Sander van Riemsdijk
Stirbt die Hoffnung zuletzt? Mit klaren Worten liess Präsident Fabio Fedriga vergangenen Freitag an der Generalversammlung der Fasnachtsgesellschaft Sissach die versammelten 44 Mitglieder der verschiedenen Fasnachtsvereine zwar wissen, dass «es zum ...
Sander van Riemsdijk
Stirbt die Hoffnung zuletzt? Mit klaren Worten liess Präsident Fabio Fedriga vergangenen Freitag an der Generalversammlung der Fasnachtsgesellschaft Sissach die versammelten 44 Mitglieder der verschiedenen Fasnachtsvereine zwar wissen, dass «es zum jetzigen Zeitpunkt und aufgrund der momentanen Situation nicht möglich ist zu sagen, ob eine Fasnacht 2021 stattfinden wird». Um dann gleich bestimmt nachzuschieben, dass «wir ab heute trotzdem mit der Organisation anfangen».
Die Fasnachtsgesellschaft möchte alles daransetzten, dass eine Fasnacht durchgeführt werden kann. In welcher Form, wird von den zum gegebenen Zeitpunkt geltenden Bestimmungen zur Corona-Pandemie abhängig sein. Voraussetzung ist, dass es keine alles umfassende behördliche Absage wie im vergangenen Februar geben wird.
Die erste Handlung des Vorstands sieht die Bestellung von Plaketten in geringerem Umfang als sonst üblich vor, auch wenn diese bei einer allfälligen Absage der Fasnacht nur solidarischen Charakter hätten.
Enttäuschung und Verzweiflung
Der kurze Rückblick auf das vergangene Fansnachtsjahr war geprägt von Enttäuschung und Verzweiflung über die kurzfristige Absage zwei Tage vor dem Sissacher Umzug. «Tränen sind geflossen», sagte Kassierin Rebecca Badella in ihrem Bericht zur Jahresrechnung. Der Schock sass tief. Dank einer grossen Solidaritätswelle und des Verzichts von Firmen und sonstigen Dienstleistern auf finanzielle Forderungen sowie eines einmalig erfolgreichen Plakettenverkaufs am Fasnachtssonntag konnte ein grosses Loch in der Kasse vermieden werden.
Die Jahresrechnung wurde von der Versammlung diskussionslos angenommen. Ebenfalls einstimmig und von einem grossen Applaus begleitet wurde der ganze Vorstand mit dem Präsidenten Fabio Fedriga für ein weiteres Jahr in seinen Ämtern bestätigt. Im Wissen, dass die Hoffnung auf eine kommende Fasnacht zuletzt stirbt, und mit den Schlussworten von Fabio Fedriga – «Wir schauen vorwärts und sind startbereit.» – wurden die hitzegeplagten Mitglieder nach einer guten halben Stunde in den Sissacher Abend entlassen.
NACHGEFRAGT/FABIO FEDRIGA, PRÄSIDENT FASNACHTSGESELLSCHAFT SISSACH
«Auch die Vorbereitung ist Fasnacht»
Fasnacht 2020 abgesagt; Fasnacht 2021 unsicher: Es gibt im Moment angenehmere Aufgaben als das Präsidium einer Fasnachtsgesellschaft. Haben Sie sich schon einmal gewünscht, nicht in dieser Rolle zu stecken?
Fabio Fedriga: Schon einige Male. Solche Situationen will man nicht erleben. Als Andi Lutz noch Präsident war und der Fasnachtsumzug einmal wegen massiven Schneefalls in Gefahr war, dachte ich, dass ich nicht in dessen Haut stecken möchte, entscheiden zu müssen. Als am Freitag vor der Fasnacht 2020 der Bundesrat entschieden hat, dass Grossveranstaltungen nicht stattfinden dürfen, habe ich mich für einen Moment gefragt: «Warum mache ich das?». Aber dann habe ich funktioniert: Ich trommelte den Vorstand zusammen, wir haben gemeinsam entschieden, alles abzublasen und so rasch wie möglich alle Bestellungen rückgängig gemacht, um den finanziellen Schaden in Grenzen zu halten. Aber das Handtuch tatsächlich zu werfen kommt für mich nicht infrage – insbesondere in so einer Situation nicht. Der Kapitän verlässt das schlingernde Schiff nicht.
… sondern hält es voll auf Kurs in Richtung Fasnacht 2021. Sind Sie da nicht zu optimistisch?
Wir gehen bei unserer Planung immer davon aus, was im Moment machbar wäre und passen diese laufend den coronabedingten Voraussetzungen an. Wenn beispielsweise der Umzug am Sonntag nicht stattfinden kann, bedeutet das nicht, dass die ganze Fasnacht gestrichen werden muss. Wir haben viele kostbare, auch kleinere Veranstaltungen und wir haben viel mehr Vorlaufzeit, um diese den Begebenheiten anzupassen, beispielsweise mit Sektoren, um die Abstände einhalten zu können. Solche Möglichkeiten hatten wir bei der vergangenen Fasnacht nicht, zudem wussten wir damals alle nicht annähernd so viel über das Virus und die Massnahmen, um dessen Verbreitung einzudämmen.
Und wenn letztlich doch alles gestrichen werden muss, wäre die ganze Vorbereitung wieder für die Katz’ …
Ganz und gar nicht. Die Fasnacht ist nicht nur der Zeitraum vom Umzug bis zur Chluriverbrennung. Die ganze Vorbereitung gehört für die Aktiven ebenso mit dazu. Als Wägeler hatte ich sechs Monate Fasnacht. Sie ist Vereinsleben, Hobby, Zeit mit Gleichgesinnten verbringen. Das muss unbedingt erhalten werden – Corona zum Trotz.
Wie nehmen Sie die Stimmung unter den Aktiven wahr?
Die meisten sind verunsichert, es ist eine Leere da. Sie fragen sich: «Machen wir ein Kostüm, eine Larve, bauen wir einen Wagen? Gehen wir das finanzielle Risiko ein?» Ich antworte: «Ihr müsst; trefft euch, bereitet euch vor, aber haltet euch bei den Bestellungen zurück. Wenn ihr nichts tut, besteht die Gefahr, dass das Vereinsleben einschläft.»
Interview Christian Horisberger