«Der Preis war nie im Hinterkopf»
03.07.2020 Bezirk Sissach, Porträt«Der Preis war nie im Hinterkopf»
Trotz Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie hat Jillian Haag die Matur nun in der Tasche. An der Maturfeier räumte die Sissacherin, ganz zu ihrer Überraschung, den Novartis-Preis ab. Sie erzählt, was ihr in diesem Moment durch ...
«Der Preis war nie im Hinterkopf»
Trotz Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie hat Jillian Haag die Matur nun in der Tasche. An der Maturfeier räumte die Sissacherin, ganz zu ihrer Überraschung, den Novartis-Preis ab. Sie erzählt, was ihr in diesem Moment durch den Kopf ging und wie es für sie nach den 4 Jahren Gymnasium jetzt weitergeht.
Lara Uebelhart
Jillian Haag, aufgrund von Covid-19 war in diesem Jahr für die Maturanden und Maturandinnen vieles anders. Wie haben Sie Ihre Abschlusszeit erlebt?
Jillian Haag: Am Anfang war es sehr komisch. Wir wussten, Corona ist hier und es ist schlimm, aber die Konsequenzen waren uns noch nicht wirklich bewusst. Dann wurde immer mehr gestrichen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich meinen Lehrpersonen nur noch über die Videoplattform Zoom «Tschüss» sagen kann. Nach vier Jahren möchte man sich da schon angemessen verabschieden und sich bedanken. Und dann hat es zu einem Zeitpunkt so ausgesehen, als würden wir das Maturzeugnis per Post bekommen. Das fand ich wirklich nicht mehr lustig. Schliesslich war ich jetzt 13 Jahre in der Schule und habe mir doch wie alle anderen auch einen richtigen Abschluss verdient.
Immerhin: Eine Zeugnisfeier gab es dann doch.
Ich glaube, das Wichtigste während dieser Situation war es, das zu sehen, was man hat, und auch zu schätzen, dass man Zeit geschenkt bekommen hat. Klar, es wurde viel gestrichen und es war nicht der Abschluss, den man sich vorgestellt und gewünscht hat. Aber wir hatten jetzt doch eine Zeugnisfeier und es war unglaublich toll, das Zeugnis auf der Bühne abzuholen und nicht aus dem Briefkasten zu nehmen. Ich konnte mich auch noch von meiner Klasse und meinen Lehrern verabschieden und dann war es auch okay und in dieser Situation schon fast ein Luxus. Negatives haben wir ja eh schon genug. Deswegen ist es gut, wenn man sich am Positiven festhält.
Sie haben an der Zeugnisfeier den begehrten Basler Maturapreis der Novartis gewonnen. Haben Sie damit gerechnet?
Nein. Ich ging mit der Einstellung an die Feier, einfach mein Zeugnis abzuholen, und genau so bin ich nach der Zeugnisübergabe auch wieder auf meinen Stuhl gesessen. Ich habe überhaupt nichts mehr erwartet. Ich wusste nicht mal wirklich, was die Kriterien für den Preis sind. Als mir dann während der Laudatio irgendwann klar wurde, dass es tatsächlich um mich geht, war ich extrem überrascht und meine Freude war riesig. Mein Umfeld hat sich auch sehr mit mir und für mich gefreut.
Was, denken Sie, sind die Gründe dafür, dass Sie den Preis gewonnen haben?
Die Kriterien waren gute Maturitätsnoten, eine gute Sozialkompetenz und ein hohes Engagement an der Schule. Bei mir waren es unter anderem wahrscheinlich meine Theaterprojekte, dass ich mein Schwerpunktfach an der Sekundarschule vorgestellt habe und auch, dass ich mich beim Unesco-Projekt «Deutsch für Flüchtlinge» engagiert habe. Diese Engagements habe ich aber nicht gemacht, weil ich einen Preis oder Anerkennung erhalten wollte, sondern weil ich es einfach gerne mache. Beim Theaterkurs war ich dabei, weil es mir Freude bereitet, mich gefordert hat und es eine tolle Möglichkeit ist, auf eine ganz besondere Art kreativ zu sein. Die Preise sind nicht wichtig, sondern dass man mit dem Herzen dabei ist. Aus jedem Theaterstück und aus jeder Deutschunterrichtsstunde, an der ich teilnahm, konnte ich etwas mitnehmen. Und das liegt daran, dass ich freiwillig da war und es wirklich wollte. Der Preis war nie im Hinterkopf. Für mich war der wahre Gewinn, dass ich Menschen einen Abend ermöglichen konnte, an dem sie einfach abschalten, das Theaterstück geniessen und neue Eindrücke und Ideen erhalten konnten.
Mit dem Novartis-Preis gewinnt man auch Geld. Wofür werden Sie es einsetzen?
Ich habe ja erst vor einer Woche mein Zeugnis und den Preis erhalten, und das war so unerwartet, dass ich mir da gar keine Gedanken dazu gemacht habe. Wahrscheinlich lege ich das Geld zur Seite und schaue dann, wo es sich lohnt zu investieren.
Was waren für Sie die Highlights in Ihrer Zeit am Gymnasium Liestal?
Ich hatte wirklich mehrheitlich tolle Erfahrungen. Das Begegnen auf Augenhöhe, als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft angesehen zu werden, empfand ich am Gymnasium als sehr wertvoll. Und ich hatte das Glück, in einer grossartigen Klasse zu sein, wo der Zusammenhalt und das Miteinander extrem schön waren. Auch die kulturellen Anlässe, wie das Theater oder der Kinokulturtag, waren aussergewöhnliche Erlebnisse. Oder die Teilnahme beim School Dance Award. Ich habe es wirklich sehr genossen am Gymnasium Liestal. Man lernt viele tolle Leute kennen. Trotzdem: Vier Jahre sind genug und ich freue mich auf etwas Neues.
Was sind Ihre Pläne nach der Matur?
Ich würde sehr gerne Medizin studieren. Der Eignungstest für das Studium findet kommenden Freitag statt. Dieses Jahr ist einiges anders, der Test wurde beispielsweise gekürzt. Ich bin gespannt, wie es wird und schau einfach mal, was passiert. Natürlich habe ich mich auf etwas anderes eingestellt, als ich mich im Februar angemeldet habe. Ich bin aber froh, dass ich überhaupt an den Test gehen kann. So hat man doch noch die Möglichkeit zu zeigen, was man gelernt und geübt hat. Ich mache einfach das Beste daraus in diesem spontanen Jahr. Man muss zufrieden sein mit dem, was man hat und mit dem, was überhaupt stattfinden kann. Durch Corona habe ich ja auch Zeit gewonnen, um auf den Test zu lernen. Es hat also auch Vorteile. Sollte ich keinen Studienplatz erhalten, möchte ich in Basel Pharmazie studieren, was auch in eine ähnliche Richtung geht. Das wäre ein guter Kompromiss.
Zur Person
lue. Jillian Haag ist 19 Jahre alt und wohnt mit ihrer Familie in Sissach. Sie hat kürzlich die Matur mit dem Schwerpunkt Biologie und Chemie bilingual Englisch gemacht und steht mit dem Numerus Clausus für das Medizinstudium vor einer neuen Herausforderung. In ihrer Freizeit spielt sie Theater, macht Musik mit der Querflöte und ist bei diversen Angeboten für Kinder involviert, wo sie mit Elan dabei ist.