Die Fahrenden dürfen sich freuen
21.01.2020 Baselbiet, Wittinsburg, VerkehrDer Kanton saniert für 1,2 Millionen Franken den Durchgangsplatz
Was lange währt, scheint endlich gut zu werden: Die zehn Stellplätze für Fahrende in Wittinsburg sollen mit einem modernen Betriebskonzept umfassend erneuert werden. Die gesetzlich vorgeschriebenen Standplätze gibt es im ...
Der Kanton saniert für 1,2 Millionen Franken den Durchgangsplatz
Was lange währt, scheint endlich gut zu werden: Die zehn Stellplätze für Fahrende in Wittinsburg sollen mit einem modernen Betriebskonzept umfassend erneuert werden. Die gesetzlich vorgeschriebenen Standplätze gibt es im Baselbiet weiterhin nicht.
Elmar Gächter
Die Profilstangen im Bereich der Sommeraukurve an der Kantonsstrasse Thürnen–Buckten zeigen es an: Auf dem Durchgangsplatz für Fahrende im Gebiet Holchen sind bauliche Massnahmen geplant. Wie die Bau- und Umweltschutzdirektion Baselland (BUD) auf Anfrage mitteilt, sollen hier im Lauf der zweiten Jahreshälfte die Baumaschinen auffahren. Der Regierungsrat werde an einer seiner nächsten Sitzungen eine entsprechende Vorlage an den Landrat beschliessen. Die BUD plant, für rund 1,2 Millionen Franken die Stellplätze mit einer zeitgemässen Infrastruktur zu versehen und das rund 700 Quadratmeter grosse Gelände mit einer Lärmschutzwand und einem Zaun als Sicherheit für die Kinder von der Kantonsstrasse abzugrenzen. Ganz neu aufgegleist werden soll auch der Betrieb der Anlage.
Laut der BUD erfolgt der Zugang zum Durchgangsplatz künftig von Süden her. Direkt beim Eingang befindet sich der Ticketautomat für die Bezahlung der Tagespauschalen sowie der Container für die Abfallentsorgung. Die zehn Stellplätze organisieren sich beidseits einer zentralen Erschliessungsachse, die im hinteren Bereich des Platzes zum Unterstand mit Sanitärcontainer und einer Spiel- und Aufenthaltsfläche führt.
Betrieb ohne unnötige Hürden
Die Stellplätze erhalten Wasser- und Stromanschlüsse sowie Schächte zur direkten Einleitung von Schmutzwasser in die Kanalisation. Der Sanitärcontainer umfasst zwei Toiletten, eine Dusche, einen Ausgussraum sowie einen Technikund Wartungsraum. Ein einfacher Unterstand mit Blecheindeckung überdacht den Container und bildet eine gedeckte Aussenfläche, die auch Platz für handwerkliche Tätigkeiten bietet.
«In Anlehnung an ein erfolgreiches Beispiel der Stadt Winterthur sieht der Entwurf des Betriebskonzepts eine eigenverantwortliche Benutzung des Platzes ohne unnötige bürokratische Hürden vor», schreibt die BUD. Das heisst, die Fahrenden lösen an einem Ticketautomaten die Tagespauschalen und deponieren ein Anmeldeformular in einem Briefkasten. Sie bezahlen pro Stellplatz eine Tagespauschale von 15 Franken. Die BUD hofft, mit dieser Gebühr die jährlichen Betriebskosten von voraussichtlich rund 503 000 Franken decken zu können.
Der Durchgangsplatz «Holchen» liegt auf Gemeindegebiet von Wittinsburg. Nimmt man das «Gesetz über Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende» vom 20. Februar 2014 als Grundlage, müsste Wittinsburg für den Betrieb und den Unterhalt des Durchgangsplatzes sorgen. «Da es ihr als kleine Gemeinde weder möglich ist, den Betrieb eines Platzes für Fahrende zu gewährleisten noch finanzielle oder organisatorische Konsequenzen daraus zu tragen, wird weiterhin der Kanton den Platz betreiben», so die BUD. Für Betrieb und Unterhalt wird das kantonale Hochbauamt zuständig sein.
Schweizer Fahrenden vorbehalten
Im Gegensatz zum Durchgangsplatz Gräubern in Liestal, der im Winter geschlossen bleibt, wird der Platz in Wittinsburg ganzjährig betrieben. Er bleibt, wie es das kantonale Gesetz vorschreibt, Schweizer Fahrenden, insbesondere der national anerkannten Minderheit von Sinti und Jenischen vorbehalten. Sie dürfen sich darauf freuen, hier in Zukunft Bedingungen vorzufinden, die den Begriff «menschenwürdig» verdienen.
Vorgeschrieben ist auch, den Schweizer Fahrenden die erforderlichen Standplätze zur Verfügung zu stellen. Diese dienen im Gegensatz zu den Durchgangsplätzen dem stationären Aufenthalt, wo die Fahrenden vor allem über die Wintermonate in einfachen Bauten, Mobilheimen oder Wohnwagen wohnen.In den Standplatzgemeinden sind die Fahrenden ganzjährig angemeldet, ihre Kinder besuchen dort die Schule. Ein solcher Standplatz fehlt jedoch auf dem Baselbieter Kantonsgebiet nach wie vor. Die BUD hält dazu fest: «Gemäss kantonalem Richtplan prüft der Kanton zusammen mit den Gemeinden Standorte für einen neuen Standplatz mit 10 Stellplätzen sowie zwei bis drei Durchgangsplätze mit insgesamt circa 20 Stellplätzen. Zehn der Durchgangsplätze werden mit der Sanierung des Platzes Holchen bereitgestellt.» Die BUD evaluiert geeignete Standplätze. Konkrete Aussagen dazu könnten jedoch noch nicht gemacht werden.