S9-Protest mittels Resolution
24.09.2020 Baselbiet, Verkehr, PolitikLandrat soll sich an den Bundesrat wenden
Die Buckter SP-Landrätin Sandra Strüby legt dem Landrat heute eine Resolution vor. Das Kantonsparlament soll damit beim Bundesrat fordern, dass das «Läufelfingerli» den Betrieb so rasch wie möglich wieder aufnimmt. Zudem schlägt Strüby vor, ...
Landrat soll sich an den Bundesrat wenden
Die Buckter SP-Landrätin Sandra Strüby legt dem Landrat heute eine Resolution vor. Das Kantonsparlament soll damit beim Bundesrat fordern, dass das «Läufelfingerli» den Betrieb so rasch wie möglich wieder aufnimmt. Zudem schlägt Strüby vor, dass im Bereich Sommerau ein zweites Gleis gelegt wird, um die Kapazität der Strecke zu erhöhen.
David Thommen
«SBB lässt eine Region im Stich», lautet der Titel der Resolution, die heute dem Kantonsparlament von der Buckter SP-Landrätin Sandra Strüby und zahlreichen Mitunterzeichnern dringlich vorgelegt wird. Stimmt der Landrat einerseits der Dringlichkeit sowie in einem zweiten Schritt dem Inhalt mit einer Zweidrittelmehrheit zu, erhält der Bundesrat umgehend Post aus dem Baselbiet: Die Landesregierung wird aufgefordert, beim zuständigen Bundesamt für Verkehr sowie bei den SBB «mit Nachdruck» zu verlangen, dass die derzeitige «Betriebsstörung auf der Strecke S9» nur noch möglichst kurz dauert.
Die seit Anfang September weitgehende Einstellung des «Läufelfingerli»-Schienenbetriebs und die Umstellung während dreier Monate auf Busbetrieb wurde von den SBB mit Lockführermangel begründet. Strüby in ihrer Resolution: «Es muss verhindert werden, dass die massive Einschränkung beim Betrieb der S9 über den Fahrplanwechsel vom 13. Dezember hinaus andauert.» Gleiches gelte für den eingeschränkten Betrieb des Flughafenzugs von Pratteln nach Zürich-Flughafen.
Zweites Gleis bei der Sommerau?
Für die Buckter SP-Landrätin bringe der Bahnersatzbus auf der Strecke Sissach-Läufelfingen-Olten eine «unzumutbare Reisezeitverlängerung» mit sich und sei kein adäquater Ersatz für die Bahn. Speziell stört sich Strüby daran, dass mit der BLT und der BOGG (Busbetriebe Olten Gösgen Gäu) zwei verschiedene Unternehmen die Busstrecke betreiben. Dadurch müsse nicht nur in Läufelfingen umgestiegen werden, sondern es werde den Passagieren auch eine knapp zehnminütige Wartezeit zugemutet. Die Reisezeit verlängere sich dadurch unnötig.
Zur selben Thematik reicht Strüby an der heutigen Landratssitzung gleich auch noch ein Postulat ein. Und zwar ist absehbar, dass während der ab 2023 geplanten jahrelangen Sanierung des Hauensteintunnels zwischen Tecknau und Olten die Homburgertallinie als Ausweichstrecke gebraucht und deshalb die S9-Linie wiederum auf Busbetrieb umgestellt wird. Strüby fordert in ihrem Postulat den Baselbieter Regierungsrat auf, sich beim Bahnersatzbus «für eine möglichst gute Lösung einzusetzen» und rechtzeitig das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen. Strüby regt zudem an, den Einbau eines zweiten Gleises im Bereich Sommerau zu prüfen, damit Züge auf der bislang einspurigen Strecke kreuzen können. Ein solches war früher vorhanden. «Die Kapazität der Strecke könnte damit deutlich erhöht werden», so Strüby gegenüber der «Volksstimme».
Im Vordergrund steht heute Donnerstag allerdings eindeutig die Resolution. Strüby am Dienstag zur «Volksstimme»: «Ich werde bis zur Landratssitzung versuchen, möglichst viele Landräte von links bis rechts ins Boot zu holen.» Die Empörung über den Entscheid der SBB, das «Läufelfingerli» kurzerhand so gut wie stillzulegen, sei überall gross. Das habe sich zuletzt auch im Nationalrat gezeigt. Dort wurden von der Baselbieter Delegation gleich mehrere Vorstösse zum Thema eingereicht. Während der Fragestunde dämpfte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga allerdings die Hoffnungen, dass auf der Linie S9 vor dem 13. Dezember wieder Normalität einkehren wird.
Deutliche Unzufriedenheit mit den SBB wird auch in einem dritten Vorstoss geäussert, der heute aus den Reihen der SP eingereicht wird. Und zwar verlangt Jan Kirchmayr (SP, Aesch) die Einführung eines Bonus-Malus-Systems. Ein solches kennt der Zürcher Verkehrsverbund. Dort besteht die Vereinbarung, dass die SBB für Pünktlichkeit, Sauberkeit sowie einer guten Information der Fahrgäste finanziell belohnt werden. Stimmt die Leistung der SBB hingegen nicht, gibt es einen Malus. 2013 wurde ein solches System im Baselbiet getestet, danach aber nicht definitiv eingeführt, da nicht alle am Tarifverbund Nordwestschweiz beteiligten Kantone mitmachen wollten.
Bessere Qualität
Kirchmayr fordert nun, dass das Bonus-Malus-System mit den SBB ausgehandelt wird – zwecks Qualitätssicherung. Die seit einiger Zeit zu beobachtende Unzuverlässigkeit der SBB schade der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs massiv, heisst es in der Begründung des Vorstosses. Detail am Rande: Der heutige Baudirektor – und damit der für den öV Zuständige – Isaac Reber (Grüne, Sissach) hatte 2011 noch als Landrat ein Postulat eingereicht, mit dem er genau ein solches Bonus-Malus-System gefordert hatte.
Sandra Strüby setzt nun auf den Landrat – und auch auf den Nachbarkanton, der ebenfalls vom «Läufelfingerli» profitiert: «Ich habe unsere Vorstösse einer Solothurner Kollegin weitergegeben und hoffe, dass diese auch im Solothurner Kantonsrat eingereicht werden.»
Ein weiteres Postulat im Landrat zum «Läufelfingerli» kommt aus den Reihen der Grünen. Verlangt wird die Prüfung, ob der Betrieb der Linie S9 neu ausgeschrieben und beispielsweise in die Hände von BLT oder BLS gelegt werden könnte (siehe «Volksstimme» vom 10. September, Seite 4).