«Singen mit der nötigen Vorsicht»
29.05.2020 Bezirk Sissach, KircheDaniel Hanselmann, Pfarrer der Kirchgemeinde Buus-Maisprach, im Gespräch
Entgegen einer früheren Ankündigung hat der Bundesrat entschieden, dass Gottesdienste bereits am Pfingstsonntag wieder in der Kirche abgehalten und besucht werden dürfen. Pfarrer Daniel Hanselmann ist erleichtert, ...
Daniel Hanselmann, Pfarrer der Kirchgemeinde Buus-Maisprach, im Gespräch
Entgegen einer früheren Ankündigung hat der Bundesrat entschieden, dass Gottesdienste bereits am Pfingstsonntag wieder in der Kirche abgehalten und besucht werden dürfen. Pfarrer Daniel Hanselmann ist erleichtert, geht aber von einer mässigen Zahl von Besuchern aus.
Jürg Gohl
Herr Hanselmann, sind Sie glücklich über den Entscheid des Bundesrats, bereits an Pfingsten und nicht erst ab 8. Juni Gottesdienste in der Kirche zuzulassen?
Daniel Hanselmann: Ich bin sehr froh. Die Kirchgemeinde Buus-Maisprach ist eine relativ kleine Gemeinde, und es wäre deshalb bereits vorher möglich gewesen, in unseren beiden doch relativ geräumigen Kirchen Gottesdienste zu feiern und dabei sämtliche Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten.
Klingt da leise Kritik an der Verfügung mit?
Nein. Ich denke, der Bundesrat, das BAG und unser Krisenstab haben sich vorbildlich und verantwortungsvoll verhalten. Es ging ja um die Gesundheit der gesamten Bevölkerung und um die mögliche Überbelastung unserer Spitäler. Und man kann ja nicht für jede Kirchgemeinde eine extra auf sie zugeschnittene Lösung suchen.
Sind Sie startklar oder kommt dieser Gottesdienst zu früh für Sie?
Es kann losgehen. Ich freue mich sehr!
Müssen keine Vorkehrungen mehr getroffen werden?
Nein. Wir verfügen über Desinfektionsmittel und haben in beiden Kirchen längst ausgemessen, wer sich wo hinsetzen kann. Familienmitgliedern ist es ohnehin erlaubt, sich nebeneinander zu setzen. Wir werden alles markieren und auch beim Singen die nötige Vorsicht walten lassen. Wir hätten bereits vergangene Woche sofort loslegen können.
Und der Handschlag des Pfarrers mit seinen Kirchgängern?
Der fällt leider weg. Ebenso müssen wir auf die «Teilete» verzichten, bei der die Besucher an Pfingsten etwas zum Gottesdienst mitbringen und dies hinterher beim Zusammensitzen teilen, sowie auf den «Chillekaffi», der jeweils nach dem Gottesdienst im Pfarrhaus stattfindet.
Und inhaltlich: Wird die Pandemie das zentrale Thema Ihrer Predigt sein?
Nein. Wir haben in den vergangenen Wochen bereits Predigten verteilt und aufgezeichnet, und dabei war Corona immer wieder ein Thema. Wir werden im Gottesdienst die sieben mageren und die sieben fetten Jahre thematisieren. Nach fetten Jahren machen wir gegenwärtig eine magere Phase durch. So gesehen ist die Coronakrise auch in dieser Josefsgeschichte angesprochen. Diese erzählen wir unter anderem auch, weil Pfingsten bei uns traditionsgemäss ein Familiengottesdienst mit der «Stärnschnuppe» ist.
Spüren Sie auch unter den Kirchgängern eine Erleichterung, dass es endlich wieder losgehen kann?
Ja. Es gibt viele, die über Wochen in Isolation gelebt haben und sich nun freuen, zur Kirche zu gehen. Aber es gibt auch die anderen, die es lieber vorsichtig angehen, zumal einige Kirchgänger einer Risikogruppe zuzurechnen sind.
Sie richten sich also nicht darauf ein, dass es am Sonntag unter den gegebenen Einschränkungen eng werden könnte?
Nein, ich rechne eher mit einem verhaltenen Start, das heisst mit relativ wenig Besuchern. Viele werden vorerst weiterhin per Video teilnehmen oder die Predigt weiterhin in schriftlicher Form beziehen.
Sie haben während des Lockdowns Ihre Predigten schriftlich verteilt. War das eine erfolgreiche Idee?
Das darf man bejahen. Wir belieferten jene Leute, von denen wir ausgingen, dass sie an den Texten interessiert seien. Über Mund-zu-Mund-Propaganda stieg die Nachfrage von Woche zu Woche an.
Wäre das sogar ein Modell für die Zukunft? Unter Corona hat sich ja die Idee, vermehrt von zu Hause aus zu arbeiten, auch von einer Not zur Tugend gewandelt.
Das müsste gut abgewogen werden. Ich muss die Predigt, die ich für den Gottesdienst in Mundart verfasse, dafür eigens in die Schriftsprache umschreiben. Da meine Frau Claudia und ich die schriftlichen Predigten jeweils per Velo verteilt haben, kostete allein das viel Zeit, weil wir mit den Leuten, die wir zufällig antrafen, jeweils noch ein Gespräch führten – über den Gartenzaun oder vor dem Haus.
Zurück in die Kirche: Werden sich die Besucher verändert haben?
Ja, ich vermute, sie werden vorsichtiger und skeptischer sein.
Wird die Krise auch ihr Denken verändert haben?
Auf jeden Fall. Corona hat uns in vieler Hinsicht umdenken lassen. Sie haben bereits das Homeoffice erwähnt. Oder da ist noch das viel zitierte Vogelgezwitscher, das man plötzlich bewusster wahrnimmt. Sicher hat ein allgemeines Umdenken stattgefunden. Doch wie lange das anhält, ist eine andere Frage. Wir Menschen werden unseren Lebensstil und unsere Gewohnheiten wohl nur schwer ändern wollen …
Zur Person
jg. Daniel Hanselmann ist seit dem 11. November 2018 Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Buus-Maisprach, in der er die Nachfolge des verstorbenen Lorenz Lattner antrat, und lebt mit seiner Ehefrau Claudia in Buus. Hanselmann ist 1965 geboren und in Gelterkinden aufgewachsen. Vor seiner Rückkehr ins Oberbaselbiet arbeitete er als Pfarrer in Urdorf und Neftenbach.
Wieder Gottesdienste
jg. Wenn am Morgen des Pfingstsonntags in Buus die Kirchenglocken läuten, kann dies erstmals seit dem bundesrätlichen Verbot vom 13. März auch als Einladung zum Besuch des Gottesdienstes verstanden werden. Die Erleichterung ist landesweit gross – auch in der Reformierten Kirchgemeinde Buus-Maisprach. In Buus wird Pfarrer Daniel Hanselmann erstmals seit dem Lockdown wieder Besucherinnen und Besucher willkommen heissen, auch wenn sich diese an gewisse Sicherheitsmassnahmen halten müssen. Für alle, die sich gleichwohl noch nicht in die Kirche wagen, wird bis 7. Juni der Gottesdienst weiterhin auf Video aufgezeichnet und der Text der Predigt Interessierten wöchentlich in den Briefkasten gelegt.