Ein Pfarrer zum Anfassen
29.12.2020 Bezirk Waldenburg, Kirche, ZiefenPfarrer Hans Bollinger geht in Pension
Nach 35 Jahren im Dienst der Kirchgemeinde Ziefen-Lupsingen-Arboldswil blickt Pfarrer Hans Bollinger auf eine intensive Zeit mit vielen schönen Erinnerungen zurück. Nun geht Bollinger in den wohlverdienten Ruhestand.
Beat ...
Pfarrer Hans Bollinger geht in Pension
Nach 35 Jahren im Dienst der Kirchgemeinde Ziefen-Lupsingen-Arboldswil blickt Pfarrer Hans Bollinger auf eine intensive Zeit mit vielen schönen Erinnerungen zurück. Nun geht Bollinger in den wohlverdienten Ruhestand.
Beat Ermel
Aufgewachsen ist Hans Bollinger im Sihltal, im Kanton Zürich. Der Wechsel ans Gymnasium in der Stadt Zürich war eine grosse Herausforderung. Ihm, dem Landmenschen, fiel es schwer in dieser Wissensfabrik. Er wechselte ans Lehrerseminar EMS, der Evangelischen Mittelschule Schiers im Bündner Prättigau. Bollinger kann sich noch gut erinnern, dass er an der Abschlussprüfung nach der Pädagogik von Heinrich Pestalozzi, also dem Lernen mit Kopf, Herz und Hand gefragt worden sei. Ihm sei damals klar geworden, dass er den Schwerpunkt auf das Herz legen will – ein Herzmensch. Diese Erkenntnis war prägend für seine ganze spätere Laufbahn als Lehrer und Pfarrer.
Den Lehrerberuf startete er mit einer schwierigen neunten Klasse in Rhäzüns. Dies war ein erster Sprung ins kalte Wasser. Später fragte ihn ein Freund aus seiner Seminarklasse für eine Stellvertretung für die Gesamtschule (4. bis 8. Klassen) in Lauwil an. Weitere Stellvertretungen folgten, während des Studiums etwa in der BWK in Reigoldswil.
Parallel dazu habe er sich für das Studium der Theologie an der Uni Basel entschieden, wo er sich ergänzend an der kirchlich-theologischen Schule (KTS) dem Studium der alten Sprachen (Griechisch, Lateinisch, Hebräisch ) widmete. Nach dem anschliessenden einjährigen Praktikum als Vikar beim damaligen Pfarrer und Kirchenrat Benedikt Steiger in Reigoldswil, standen nun alle Türen für ein eigenes Pfarramt offen.
Ausgleich im Rebberg
Aus 40 Anfragen gab er der Kirchgemeinde Ziefen-Lupsingen-Arboldswil den Vorrang. Nach der Installation am 1. Dezember 1985 war dies der zweite Sprung ins kalte Wasser. «Neu im Einzelpfarramt durfte ich neben meiner ersten Beerdigung und vier Taufen sogleich die verschiedenen Dorf- und Schulweihnachtsfeiern mitbestreiten», erzählt er.
Nun, nach 35 Jahren im Dienst der Kirchgemeinde, blickt Pfarrer Hans Bollinger auf eine intensive Zeit mit sechs Kirchenpflegepräsidenten und einer mit viel Herzblut ausgeführten, vielseitigen pfarramtlichen Tätigkeit zurück. Die Zeit als Einzelpfarrer war eine riesige Herausforderung. «Drei politisch autonome Gemeinden, die eine Kirchgemeinde bilden, je mit einer eigenen Dorfstruktur, das war schon happig. Der Religionsunterricht, zusammen mit dem ‹Konf›-Unterricht in den drei Dörfern, war mit bis zu 14 Stunden die Woche auch nicht gerade wenig», sagt er. Neben der Arbeit als Pfarrer war da auch noch die Vaterrolle für drei Kinder zu bewältigen. Seinen persönlichen Ausgleich fand er jeweils im Ziefner Rebberg und im pfarrherrlichen Pflanzgarten. Die Bewilligung einer vollen zweiten Pfarrstelle 1996/99 brachte schliesslich den Wechsel zum Pfarrteam.
Brücken zwischen Jung und Alt
Bollinger war es stets wichtig, junge Leute abzuholen und zu begeistern. Sein Motto: «Nicht austreten, sondern auftreten.» Es sei doch eine Chance, wenn die jungen Leute mitgestalten und Verantwortungsträger werden können. So erinnert er sich gerne an die Zeit, als es noch eine Sonntagsschule, eine Kinderlehre, eine Jungschar und eine Junge Kirche gab.
Die Erwartungen der gestandenen Jahrgänge an den Gottesdienst waren mit jenen der Konfirmandinnen und Konfirmanden nicht immer deckungsgleich bei der Musik-, Lieder- und Themenwahl. So galt es immer wieder, zwischen Jung und Alt Brücken zu schlagen.
Die durchgeführten Kirchgemeindereisen nach Israel, Jordanien, Ägypten und in die ehemalige DDR (auf den Spuren von Martin Luther und Musikgenie Johann Sebastian Bach), aber auch die Seniorenferien sowie die Konfirmandenausflüge und -lager waren jeweils Höhepunkte im pfarramtlichen Kirchenjahr.
Verschiedene realisierte Projekte werden auch in Zukunft an die Ära Bollinger erinnern: Da sind einmal die Gemeinderäumlichkeiten der Pfarrscheune, die ausgebaute Sigristenscheune, aber auch die Innenrenovation der Kirche mit dem Einbau der Buntglasscheiben des Ziefner Bürgers aus Birsfelden, Georg Matt.
«Den anstehenden Ruhestand kann ich mir noch gar nicht so recht vorstellen», sagt Hans Bollinger. Was als Nächstes anstehe, sei das Zügeln aus dem Pfarrhaus in eine kleine Wohnung in Titterten. Er freue sich, im Baselbiet zu bleiben. Hier habe er sein Beziehungsnetz und viele herzliche Kontakte. Zudem habe er auch noch ein Projekt in den Vogesen, wo die Familie vor 30 Jahren eine alte Mühle mit Rebland übernehmen konnte. Dort stehe so einiges an Arbeit an.
Obwohl in der neuen Agenda noch kein einziger Termin eingetragen ist, wird es dem Ziefner Pfarrer Bollinger sicher nicht langweilig werden. Andere Jahre war die Agenda zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich vollgeschrieben. «Au revoir», sagt Pfarrer Bollinger – und freut sich damit auf ein Wiedersehen. Gerne sei er bereit, der Kantonalkirche bei Bedarf mit einer Stellvertretung einen Dienst zu erweisen.
Was wird aus dem Ziefner Pfarrhaus?
be. Wie zu erfahren war, wird nach dem Auszug des Pfarrers einiges umgebaut werden. Noch sei nicht entschieden, ob es auf den beiden Stockwerken Mietwohnungen oder Büroräumlichkeiten und eine Wohnung geben wird.