«Aufklärung tut Not»
09.04.2021 Buus, Landwirtschaft, Sissach, NaturUeli Frei
Einem Datum sehen die Landwirte mit flauen Gefühlen entgegen. Am 13. Juni kommen die Trinkwasserund die Pestizidinitiative vors Volk. Die sogenannten Agrarinitiativen haben es in sich. Sie verlangen nicht nur, dass die Bauern fortan komplett auf ...
Ueli Frei
Einem Datum sehen die Landwirte mit flauen Gefühlen entgegen. Am 13. Juni kommen die Trinkwasserund die Pestizidinitiative vors Volk. Die sogenannten Agrarinitiativen haben es in sich. Sie verlangen nicht nur, dass die Bauern fortan komplett auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Stark einschränkend ist zudem die Auflage, dass nur noch auf dem eigenen Betrieb produziertes Futter eingesetzt werden darf. Die Haltung des Bauernverbands beider Basel (BVBB) dazu ist klar.
«Zweimal Nein», sagt BVBB-Präsident Marc Brodbeck. Doch das Thema sei komplex. Mit seiner Kampagne will der Bauernverband möglichst viele Konsumentinnen und Konsumenten mit Schwerpunkt im unteren Baselbiet und in der Stadt Basel erreichen. «Aufklärung tut Not», sagt er. Nachhaltigkeit sei kein Fremdwort in der Landwirtschaft. Die Betriebe werden oft von Generation zu Generation weitergegeben.
Viele Höfe verfügen über eigene Quellen. «Auch wir Bauern wollen sauberes Trinkwasser.» Niemand vergifte mutwillig die Böden. «Kein Landwirt ist daran interessiert, seine Ressourcen zu zerstören», betont Brodbeck. Die Schweiz kenne schon heute starke Einschränkungen, was den Pestizideinsatz betrifft. Insgesamt sei der Einsatz von Pestiziden in den vergangenen Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Dass die Landwirte ihr Futter nur noch auf dem eigenen Betrieb produzieren dürfen, sei zudem nicht zu Ende gedacht.
«Auch Hobbygärtner spritzen»
«Bei bodenunabhängigen Betriebszweigen wie der Hühner- oder Schweinehaltung ist das schlicht nicht möglich», gibt Brodbeck zu verstehen. Eine Fleischproduktion ohne betriebseigene Futtermittel wie in der Schweine- oder Hühnermast sei nicht nachhaltig, hält Nutztierexperte Eric Meili vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) in Frick entgegen. «Voll Gras statt voll Gas», lautet sein Motto.
Wiederkäuer nur mit Gras und Heu vom eigenen Betrieb und ohne Kraftfutter zu füttern, führe zu einer nachhaltigen Fleischproduktion. Als Präsident der trinationalen Arbeitsgruppe Landwirtschaft schaut Ebenrain-Leiter Lukas Kilcher über den Tellerrand. «Im gesamten Oberrheingebiet ist die Reduktion der Pflanzenschutzmittel gefordert», sagt er. Im Vergleich stehe die Schweiz gut da. Der ökologische Leistungsnachweis verlangt eine geregelte Fruchtfolge.
Das lässt den Böden Zeit zur Erholung. Doch die Diskussion sei berechtigt. «Auch die Konsumentinnen und Konsumenten haben ein Recht, mitzureden», sagt Kilcher. Die Landwirtschaft sei aber nur ein Verursacher von verschmutztem Trinkwasser. «Pestizide werden unter anderem auch in Hobbygärten und auf Hausplätzen eingesetzt», gibt Kilcher zu bedenken. Vergangene Woche lancierten die Befürworter der Initiativen den Abstimmungskampf mit einer virtuellen Medienkonferenz.
Grenzüberschreitend reduzieren
«1 Million Menschen in der Schweiz trinken Wasser, das die Grenzwerte überschreitet», sagte die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz am vergangenen Mittwoch. «Unser Ökosystem stirbt einen langsamen Tod», hielt die Vizepräsidentin von «Aquaviva» fest. Mit rund 7 Milliarden Franken subventioniere die Öffentlichkeit den Rückgang der Biodiversität.
«Wir nehmen uns seit Jahren des Themas an und werden unser Engagement künftig noch verstärken», sagt Lukas Kilcher vom Ebenrain. So hat er in der trinationalen Arbeitsgruppe Landwirtschaft einen Expertenausschuss gegründet, welcher Massnahmen für die Reduktion von Pestiziden grenzüberschreitend angeht. Dass nach der Abstimmung der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schlagartig aufhört, sei allerdings eine Illusion.