«Ich war im März optimistischer als jetzt»
13.04.2021 Bezirk Sissach, Gesundheit, Wirtschaft, Gesellschaft, SportFitness | Studio-Betreiber Fabian Hammel erwartet keine baldige Öffnung
Dank Kurzarbeit, Härtefallbeiträgen und Mietreduktion kommt Fabian Hammel vom «Fit 4-ever» in Sissach im zweiten Lockdown über die Runden. Von den morgigen Bundesratsbeschlüssen erhofft er sich ...
Fitness | Studio-Betreiber Fabian Hammel erwartet keine baldige Öffnung
Dank Kurzarbeit, Härtefallbeiträgen und Mietreduktion kommt Fabian Hammel vom «Fit 4-ever» in Sissach im zweiten Lockdown über die Runden. Von den morgigen Bundesratsbeschlüssen erhofft er sich primär eine Perspektive.
Sebastian Wirz
Nach seiner morgigen Sitzung will der Bundesrat kommunizieren, wie es mit den Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie weitergeht. In den Medien ist von Lockerungen bei Restaurantterrassen und für Junge die Rede. Ob angesichts der steigenden Ansteckungszahlen tatsächlich ein Öffnungsschritt bevorsteht und wie weitreichend dieser ausfällt, ist offen. «Ich war im März optimistischer, als ich es im Hinblick auf die morgigen Entscheidungen bin», sagt Fabian Hammel. Sein Fitness-Center «Fit 4-ever» in Sissach ist wie alle Betriebe in der Branche seit Dezember grundsätzlich geschlossen. Immerhin für die Unter-20-Jährigen darf Hammel seit ein paar Wochen wieder geöffnet haben. Er tut dies an drei Abenden – «ob sich das wirtschaftlich lohnt, sei dahingestellt».
Im Oktober 2017 hat das «Fit 4-ever» im Industriegebiet gleich hinter dem Sissacher Bahnhof eröffnet. Knapp zweieinhalb Jahre hatte Hammel also Zeit, sich Reserven anzulegen, um den ersten Lockdown im März vergangenen Jahres zu überstehen. «Das Geschäft ist nach der Gründung sehr gut angelaufen und wir hatten ein schnelles Wachstum der Mitgliederzahlen», sagt der Sissacher.
Es sei schon immer sein Traum gewesen, ein Center zu eröffnen. Als seine Mutter dann das Inserat für die ehemaligen Fabrik-Räumlichkeiten gesehen habe, stand der Umsetzung nichts mehr im Weg. «Es sollte eigentlich ein kleiner Raum werden», sagt der Selbstständige, «wir hatten denn auch am Anfang etwa halb so viele Geräte wie heute.» Alles, was im «Fit 4-ever» erwirtschaftet wurde, investierte Hammel wieder in den Betrieb. Alle Arbeiten an Boden und Wänden – aus einem Stock voller kleiner Büros sind grosse Fitnessräume geworden – hätten er und sein Umfeld selber geleistet.
900 Quadratmeter Platz
Das Konzept kam offenbar schnell gut an: «Es war von Beginn weg klar, dass wir 24 Stunden offen haben wollen und die Kunden trainieren können, wann sie wollen», sagt der ausgebildete Kaufmann. Er beschäftigt eine Vollzeit-Angestellte sowie zwei Arbeitskräfte im Stundenlohn. Mittlerweile erstreckt sich das Center auf zwei Stockwerken in fünf funktional und optisch verschiedenen Räumen über 900 Quadratmeter. Platz, der in einer von Abstandsregeln geprägten Pandemie von Vorteil wäre – der aber auch finanziert werden muss.
Der Vermieter kam der Fitnessbude im zweiten Lockdown entgegen und verzichtet auf einen Drittel der Miete. Für seine Mitarbeiterin erhält Hammel Kurzarbeitsentschädigung, die im Stundenlohn angestellten Arbeitskräfte bedeuten mangels Aufgaben keine Ausgaben für den Betrieb. Sich selber zahle er den minimalen Lohn aus, den er zum Überleben brauche. «Mit der Mietreduktion, der Kurzarbeitsentschädigung, den Härtefallbeiträgen und den laufenden Abonnements komme ich gerade so raus», sagt der 25-Jährige.
Der Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter-Verband sammelt aktuell per Crowdfunding Geld für eine Schadenersatzklage gegen den Bund. Der solle geradestehen für die Umsatzeinbussen der Fitnessbranche aufgrund der in den Augen des Verbands ungerechtfertigten Schliessung der Center. Hammel hält nicht sonderlich viel davon, auch wenn er gut verstehen kann, dass Anbieter mit höheren Fixkosten grosse Verluste machen.
«Der Schaden kommt noch»
Hammel hält die Beiträge, die er von Staat und Bund erhält, für fair. Dennoch sieht er finanzielle Probleme auf die Branche zukommen: «Man muss bedenken, dass wir den Mitgliedern die Zeit, in der das Center geschlossen ist, gutschreiben. Auch wenn die Entschädigungen während der Schliessung die Fixkosten decken mögen, wird der Schaden noch kommen.» Die Beiträge der Mitglieder für die vergangenen, von der Schliessung betroffenen Monate sind aktuell vorhanden. Wenn das Center aber wieder öffnet, beheizt wird und weiterhin Menschen für ihre Arbeit bezahlt, werden für mehrere Monate von den Mitgliedern, deren Abos verlängert wurden, keine Einnahmen in der Kasse landen. «Die Gastronomie erlebt eine sehr schwierige Phase, aber immerhin kommt da ab dem ersten Tag, an dem wieder gekocht und serviert wird, wieder Geld rein. Bei uns wird sich das verzögern», ist der Oberbaselbieter überzeugt.
Hammel bezweifelt, dass der Bundesrat morgen die Fitnesscenter per kommenden Montag öffnet. Was er sich aber erhofft, ist eine Perspektive: «Mir ist bewusst, dass das für die Politik schwierig ist, aber es wäre schon schön, einen Anhaltspunkt zu haben, ab wann es wieder weitergeht.» Hammel und seine Vollzeit-Angestellte verbringen jeden Morgen im Center, mal wird neu gestrichen, mal eingerichtet, die Buchhaltung gemacht. Mitglieder, die anrufen und mangels Training über Rückenprobleme klagen, werden per Telefon mit möglichen Übungen versorgt. Und bei Bedarf bringt Hammel gleich ein paar Hanteln oder eine kleine Bank zum Trainieren vorbei.
Aber irgendwann ist mal alles gemacht. Dann geht Hammel in den Wald. Für Spaziergänge und Wanderungen hatte er in den vergangenen Monaten mehr Zeit denn je. Er hofft, dass das «Fit 4-ever» wieder belebt wird. Vielleicht ja schon bald. Wie derjenige der Gastronomen richtet sich auch Hammels Blick morgen nach Bern. Nur, dass ihm eine Öffnung der Restaurantterrassen wenig helfen würde.