Enttäuschung bei der Gastronomie
19.02.2021 Baselbiet, Gastronomie, WirtschaftDer Kanton soll Druck für Öffnungen ab 1. März machen
Der vom Bundesrat vorgelegte Plan für die schrittweise Lockerung der Pandemiemassnahmen ist für die Gastronomie keine gute Nachricht. Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser verlangt, dass wieder mehr auf Schutzkonzepte statt auf ...
Der Kanton soll Druck für Öffnungen ab 1. März machen
Der vom Bundesrat vorgelegte Plan für die schrittweise Lockerung der Pandemiemassnahmen ist für die Gastronomie keine gute Nachricht. Wirtschaftskammer-Direktor Christoph Buser verlangt, dass wieder mehr auf Schutzkonzepte statt auf pauschale Verbote gesetzt wird.
David Thommen
Das Gastrogewerbe hatte sich vom bundesrätlichen Lockerungsplan deutlich mehr versprochen. Nach der Pressekonferenz vom Mittwoch herrschte daher Ernüchterung: Den Restaurants wurde lediglich vage in Aussicht gestellt, dass ab dem 1. April im Aussenbereich wieder Gäste bedient werden dürfen. Bis zu weiteren Lockerungsschritten wird dann mindestens ein weiterer Monat vergehen – keine erfreulichen Aussichten für die Wirte.
Gastro Baselland, der kantonale Wirteverband, äusserte am Mittwochabend Enttäuschung und Unverständnis. «Damit setzt man weiter Arbeitsplätze aufs Spiel», schreibt Co-Präsidentin Fabienne Ballmer in einer Medienmitteilung. Der Bundesrat lege eine ganze Branche still, was nicht weiterhin hinnehmbar sei. Jetzt sei es wichtig, dass die Kantone – «insbesondere der Kanton Baselland» – Druck aufsetzten und beim Bundesrat klare Öffnungsziele bereits ab dem 1. März forderten, heisst es im Communiqué. Die Kantone können sich im Rahmen der derzeitigen Vernehmlassung äussern. Definitive Entscheide trifft der Bundesrat am kommenden Mittwoch.
Auch Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, wünscht Nachbesserungen. «Insgesamt macht der Bundesrat zwar einen Schritt in die richtige Richtung. Speziell die Öffnung der Läden ist erfreulich. Doch es fehlt insgesamt an der Nachvollziehbarkeit der Massnahmen», sagt er gegenüber der «Volksstimme». Der Bundesrat erkläre beispielsweise nicht, weshalb er Läden, Zoos und Museen wieder öffnen lassen wolle und damit mehr Publikumsverkehr in Kauf nehme, hingegen einseitig der Gastronomie keine Perspektive aufzeige. «Den Läden werden strenge Schutzkonzepte auferlegt. Solche können die Restaurants ebenfalls umsetzen, wie sie bewiesen haben. Dort verbietet man den Betrieb aber weiterhin pauschal.» Solche Entscheide seien «nicht evidenzbasiert».
Buser hätte sich klare – und nötigenfalls auch harte – Vorgaben gewünscht, unter denen die Restaurants bald wieder Gäste bedienen können. Der Entscheid, ob sich eine Öffnung unter den gegebenen Voraussetzungen lohne, hätte den Wirten selber überlassen werden können.
Lieber Vorgaben als Verbote
Mit der gleichen Argumentation kritisiert Buser das Aufrechterhalten der Homeoffice-Pflicht für die Betriebe. «Alle Firmen haben schon früher zum Teil teure Massnahmen umgesetzt, um ihre Mitarbeiter gut zu schützen», sagt er. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Bundesrat diese Anstrengungen mit seinem pauschalen Homeoffice-Befehl ignoriere. «Ab jetzt sollten wieder Schutzkonzepte und allfällige neue Vorgaben – etwa die erforderliche Anzahl Quadratmeter pro Arbeitsplatz – im Vordergrund stehen.»
Die Rückmeldungen bei seinem Verband zeigten, dass der Homeoffice-Befehl von vielen Firmen «nicht verstanden» werde. «Vielerorts könnte in den Betrieben so gearbeitet werden, dass niemand gefährdet wird.» Die jetzige Einschränkung sei gerade für kleine Unternehmen belastend. «Es geht Produktivität verloren.» Der Grad der Digitalisierung bei den KMU werde gemeinhin überschätzt, viele seien «noch längst nicht so weit». Die Stärke der kleinen Unternehmen liege in der Flexibilität und dem schnellen Austausch unter den Mitarbeitern. Vieles davon bleibe auf der Strecke, wenn alle daheim arbeiten müssten.
Begrüsst wird von Buser hingegen, dass der Bundesrat am Mittwoch die Härtefallgelder um 5 auf 10 Milliarden Franken aufgestockt und die Kurzarbeit verlängert hat. Dies sei die logische Konsequenz: Für den Schaden, der wegen angeordneter Schliessungen und Einschränkungen entstehe, müsse Schadenersatz geleistet werden.
Doch reicht das Geld der öffentlichen Hand aus, um eine grössere Konkurswelle zu verhindern und den meisten betroffenen Unternehmen über die Krise hinwegzuhelfen? «Ja, ich sehe das derzeit so», sagt Buser. Speziell der Kanton Baselland mache seine Aufgabe mit der Unterstützung der Betriebe sehr gut, wie die Rückmeldungen der Firmen zeigten. Dies allerdings zum Preis einer wachsenden Verschuldung, was ihm grosse Sorgen bereite. «Dass diese Krise früher oder später steuerliche Auswirkungen haben wird, ist unvermeidlich.»