«Sie brauchen jetzt mehr Sicherheit»
07.04.2020 Baselbiet, GesundheitJeanette Gröbli über werdende Eltern während der Coronakrise
Im Kantonsspital Baselland in Liestal können nötigenfalls auch Frauen gebären, die mit dem Coronavirus angesteckt sind. Für sie gilt allerdings: keine Besuche am Wochenbett. Die Leitende Hebamme Jeanette Gröbli über ...
Jeanette Gröbli über werdende Eltern während der Coronakrise
Im Kantonsspital Baselland in Liestal können nötigenfalls auch Frauen gebären, die mit dem Coronavirus angesteckt sind. Für sie gilt allerdings: keine Besuche am Wochenbett. Die Leitende Hebamme Jeanette Gröbli über Geburten in schwierigen Zeiten.
Sebastian Schanzer
Frau Gröbli, spüren Sie derzeit ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit bei werdenden Eltern?
Jeanette Gröbli: Ganz deutlich, ja. Sie brauchen die Sicherheit und die nötige Ruhe nun mehr als sonst. Ich glaube aber, wenn sie zu uns nach Liestal kommen, merken sie, wie gut wir sie und uns schützen. Das gesamte Pflegepersonal trägt Mundschutz im direkten Patientenkontakt. Das strahlt sehr viel Sicherheit aus.
Stellen Sie auch fest, dass die Mütter nach der Geburt rascher als sonst das Spital verlassen wollen?
Nein, nicht unbedingt. Heutzutage bleiben die Frauen nach der Geburt ohnehin nicht lange im Spital. Wie bisher besucht und betreut eine Hebamme jede Familie regelmässig zu Hause im Wochenbett. Natürlich mit den entsprechenden Schutzmassnahmen.
Schwieriger dürfte die Vorbereitung der werdenden Eltern auf die Geburt geworden sein.
Ja, alle Geburtsvorbereitungskurse und Informationsanlässe sind abgesagt. Auch die Gebärzimmer in Gruppen anzuschauen ist momentan nicht möglich. Das ist schwierig für die Leute. Wir bieten deshalb nun Hebammengespräche an. In dieser Sprechstunde haben die Pärchen Zeit, persönlich mit uns zu sprechen. Das Angebot wird gut genutzt.
Wie viele Geburten erwarten Sie am Kantonsspital in den kommenden Wochen?
Wir haben immer zwischen 40 und 50 Geburten im Monat in Liestal. In den ersten drei Monaten waren es dieses Jahr etwas mehr, was uns sehr freut.
Gab es im Kantonsspital Baselland schon Geburten von mit Corona infizierten Müttern?
Nein. Wir sind aber darauf vorbereitet. Es gibt ein isoliertes Gebärzimmer. Hebammen und Ärzte arbeiten dann unter absoluten Schutzmassnahmen, wie man es von den Intensivstationen kennt. Die Mütter müssen dann einfach in diesem Zimmer bleiben und dürfen beispielsweise nicht spazieren gehen. Wöchnerinnen mit Covid-19 liegen bei uns in einer speziellen Abteilung. Dort herrscht ein absolutes Besuchsverbot.
Also dürfen auch die Väter ihr Baby und die Mutter dann nicht sehen?
Nein, bei Frauen mit Verdacht auf Covid-19 oder in bestätigten Fällen müssen sich die Männer nach der Geburt gedulden. Bei allen anderen Wöchnerinnen ist der Besuch des Vaters unter speziellen Schutzmassnahmen erlaubt. Grosseltern oder Geschwister dürfen wir allerdings nicht empfangen.
Wie reagieren die Betroffenen darauf?
Wir spüren eine unheimlich grosse Akzeptanz für diese Massnahmen. Sie sind froh, dass der Vater bei der Geburt dabei sein darf, unter gewissen Umständen auch am Wochenbett. Die Betroffenen sind traurig, dass keine weiteren Familienangehörigen und Freunde zu Besuch kommen dürfen. Aber sie akzeptieren die Regeln.
Wie gefährlich ist das Virus eigentlich für Babys und für die Mütter, die durch die Schwangerschaft und vor allem die Geburt ja auch körperlich belastet sind?
Wir machen eine interessante Beobachtung: Im Gegensatz zur Grippe haben werdende Mütter kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf bei einer Infektion mit dem Coronavirus. Schwangere Frauen, die positiv auf das Virus getestet wurden, scheinen ihre Babys während der Schwangerschaft nicht anzustecken. Nach der Geburt darf eine an Covid-19 erkrankte Mutter ihr Kind auch stillen – unter besonderen Schutzvorkehrungen.
Wir wissen nicht genau, was in dieser Krise noch alles auf uns zukommt. Gibt es werdende Eltern, die nach Möglichkeit jetzt einen Kaiserschnitt vorziehen anstatt die Geburt abzuwarten?
Das kam bei uns bis jetzt noch nie zur Sprache. Ich würde das auch nicht empfehlen. Sind solche Ängste da, werden die Ärzte und Hebammen auf jeden Fall das Gespräch mit den Eltern suchen. Auch eine Schwangere mit Covid-19 kann spontan gebären, die Entscheidung für einen Kaiserschnitt erfolgt aufgrund der medizinischen Situation, so wie bisher. Wir haben genügend Personal, um unsere Schwangeren vollumfänglich zu versorgen.