Polizeieinsatz unter Wasser
04.08.2020 Baselbiet, Polizei, Porträt, Hölstein, Bezirk WaldenburgRemigius Röthlisberger fahndet in Gewässern nach Deliktgegenständen und Leichen
Als Polizist im Aussendienst setzt sich Remigius Röthlisberger für den Schutz der Bevölkerung ein. Als Polizeitaucher der Sondereinheit Orca birgt er unter anderem Tatwaffen aus den Gewässern der ...
Remigius Röthlisberger fahndet in Gewässern nach Deliktgegenständen und Leichen
Als Polizist im Aussendienst setzt sich Remigius Röthlisberger für den Schutz der Bevölkerung ein. Als Polizeitaucher der Sondereinheit Orca birgt er unter anderem Tatwaffen aus den Gewässern der Nordwestschweiz. Tauchen ist für ihn aber weit mehr als nur ein Beruf.
Anna Uebelhart
Remigius Röthlisberger ist Polizist bei der Polizei Baselland. Seit sechs Jahren arbeitet er im Polizeistützpunkt in Liestal. Seit fünf Jahren ist er Mitglied der Sondereinheit Orca, die für polizeiliche Taucheinsätze zuständig ist. Der 43-Jährige birgt dabei Tatwaffen, verlorene Gegenstände, Fahrzeuge, Diebesgut und manchmal auch Leichen aus den Gewässern in der Nordwestschweiz.
Die Affinität zum Wasser begleitet Röthlisberger schon sehr lange. «Die Leidenschaft zum Tauchen habe ich zur Polizei mitgebracht», sagt der Hölsteiner. Er hat im Ausland und in der Schweiz als Tauchlehrer gearbeitet. Auch privat bildet er Tauchschüler aus. Der Polizist betont aber den Unterschied zwischen Sporttauchen und seiner beruflichen Tätigkeit: Beim Sporttauchen stehe «Fun» im Vordergrund. Beim Tauchen bei der Polizei hingegen gehe es um konzentriertes und verantwortungsbewusstes Arbeiten. Auch die Gewässer seien unterschiedlich. Die Orte, an denen die Polizei taucht, sind für Sporttaucher meistens uninteressant oder aber gefährlich.
Einsatzgebiet Nordwestschweiz
Die Sondereinheit Orca, der Röthlisberger angehört, ist für alle Gewässer der Nordwestschweiz zuständig, egal ob Fluss oder See. Es wird da getaucht, wo das Wasser zum Stehen zu tief ist. Erst ab 40 Metern Wassertiefe übernehmen Spezialtaucher. Wie oft die Sondereinheit ausrücken muss, lässt sich nicht genau beziffern. Die Anzahl Einsätze der Polizeitaucher pro Jahr variiert. Manchmal werden sie dreimal in einer Woche angefordert. Es komme aber auch vor, dass zwei bis drei Wochen lang gar nichts geht, sagt Röthlisberger.
10 bis 15 Prozent seines Arbeitspensums gelten dem Tauchen. Während einer Woche im Monat muss er beim Pikettdienst rund um die Uhr auf Abruf für Taucheinsätze zur Verfügung stehen.
Diebesgut und Tatwaffen
Ein grosser Teil der Arbeit bei den Polizeitauchern besteht darin, nach Tatwaffen zu suchen, welche die Täterschaft im Wasser entsorgt hat. Auch Fahrzeuge oder gestohlene Gegenstände kommen bei manchen Tauchgängen zum Vorschein. Hin und wieder gebe es lustige Zufälle, erzählt Röthlisberger. So hat er vor einem Jahr bei einem Training im Rhein bei Pratteln eine Smart Watch aus dem Wasser geholt. Sie war zwar völlig verschlammt, trotzdem versuchte er sie aufzuladen und tatsächlich: Die Uhr lief noch und ihr Besitzer konnte ausfindig gemacht werden. Bei der Übergabe erfuhr Röthlisberger, dass dieser seine Uhr vier Monate zuvor beim Schwimmen verloren hatte.
Neben solchen erfreulichen Ereignissen gibt es für die «Orcas» auch die schwierigen Momente. «Die Suche nach einer vermissten Person mit anschliessender Bergung einer Leiche ist für alle belastend», sagt er. Dieses wie auch vergangenes Jahr hatte die Sondereinheit Einsätze dieser Art. Es passiere zwar selten, aber es gehöre zum Job. Man müsse – und das gelte für den Polizeiberuf generell – mit der Zeit eine gewisse Distanz zu solchen Situationen aufbauen, so Röthlisberger. Der Dialog im Nachhinein spiele dabei eine wichtige Rolle.
Alleingänge sind tabu
Im Sommer trainieren die Polizeitaucher zweimal im Monat, im Winter einmal. Geübt wird in einem Gewässer in der Umgebung. Das regelmässige Training und die Weiterbildungen sind wichtig. So können die Taucher in Ernstsituationen einen kühlen Kopf bewahren und Gefahren vorzeitig abschätzen. Ebenfalls um Risiken zu minimieren, gehen die Polizeitaucher immer zu zweit ins Wasser. «Alleingänge gibt es nicht», so Röthlisberger. Getaucht wird bei jeder Witterung. Nur wenn ein Gewässer nach Regenfällen viel Wasser führt und die Strömung dadurch sehr stark ist, wird der Einsatz verschoben.
Wer Polizeitaucher bei der Sondereinheit Orca werden möchte, muss die Polizeiausbildung absolviert haben und eine Grundausbildung im Tauchen vorweisen können. Intern werden die Neueinsteiger dann von Tauchlehrern weiter ausgebildet, bis sie einsatzfähig sind. In einem Auswahlverfahren mit verschiedenen Probeläufen wird dann entschieden, wer ins Team aufgenommen wird. Ein wichtiges Kriterium dafür ist Vertrauen. Denn die Polizeitaucher müssen sich im Ernstfall auf einander verlassen können.
Remigius Röthlisberger ist für die Baselbieter Polizei nicht nur im Wasser tätig. Die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er im Aussendienst, wo seine Tätigkeit bei der Polizei vor sechs Jahren im Anschluss an die Polizeischule begann. Ansonsten betreut er die Social-Media-Kanäle der Polizei Baselland.
Welchen Teil seines Berufs er am meisten schätzt, kann er nicht sagen. «Ich bin ein kreativer Mensch, weshalb ich mich im Social-Media-Bereich wohlfühle. Das Tauchen war sowieso schon immer eine Leidenschaft», sagt der Hölsteiner. Er sei aber auch ein hilfsbereiter Mensch und biete den Menschen gerne die Unterstützung an, die sie in schwierigen Situationen brauchen. Deswegen passe auch die Tätigkeit als Polizist im Aussendienst zu ihm. Es sei perfekt, dass sich alle Bereiche in seinem Beruf kombinieren lassen.