Die Eichen leiden kaum
28.08.2020 Baselbiet, NaturEichenprozessionsspinner auf dem Vormarsch
Auf unsere beiden heimischen Eichenarten sind rund 500 verschiedene Tier- und Pflanzenarten angewiesen. Darunter auch der Eichenprozessionsspinner, der im Siedlungsraum Gefahren birgt.
Brigitt Buser
Bald geht der Zyklus ...
Eichenprozessionsspinner auf dem Vormarsch
Auf unsere beiden heimischen Eichenarten sind rund 500 verschiedene Tier- und Pflanzenarten angewiesen. Darunter auch der Eichenprozessionsspinner, der im Siedlungsraum Gefahren birgt.
Brigitt Buser
Bald geht der Zyklus der Eichenprozessionsspinner wieder los, denn bereits im Herbst schlüpfen aus den ab Juli gelegten Eiern des unscheinbaren Nachtfalters die Raupen.
Die Jungraupe überwintert auf den bei uns heimischen Stil- und Traubeneichen, um sich dann ab April/Mai von den Blättern zu ernähren. In Jahren mit grosser Population weichen die Raupen zudem auch auf das Laub der Hainbuche aus, die nicht mit der Rotbuche verwandt ist, sondern zur Familie der Birkengewächse gehört. Dabei fressen sie die gesamte Gewebefläche des Blattes, lediglich die Mittelrippe und stärkere Seitenrippen werden verschmäht.
Zunächst noch autonom lebend, bilden die Raupen der Familie der Zahnspinner im Sommer Familienverbände in Form von Gespinstnestern am Stamm oder in Astgabeln ihres Wirts, um sich so vor Fressfeinden zu schützen. Im dritten der fünf bis sechs Larvenstadien entwickeln sich dann auch die mit Widerhaken ausgestatteten Brennhaare. Sie brechen bei Berührung leicht ab und sie können, auch nur durch den Wind verteilt, bei den Menschen lästige Hautausschläge verursachen. Durch das Einatmen der winzigen Härchen können auch Bronchitis, Husten und Asthma ausgelöst werden – zudem Schwindel und Fieber. Die mit Abstand häufigsten Verletzungen, die auf den Eichenprozessionsspinner zurückzuführen sind, sind Hautverbrennungen (Raupendermatitis).
Aus dem Süden ins Baselbiet
Die ursprüngliche Heimat des Eichenprozessionsspinners reicht von der Iberischen Halbinsel über Südund Mitteleuropa bis nach Südrussland und Vorderasien. Durch die Klimaerwärmung nördlich der Alpen hat er beschlossen, auch bei uns Fuss zu fassen. Zuerst in wärmer gelegenen Tälern wie dem Rhonetal und dem Engadin, mittlerweile sogar bis nach Schweden. Anzutreffen ist er dabei in lichten warmen Eichenwäldern, aber auch auf Einzelbäumen an Strassenrändern, in Parks oder an Waldrändern.
«Je mehr sich das Klima bei uns erwärmt, desto attraktiver wird auch unsere Region für den Eichenprozessionsspinner. Zudem haben wir in Basel einen hohen Anteil von Eichen im Wald, was ihm ein ausreichend grosses Futterangebot gewährleistet», erklärt Tamara Herzig vom Amt für Wald beider Basel auf Anfrage der «Volksstimme». «Wichtig zu wissen, dass dieser Organismus zu unserem Ökosystem gehört, und dies je länger, je mehr. Es handelt sich also nicht um etwas Aussergewöhnliches.» Da sich die Raupe von der Blattmasse der Eichen ernährt, könne dies bei einem grösseren Aufkommen dazu führen, dass der Zuwachs der Jahrringe im Jahr des Befalls geringer ausfalle. Vom waldbaulichen Standpunkt her sei dies nicht problematisch. Vor allem auch deshalb nicht, weil die Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners nicht jährlich auftreten. «In den Jahren dazwischen können sich die Eichen erholen», sagt Herzig weiter.
Für uns nicht ganz ungefährlich
Vom gesundheitlichen Standpunkt aus ist die Sache durchaus ernst zu nehmen: Ein Befall, insbesondere im Siedlungsgebiet, in Schulanlagen oder Parks, ist dringend der zuständigen Gemeinde zu melden. Diese sperrt in den meisten Fällen das Umfeld der befallenen Eiche ab und bringt Warntafeln an. Bei grösseren Befällen kann zum Schutz der Bevölkerung eine Spezialfirma zur Bekämpfung aufgeboten werden. Der Einsatz von chemischen Mitteln ist nicht zielführend, denn die toten Raupen sind weiterhin mit Brandhaaren versehen, was eine Verbrennung nicht ausschliesst.
Bei exponierten Eichen in Parks, an Strassen- oder Waldrändern ist eine Absperrung mit Hinweistafeln jedoch ausreichend. «Bei einem Befall im Wald wird grundsätzlich nichts unternommen. Der Einsatz von chemischen Bekämpfungsmitteln im Wald ist verboten. Hier liegt es in der Verantwortung der Waldgänger, befallene Eichen, wenn immer möglich, während der Monate Mai und Juni zu meiden», so Herzig weiter.
Eichen sind Bäume der Zukunft
In Anbetracht der zunehmend heissen Sommer ist damit zu rechnen, dass Fichten infolge des Borkenkäferbefalls sowie Buchen und Weisstanne aufgrund des Klimawandels und der damit verbundenen Trockenheit vermehrt leiden und absterben werden. Eichen hingegen kommen gut mit Trockenheit zurecht, daher werden sie als klimataugliche Baumart betrachtet. Waldbaulich stellt dies einen der Gründe dar, weshalb wir auf Eichen angewiesen sind und lernen müssen, mit dem Eichenprozessionsspinner umzugehen.
Wichtig ist auch die Förderung von Fressfeinden wie Fledermäusen (jagen die Nachtfalter), Wanzen, Schlupfwespen, Raupenfliegen sowie räuberischen Käfer- und Vogelarten, zum Beispiel Kuckuck oder Pirol. Auch wurde beobachtet, dass Kohlund Blaumeisen die noch jungen Eichenprozessionsspinner fressen.