Ein wenig durchdachtes System
30.01.2020 Baselbiet, Bubendorf, LandwirtschaftZüchter kritisiert Tierverkehrsdatenbank für Ziegen und Schafe
Der Bundesrat hat die Tierverkehrsdatenbank auf Schafe und Ziegen ausgedehnt. Der Schafzüchter Stephan Sprunger aus Bubendorf ist nicht grundsätzlich gegen die Massnahmen, hält das gewählte System für diese Tierhaltung ...
Züchter kritisiert Tierverkehrsdatenbank für Ziegen und Schafe
Der Bundesrat hat die Tierverkehrsdatenbank auf Schafe und Ziegen ausgedehnt. Der Schafzüchter Stephan Sprunger aus Bubendorf ist nicht grundsätzlich gegen die Massnahmen, hält das gewählte System für diese Tierhaltung aber für ineffizient.
Beat Ermel
Die Kontrolle des Tierverkehrs ist für die Tierseuchenbekämpfung sowie für die Sicherheit von Lebensmitteln tierischer Herkunft von grosser Bedeutung. Der Bundesrat hat deshalb entschieden, die eindeutige Identifikation und Meldepflicht per 1. Januar dieses Jahres auf Schafe und Ziegen auszudehnen. Die Erfassung aller dazu notwendigen Meldungen geschieht in der Tierverkehrsdatenbank (TVD), wo bereits andere Nutztiere registriert werden.
Die Tierhalterinnen und -halter müssen somit ab sofort sämtliche Geburten, Zu- und Abgänge, Ein- und Ausfuhren sowie den Tod von Schafen und Ziegen der TVD melden. Zusätzlich zu dieser Erfassung müssen die neugeborenen Schafe und Ziegen mit zwei Ohrmarken gekennzeichnet werden. Bei den Schafen muss eine der Marken einen elektronischen Chip enthalten.
«TVD für Schafe und Ziegen erleidet Fehlstart», titelte die «Bauernzeitung» unlängst. Was bei den Rindern weitgehend problemlos ist, sehe bei Schafen anders aus. Der Bubendörfer Schafzüchter Beat Sprunger zeigte der «Volksstimme» die Problematik auf.
Herde mit bis zu 600 Tieren
Sein Betrieb arbeitet mit rund 280 Mutterschafen der Fleischrassen Charolais, Dorper, Texel und schottische Blackface, die einmal im Jahr, in der Zeit von November bis Ende April, Nachwuchs haben. Je nach Jahreszeit kann dies zu einer Herdengrösse von 500 bis 600 Tieren führen. Den Sommer verbringen die Muttertiere mit den Lämmern und den Herdenschutzhunden auf zwei Alpen im Isenthal. Mitte September kommen sie zurück nach Bubendorf. Die schlachtreifen Lämmer kommen dann in den Schlachthof.
Von Mitte November bis Mitte März sind die Schafe mit einer Hirtin oder einem Hirten auf den Weiden im Baselbiet. Dieses Jahr auf Weiden von Bubendorf bis Wittinsburg. Zum Ablammen kommen die Schafe zurück auf den Hof Falkenrain in Bubendorf.
Sprunger ist nicht grundsätzlich gegen die Marken und die Massnahmen des Bundes. «Das nun eingeführte System ist aber zu wenig durchdacht und vor allem nicht effizient für diese Tiergattung», kritisiert der Landwirt. Man könne nicht eine Marke herausgeben und noch während der arbeitsintensiven Ablammzeit anfangen zu deklarieren. Ab einer gewissen Betriebsgrösse könne unmöglich alles auf einmal erledigt werden. Die Meldung aller Lämmer und Auen dauere aufgrund der ungeeigneten Software mehrere Tage. Obwohl die Einführung der TVD gestaffelt erfolgen kann, sei man aufgrund der Abnehmer gezwungen, nur noch registrierte Tiere zu vermarkten.
Ohrmarken nicht praxistauglich
Nicht glücklich ist Sprunger auch mit den gelieferten Ohrmarken. Man könne die Marken nur aus naher Distanz von rund 30 cm erfassen, was dazu führe, dass Schafe zum Ablesen einen engen Kanal durchschreiten müssen. Er hätte sich gewünscht, dass die Marke aus fünf Metern ablesbar gewesen wäre, so hätte ein Anhänger voll beladen werden können und die Tiere hätten mit dem Lesegerät wesentlich einfacher abgelesen hätte werden können.
«Was ich nicht begreife, ist, dass jedes Schaf zwei Marken tragen muss. Eine gute elektronische Marke hätte ausgereicht», sagt Sprunger. Die Gefahr des Ausreissens sei dadurch erhöht. Gerade bei den kleinen Lämmern, wo die Marke fast grösser ist als das Ohr, sei dies schon fragwürdig. Innerhalb von drei Tagen nach der Geburt müsse die Meldung erfolgen. Die geforderten Ummeldungen bei jedem Wechsel führe bei Mutterschafen bis zu sieben Ummeldungen pro Jahr mit entsprechendem Zeitaufwand.
Zu lange genickt
Jetzt, während der Ablammzeit, wo er auch nachts mehrmals aufstehen müsse, fehle ihm die Zeit, mit den Markierungen und Meldungen à jour zu bleiben. Er könne jetzt nicht der Winterherde nachreisen um die Tiere zu markieren. Er nehme in Kauf, dass er erst Anfang Sommer, bevor die Schafe auf die Alp gehen, die Meldungen erledigt hat.
Bei der Ausarbeitung der Abläufe seien zwar Schafzüchter mit dabei gewesen, aber man habe zu lange genickt, sagt Sprunger. Entschieden hätten Leute, die noch nie ein Schaf markiert und nie auf einem Betrieb gearbeitet haben.
Die Zukunft ist für viele Schafzüchter ungewiss. Mit Wolfsrissen, der zunehmenden Bürokratie und der anstehenden landesweiten Kampagne gegen die Klauenkrankheit Moderhinke kommt so einiges zusammen. Nach Sprungers Einschätzung werden ältere Tierhalter und Tierhalterinnen die Schafhaltung aufgeben. In jüngster Zeit seien ihm jedenfalls mehrfach Herden zum Kauf angeboten worden. Der Schafzüchter befürchtet, dass nun noch mehr Berggebiete verbuschen werden.