Kurort soll 5G-freie Zone bleiben
07.02.2020 Bezirk Waldenburg, LangenbruckLangenbruck soll mindestens für die nächsten fünf Jahre eine 5G-freie Zone bleiben. Das fordern drei Kunstschaffende in ihrem Antrag für eine Planungszone über das gesamte Gemeindegebiet. Beim Gemeinderat rennen sie damit offene Türen ein.
Sebastian Schanzer
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Langenbruck soll mindestens für die nächsten fünf Jahre eine 5G-freie Zone bleiben. Das fordern drei Kunstschaffende in ihrem Antrag für eine Planungszone über das gesamte Gemeindegebiet. Beim Gemeinderat rennen sie damit offene Türen ein.
Sebastian Schanzer
Sie nennen es einen «Trick». Erika Grieder und das Künstler-Paar Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger aus Langenbruck fordern vom Gemeinderat die Errichtung einer Planungszone für Mobilfunkanlagen. Ihr Ziel: Das Passdorf soll zumindest für die kommenden fünf Jahre eine 5G-freie Zone bleiben. Weder sollen neue Antennen installiert noch die bestehende mit der 5G-Technologie erweitert werden. Einen entsprechenden Antrag haben sie im Dezember bei der Behörde eingereicht. Ende März entscheidet die Gemeindeversammlung, ob der Antrag als erheblich erklärt werden und der Gemeinderat eine Vorlage ausarbeiten soll.
In ihrem Antrag berufen sich Grieder, Steiner und Lenzlinger auf das Raumplanungs- und Baugesetz (RBG) im Baselbiet. Demnach können Gemeinden, die ihre Richt- und Nutzungspläne ändern wollen, mit dem Erlass einer Planungszone verhindern, dass Bautätigkeiten diesen Prozess erschweren oder verunmöglichen – ein Baustopp auf Zeit also. «Wir wollen der ganzen 5G-Thematik etwas an Geschwindigkeit nehmen», sagt Gerda Steiner. «Die Menschen sollen sich in Ruhe überlegen: Wollen wir das überhaupt? Gibt es Alternativen?»
Dieser Versuch, mit einer Planungszone für Mobilfunkanlagen die Einführung von 5G zu verhindern oder zumindest zu verzögern, wurde bereits von mehreren Gemeinden in der Schweiz unternommen. Die Swisscom teilt auf Anfrage mit, sie habe im vergangenen Jahr etwa zehn solcher Planungszonen erfasst und eine Beurteilung erstellt, ob sie dagegen vorgehen soll oder nicht.
Kreditantrag wider Willen
Im Baselbiet wurde eine Planungszone für Mobilfunkanlagen bisher erst in der Gemeinde Zunzgen in Angriff genommen, wie Andrea Bürki, Mediensprecherin der Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD), auf Anfrage sagt. Dort scheiterte das Projekt allerdings an der Gemeindeversammlung. Der nötige Planungskredit von 20 000 Franken zur Erarbeitung eines Kaskadenmodells mit gleichzeitigem Erlass einer Planungszone wurde von den Einwohnern im September 2019 abgewiesen.
Gegen diesen Beschluss haben Einwohner jedoch Beschwerde eingelegt. Wie die «Volksstimme» aus zuverlässiger Quelle weiss, waren verschiedene Teilnehmer der Zunzger Gemeindeversammlung vom September der Meinung, dass die eingeholten Offerten für die Erarbeitung des Kaskadenmodells vorsätzlich überhöhte Beträge auswiesen. Dies, um einen negativen Entscheid zu provozieren, so die Behauptung. Das Verfahren ist derzeit beim Regierungsrat hängig, wie die BUD auf Anfrage mitteilt.
Der Zunzger Gemeinderat äusserte sich jedenfalls dezidiert gegen das Kaskadenmodell und stimmte an der Gemeindeversammlung geschlossen gegen seinen eigenen Planungskreditantrag. Die Vorlage ging auf ein Begehren aus der Bevölkerung zurück, das der Gemeinderat gegen seinen Willen aufnahm.
«Feldversuch am Menschen»
Anders in Langenbruck: Als sie und Gerda Steiner im Sommer für ihre Petition gegen 5G Unterschriften sammelten, habe gleich der ganze Gemeinderat unterschrieben, sagt Initiantin Grieder. 180 Stimmen kamen zusammen – und dies während der Sommerferien. Die Folge dieser Petition war ein 5G-Infoabend in Langenbruck, an dem Fachleute – Befürworter wie Gegner von 5G – referierten und sich den Fragen der Einwohner stellten. Gemeindepräsident Hector Herzig liess damals bereits verlauten, er könne sich vorstellen, dass sich die Gemeinde Langenbruck «als Pilot» für ein 5G-freies Gebiet einsetze.
«Uns stört, dass mit der Einführung der 5G-Technologie ein flächendeckender Feldversuch am Menschen ausgeführt wird», sagt Herzig auf Nachfrage. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Strahlen seien noch nicht hinreichend erforscht. Dennoch sind die Lizenzen an die Mobilfunkanbieter bereits verkauft. «Wenn sich nach weiterer Forschung herausstellt, dass die Strahlen unschädlich sind, haben wir nichts an der Einführung von 5G auszusetzen.»
Ein fünfjähriger Baustopp hätte dessen ungeachtet keine speziellen Auswirkungen auf das Dorf, ist sich der Gemeindepräsident sicher. «Wir erwarten keine selbstfahrenden Busse in naher Zukunft. Der Kur- und Tourismusort Langenbruck ist vorerst also nicht auf 5G angewiesen.»
«Wir wollen die Wahl haben»
Problematisch an 5G ist für Gerda Steiner nicht nur die Strahlung. Die Baselbieter Kulturpreisträgerin von 2012 macht sich vor allem Gedanken über den Datenschutz. «Man kann in China gut beobachten, wozu solche Technologie dienen kann – nämlich zur kompletten Überwachung durch den Staat.» Die Gesellschaft müsse sich bewusst sein, was diese Technologie für ihr Leben bedeutet, und ob sie diese weitere Beschleunigung überhaupt ertrage: «Es ist unbestritten, dass viele Menschen und insbesondere die Wirtschaft den 5G-Ausbau begrüssen. Aber es gibt auch Menschen, die das nicht wollen. Fair wäre, wenn wir zumindest die Wahl hätten.»
Planungszone muss verhältnismässig sein
ssc. Eine Planungszone auf Gemeindegebiet muss vom Gemeinderat erlassen werden. Dabei ist zu beachten, dass der vom Bund konzessionierte Mobilfunk nicht beeinträchtigt oder gar verunmöglicht werden darf, sagt BUD-Mediensprecherin Andrea Bürki. Zudem muss der Wettbewerb unter den Mobilfunkanbietern funktionieren. Der Erlass bedarf nicht der Bewilligung durch den Regierungsrat, betroffene Grundeigentümer und Inhaber von Baurechten können beim Regierungsrat aber Beschwerde erheben. Die Swisscom schreibt auf Anfrage: «Wir fechten Planungszonen nur dann an, wenn die drei Betreiber (Swisscom, Sunrise und Salt) der Auffassung sind, dass die Planungszone unverhältnismässig ist.» In der Regel seien Planungszonen unverhältnismässig, wenn sie das ganze Gemeindegebiet beschlagen und wenn sie in die Eigentumsgarantie eingreifen. Letzteres sei etwa der Fall, «wenn festgelegt wird, dass auch bestehende Mobilfunkanlagen während der Dauer der Planungszone nicht umgebaut werden dürfen».