Mit Dampf gegen das Unkraut
13.10.2020 Baselbiet, Zunzgen
Elmar Gächter
Bald sind es 20 Jahre her, seit der Bundesrat mit seiner Verordnung zur Chemikalien-Risikoreduktion die Verwendung von Unkrautvertilgungsmitteln oder Herbiziden an Strassen, auf Wegen und Plätzen sowie auf Dächern und Terrassen verboten hat. ...
Elmar Gächter
Bald sind es 20 Jahre her, seit der Bundesrat mit seiner Verordnung zur Chemikalien-Risikoreduktion die Verwendung von Unkrautvertilgungsmitteln oder Herbiziden an Strassen, auf Wegen und Plätzen sowie auf Dächern und Terrassen verboten hat. Dieses Verbot gilt sowohl für die öffentliche Hand als auch für Private. Der Gifteinsatz ist nur für die Einzelstockbehandlung von Problempflanzen bei National- und Kantonsstrassen sowie auf Böschungen und Grünstreifen entlang von Strassen und Gleisanlagen erlaubt. Und dies auch nur dann, wenn diese Pflanzen nicht mit anderen Massnahmen wie etwa regelmässigem Mähen erfolgreich bekämpft werden können. Längst haben sich die Betriebe von Gemeinden und Kanton entsprechend eingerichtet und bekämpfen das Unkraut umweltschonend. Die entsprechenden Vorgehensweisen und die eingesetzten Mittel sind allerdings unterschiedlich und die Suche nach den besten Bekämpfungsmethoden ist da und dort noch im Gange.
180 Grad sollens richten
So auch in der Gemeinde Zunzgen, wo das Team des Werkhofs verschiedene Verfahren testet, um dem Jät effizient und langfristig Herr zu werden, ausschliesslich auf ökologischer Basis. «Früher kam auch hier Gift zum Einsatz und Herbizide haben auch heute noch ihre Berechtigung, wenn man sie punktuell, beispielsweise gegen Neophyten, einsetzt.
Wir in Zunzgen verwenden jedoch generell kein Gift mehr», sagt Ueli Abt, stellvertretender Leiter des Werkhofs. Stattdessen ist Handarbeit angesagt, kombiniert mit dem Einsatz von mechanischen Geräten wie Fadenschneider und Rasenmäher. Dabei erwarte die Bevölkerung «Sauberkeit» vor allem auf dem Friedhofsareal, während beispielsweise auf dem Mergelplatz beim alten Schulhaus die Toleranz grösser sei. «Unkraut ist ja nicht von Haus aus schlecht, und es darf durchaus auf Plätzen auch ein wenig grün sein», ist Abt überzeugt.
Nicht zuletzt, um den relativ grossen zeitlichen Aufwand zu reduzieren, prüft das Werkhofteam zurzeit verschiedene Alternativen. Getestet wurde der Einsatz von heissem Wasser, das mit rund 100 Grad über die Pflanzen gespritzt wird und ihre Zellen so spaltet, dass sie nach ein paar Tagen welk werden. Dabei kommt ein dieselbetriebener Stromgenerator auf einem Anhänger mit grossem Hochdruckreiniger zum Einsatz. «Diese Methode hält allerdings nicht lange hin und das Unkraut wächst schnell nach. Da haben wir mit dem Fadenmäher praktisch die gleiche Wirkung», so Abt.
Mehr verspricht er sich vom sogenannten Flächendämpfer. Er trägt 180 Grad heissen Dampf auf den Boden auf und löst in der Wurzel und in den Keimen und Zellen einen Eiweissschock aus. Die Pflanze kann so kein Wasser mehr aufnehmen und geht kaputt. Laut Angaben der Fabrikantin arbeitet dieses Gerät ohne Chemie und ist für Lebewesen ungefährlich. «Diese Methode ermöglicht einen effizienten grossflächigen Einsatz und hat eine gute Langzeitwirkung», so Ueli Abt. Allerdings sieht er in Anbetracht der vermehrt auftretenden Trockenheit einen Widerspruch, wenn Wasser zur Bekämpfung der Pflanzen eingesetzt werden muss.
Warum nicht wachsen lassen?
Auch das kantonale Tiefbauamt setzt gegen das Unkraut auf seinen Strassen auf den Heisswasserdampf und hat deshalb für alle drei Kreise zusammen ein entsprechendes Fahrzeug angeschafft. Es fährt im Schritttempo dem Strassenrand entlang und dampft das Unkraut über einen steuerbaren Sprühbalken ab. Bereits nach einem Tag stirbt es ab. Für Markus Ritter aus Buus, der im Kreis 1 des Tiefbauamts in Reinach für die Reinigung und Grünpflege verantwortlich ist, muss der Einsatz jedes Jahr bis zu fünf Mal wiederholt werden. «Für mich ist es eher Symptombekämpfung. Viel effizienter ist es, die Pflanzen gar nicht aufkommen zu lassen, indem man die Fugen zwischen Fahrbahn und Randstein ausgiesst», so Markus Ritter.
Auch die Nationalstrassen Nordwestschweiz AG (NSNW) haben den Einsatz von Wasserdampf getestet. Dieses Gerät kommt vor allem deshalb nicht infrage, weil sein Einsatz aufwendige Sperrungen von Fahrbahnen zur Folge hätte. Kostengünstiger ist es auch hier, die Fugen auszugiessen. «Auf den Rastplätzen hingegen reissen wir das Unkraut aus, scharren es ab oder lassen es eine gewisse Zeit einfach wachsen», sagt Rolf Mangold, Leiter der Grüngruppen bei der NSNW.
Auch Ueli Abt stellt sich die Frage, ob man wirklich auf allen Wegen und Plätzen möglichst jedes Unkraut bekämpfen muss. «Ich denke, es ist jetzt eine günstige Zeit, sich über die künftige Philosophie Gedanken zu machen. Es braucht einen Grundsatzentscheid, wie sauber das Dorf sein soll. Und wir als Gemeinde müssen in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle übernehmen», ist er überzeugt. Zusammen mit dem Gemeinderat wird er sich über das weitere Vorgehen Gedanken machen und hofft, möglichst schnell einen auch für die Bevölkerung gangbaren Mittelweg zu finden.