Gabholz ist nicht Gantholz
01.09.2020 Bezirk Sissach, Landwirtschaft, SissachDie Pandemie drückt auf den Brennholzabsatz
Coronabedingt hat der Bürgerrat die Gabholzverlosung fünf Monate später als üblich und als Freiluftanlass auf dem Trottoir vor der «Wacht» durchgeführt.
Otto Graf
Gabholz und Gantholz tönen akustisch ähnlich. ...
Die Pandemie drückt auf den Brennholzabsatz
Coronabedingt hat der Bürgerrat die Gabholzverlosung fünf Monate später als üblich und als Freiluftanlass auf dem Trottoir vor der «Wacht» durchgeführt.
Otto Graf
Gabholz und Gantholz tönen akustisch ähnlich. Und beide haben die gemeinsame Eigenschaft, dass es um das Heizen geht. Aber es gibt gewichtige Unterschiede. Gabholz – der Baselbieter spricht von «Gobholz» – ist, der Name sagt es, eine Gabe, hat jedoch nichts mit einer milden Gabe zu tun. Es handelt sich um einen Nutzen, den die waldbesitzenden Bürgergemeinden und Einwohnergemeinden an Bezugsberechtigte abgeben können.
So steht es sinngemäss im kantonalen Waldgesetz. Die Details sind in den Gabholzreglementen geregelt. So besagt das Gabholzreglement der Bürgergemeinde Sissach, dass Bürgerinnen und Bürger von Sissach, die im Baselbiet wohnen und mündig sind, ein Anrecht auf Gabholz haben. Die Bezugsmenge beschränkt sich auf eine Gabe pro Haushalt. Der Bürgerrat legt jährlich die Grösse in Ster sowie den Preis der Gabe fest und publiziert den Termin der Verlosung, wobei der Begriff «Verlosung» etwas hochgegriffen ist.
Denn es handelt sich eigentlich um eine Zuteilung. Und die Gabe hat ihren Preis. Das Holz selbst kostet zwar nichts, daher der Begriff «Gabe». Hingegen haben die Bezügerinnen und Bezüger das Aufrüsten des Holzes, den Macherlohn, zu berappen. Heuer, wie auch in den Vorjahren, kosteten 2 Ster waldfrische Buchenspälte 140 Franken.
Coronabedingt fand die Gabholzverlosung der Bürgergemeinde Sissach rund fünf Monate später als üblich statt. Zudem wurde sie nicht in den engen Räumlichkeiten im Innern der «Wacht», sondern draussen auf dem Trottoir sozusagen als Strassenverkauf abgewickelt.
Kundenfreundliche Dienstleistung
Die «Volksstimme» hatte Gelegenheit, Bürgerratspräsident Christoph Tschan, Waldchef Stephan Häfelfinger und Bürgerrat Niggi Bärtschi bei der Aktion über die Schulter zu schauen. «Wegen der Pandemie setzen wir heuer deutlich weniger Gabholz als die sonst üblichen 80 bis 100 Ster ab», erklärte Tschan. Auch das warme Wetter, fügte er an, sei dem Verkauf von Brennholz nicht unbedingt förderlich.
Während das Personal des Zweckverbands Forstrevier Sissach das Holz aufrüstet, obliegt das Verkaufen der Bürgergemeinde. Das Holz muss bar bezahlt und bis Ende Jahr abgeführt werden. Der Zweckverband bietet der Käuferschaft von Brennholz allgemein eine ganze Palette an Dienstleistungen an, die weit über das Abführen des Holzes aus dem Forst hinausgehen. Je nach Wunsch liefern die Forstfachleute gegen Verrechnung das Holz gesägt, gespalten und getrocknet an den vom Käufer bestimmten Ort und stapeln es dort, wenn es sein muss, gleich auf.
Nur Bürgerinnen und Bürger haben ein verbrieftes Recht auf den Holznutzen. Ganz anders ist es bei der Holzgant. Diese ist öffentlich und findet in der Regel im Frühjahr statt. Ungeachtet des Wohnsitzes und der Nationalität darf jedermann daran teilnehmen, die Frauen inbegriffen. Nur in Rünenberg wollen die Männer an der Gant unter sich sein.
Namentlich im oberen Kantonsteil hat sich die Brennholzgant bis heute behauptet und sich im Lauf der Zeit zu einem kulturellen Ereignis gewandelt. Ausgehend vom Schatzungspreis bestimmen die Teilnehmenden durch Bieten und Überbieten den Preis des Holzes. Der Gantmeister schlägt dabei den betreffenden Ster dem Meistbietenden zu. Neulinge an der Sissacher Gant sollten aber vorsichtig sein. Bemerkungen wie etwa «schönes Holz» – dabei gibt es gar kein anderes – wertet der gestrenge Gantmeister automatisch als ein um 2 Franken höheres Gebot des Betreffenden.
Fragwürdiges Reglement
og. Einst gab es im Gabholzreglement einer Bürgergemeinde eine Bestimmung, nach der ein Einpersonenhaushalt lediglich Anspruch auf eine halbe Gabe Gabholz hatte. Das führte zur grotesken Situation, dass eine Witwe nach dem Tod ihres Mannes nur noch die Hälfte des vergünstigten Holzes bekommen hätte. In der Praxis sah es wesentlich humaner aus. Es sei unmenschlich, wurde erwähnt, eine Witwe in einer ohnehin schwierigen Situation zusätzlich zu bestrafen, indem man ihr die Holzration kürzt. Dabei brauche diese Frau nach dem Verlust ihres Mannes doch besonders viel Wärme. Diese Erkenntnis setzte sich durch. Das Reglement wurde geändert.