulahi (34) seit Januar den Webshop «Ginnedup» in Hölstein. Dort bieten die drei neben Tonic Waters, Aperitifs, Likören und Bitters 15 verschiedene Gins an. «Es sind Gins, die sich von der breiten Masse abheben und die wahren Gin-Liebhaber beglücken sollen», sagt der gelernte Logistiker Schweizer. «Wenn immer möglich werden alle Bestellungen, die bis 14 Uhr bei uns eingehen, noch am selben Tag verarbeitet und versandt», erklärt Carron.
Wir sitzen im Wohnzimmer von Schweizer und Carron im zweiten Stock eines Wohnblocks in Hölstein, in dessen Keller auch der Gin lagert. Fällt der Blick aus dem Fenster, zeigt sich das Waldenburgertal in sattem Grün. Nur das aufgerissene Trassee der Waldenburgerbahn, das sich wie ein vertrockneter brauner Wurm durchs Tal zieht, stört die Idylle. «Bis vor ein paar Jahren verhinderte ein Regal mit über 750 verschiedenen Gins, das vor dem Fenster angebracht war, die Sicht nach draussen. Damals war Gin noch wichtiger als der Blick in die Natur», sagt Schweizer. Carron, gelernte Hotelfachfrau und seit 13 Jahren im Zentrum für Pflege und Betreuung Mülimatt in Sissach für den Service verantwortlich, ergänzt: «Als meine Tochter das fehlende Tageslicht reklamierte, war der Punkt gekommen, die Gin-Sammlung zu eliminieren.»
Gin mit Gurke und Pfeffer
Wie wird man jetzt zum Gin-Liebhaber? Angefangen habe es bei ihm vor rund 20 Jahren, sagt Schweizer. In einer Bar in Basel habe er den damals üblichen Gin Tonic bestellt. Der Barkeeper, eine Kapazität, habe ihn aber dazu überredet, einen «Hendrick’s Gin», verfeinert mit Pfeffer und garniert mit einer Gurkenscheibe, zu probieren. Sollte er ihm nicht schmecken, gehe die Rechnung aufs Haus. «Wie bitte? Gin mit Gurke und Pfeffer? Noch nie gehört», hatte Schweizer damals gesagt. Der Drink habe ihm aber vorzüglich gemundet und er habe das Portemonnaie gezückt. «Das war das eigentliche Erweckungserlebnis. Seither hat mich Gin nicht mehr losgelassen.»
Um Emmanuelle Carrons Leidenschaft für Gin zu verstehen, muss man ungefähr 15 Jahre zurückgehen. «Patrick und ich sind zusammen in Hölstein in die Schule gegangen», sagt Carron, die ursprünglich aus dem Wallis stammt. Nach der Schule hätten sie sich aber aus den Augen verloren. Bis sie sich durch einen Zufall, damals beide getrennt von ihren Partnern, auf den Sozialen Medien wieder begegnet seien. «Ich habe die Chance gepackt und Patrick einen Liebesbrief, den er mir zur Schulzeit geschrieben hat, in den Briefkasten geworfen. Das war der Anfang unserer Partnerschaft und der gemeinsamen Leidenschaft für Gin.»
Mit Ameisen oder Elefantendung
Inzwischen hat sich die Passion für Gin weiterentwickelt. «Über die Sozialen Medien, im Speziellen über Instragram, teilen wir unsere Leidenschaft mit anderen Gin-Liebhabern. Dabei sind zahlreiche Freundschaften entstanden», sagt Schweizer. «Zudem sind uns immer mehr Musterflaschen zugesandt worden», ergänzt Carron. Brennereien und Spirituosenfirmen hätten sich gemeldet. Das hat die drei dazu bewogen, einen Webshop zu eröffnen. Das mit grossem Erfolg, was sicher auch mit der Coronakrise zu tun hat, da die Kunden vermehrt über das Internet einkaufen.
Die Gin-Vielfalt sei schon erstaunlich, sagt Schweizer. «Es gibt zum Beispiel Gin, angereichert mit Ameisen oder Elefantendung.» Laut der Zeitschrift «Vogue» verkauft jetzt auch die Queen Gin, der aus ihrem Garten kommt: den «Buckingham Palace small-batch Dry Gin». Angeblich sollen mit dem Gewinn finanzielle Verluste, die durch die Coronakrise entstanden sind, ausgeglichen werden. «Wir überlegen uns, ob wir den Gin der Queen in unser Sortiment aufnehmen sollen. Der wäre sicher ein Hingucker», sagt Carron.
Walliser Gin als Rarität
«Unser Sortiment ist klein, aber fein. Wir führen nur Gins, die uns schmecken», erklärt Schweizer. Besonders stolz seien sie auf den einzigen Schweizer Gin in ihrem Sortiment. Einen aus dem Wallis, der in einer Alphütte auf 2000 Metern Höhe in Chandolin, einer Gemeinde mit nur 68 Einwohnern, gebrannt wird. «Der ‹Weisshorn Alpine Glacier Gin› wird mit einem speziell schonenden Niedertemperatur-Verfahren destilliert. Es hat einiges an Überredungskunst gebraucht, bis wir die Rarität in unser Sortiment aufnehmen durften», erklärt Carron.
Neben der Walliser Spezialität möchte Schweizer noch zwei weitere spezielle Brände hervorheben. Zum einen den Tonka-Gin, der in Hamburg in Handarbeit und nur in kleinen Chargen hergestellt wird. Die Tonkabohne verleiht dem Gin süsse Vanillearomen sowie herbe Noten von Bittermandeln. Insgesamt 23 Botanicals (siehe Kasten) werden verwendet, um die Harmonie zwischen Tonkabohne und Wacholder zu schaffen. Zum anderen der «neeka Tokyo Distiller’s Cut No.01» aus Deutschland. «Dieser aussergewöhnliche Gin ist in der Schweiz nur bei uns erhältlich. Mit seiner feinen Note der Yuzu-Frucht versprüht die ‹Limited Edition Tokyo› japanisches Flair», sagt Schweizer.
Für die Zukunft haben Carron und Schweizer weitere Projekte im Focus. Da wäre der geplante Anlass in der Elisabethenkirche, der wegen Corona schon zwei Mal abgesagt werden musste. «Wir planen einen kleinen Markt, wo Interessierte verschiedene Gins degustieren und sich mit anderen Gin-Liebhabern austauschen können», erklärt Carron. Es habe lange gedauert, bis der Elisabethen-Pfarrer sein Einverständnis gegeben habe. Letztendlich habe ihn die Überlegung, dass Gin und Glaube verbindet und Gin-Drinker gesellige Menschen sind, überzeugt. «Anders gesagt: Spirituelles trifft auf Spirituosen.»
Läuft der Shop weiterhin so gut, so Schweizer, seien auch ein Laden und eine mobile Bar eine Option. Und, wer weiss: Vielleicht kommt sogar die Queen mit einer Flasche ihres eigenen Gins nach Hölstein. Das mit der neuen Waldenburgerbahn.
Was sind Botanicals?
hob. Da es keine gute Übersetzung für den Begriff Botanicals gibt, wird dieser in Zusammenhang mit Gin auch im Deutschen benutzt. Botanicals sind alle Pflanzengruppen, die im Gin vorkommen: Kräuter, Blätter, Samen, Hülsenfrüchte, Wurzeln, Rinden sowie Beeren und Früchte. Die wichtigsten Botanicals, die für Gin verwendet werden, sind Wacholder, Koriander, Angelikawurzel, Iriswurzel, Ingwer, Fenchel. Weitere Botanicals sind Zimt, Schalen von Zitrusfrüchten (Zitrone, Limone, Orange, Grapefruit), Muskat, Kardamom, Süssholz, Kümmel.
Quelle: «Try Foods»