Vandalismus an Spezialzügen

  08.11.2019 Bezirk Sissach, Sissach

Im Sissacher Eisenbahn-Depot, wo historische Bahnwaggons abgestellt sind, haben Unbekannte mit Farbschmierereien einen Schaden in fünfstelliger Höhe verursacht. Die Eigentümer haben Anzeige erstattet und eine Belohnung ausgesetzt.

Christian Horisberger

«Dieser Zug tut keinem was. Das ist ein Friedenszug. Wer dem Zug etwas tut, ist gegen den Frieden.» Uwe Fiedler versteht die Welt nicht mehr. Zwei Schlafwagen seines «Peace Train El’Achai» sind in der Nacht auf gestern im Depot beim Bahnhof Sissach von Unbekannten mit schwarzer Farbe aus einer Spraydose verschmiert worden.

Nicht etwa mit Graffiti-Kunst, sondern mit den Worten «Mach kei Aug» was soviel bedeutet wie: sei nicht eifersüchtig oder neidisch. «Nutzlos, sinnlos, hirnlos beschmiert», ärgert sich Fiedler, dessen Spezialzug die Botschaft Frieden und Freiheit für alle Völker in alle Welt trägt (die «Volksstimme» berichtete).

Weitere Schmierereien haben die Vandalen an einem Luxus-Salonwagen Christophe Bachmanns, eines anderen Anbieters von Bahn-Sonderfahrten, hinterlassen. «Fuck me, not her», heisst es da in Grossbuchstaben. Bachmann ist frustriert und wütend, fühlt sich machtlos. Sein Zug im Orient-Express-Stil mitsamt Pianobar ist für heute Freitag gebucht. Die «Beschriftung» sei eine denkbar schlechte Visitenkarte bei seinen Kunden, sagt der Eisenbahn-Fan.

Drei Einbrüche in Salon-Wagen
Entdeckt hat die Schmierereien Uwe Fiedlers Sohn Raphael gestern, als er den Sonderzug für die anstehende Fahrt durchchecken und vorheizen wollte. Dabei hat er auch festgestellt, dass jemand versucht hatte, in den Wagen einzudringen. Das Trittbrett am Ende des Wagens sei heruntergeklappt gewesen und die Tür mit einem Vierkantschlüssel entriegelt worden, sagt er. Ein Schloss, das der Besitzer von innen angebracht hatte, stoppte die Einbrecher offenbar.

Es wäre der bereits vierte Einbruch in diesen Wagen innerhalb eines Jahres gewesen: Schon dreimal haben Fremde im Nobelzug getrunken und gekifft und leere Bierdosen zurückgelassen. Es seien immer dieselben Leute gewesen, ist Raphael Fiedler überzeugt, der die Sauerei jeweils aufräumte: «Sie machten immer am gleichen Platz Party und hinterliessen ähnlichen Müll.»

Obwohl ärgerlich, so waren zumindest die finanziellen Auswirkungen jener «Besuche» vergleichsweise gering. Denn die Beseitigung der Farbschmierereien werde richtig teuer, sagt Uwe Fiedler. Er hegt die leise Hoffnung, dass sich die Sprayereien mit einem Spezialreiniger «abwaschen» lassen, doch fürchte er, dass jeweils die ganze Seite der Waggons abgeschliffen und neu gespritzt werden muss. Es reiche nicht, nur den betroffenen Bereich zu sanieren, das sähe schäbig aus. «Einen versprühten Zug will keiner mieten», sagt Fiedler. Bei so einem Spezialzug sei besonders wichtig, dass er nicht nur technisch, sondern auch optisch «tiptop in Schuss ist». Zumindest auf der nächsten Fahrt wird der Zug mit diesem Makel unterwegs sein. Die steht gemäss Uwe Fiedler im Dezember an; bis dahin könne der Schaden niemals beseitigt werden.

Hoher Selbstbehalt
Der Bahn-Fan rechnet mit Sanierungskosten in fünfstelliger Höhe. Zwar sei er versichert, aber 10 000 Franken werde er aus der eigenen Tasche bezahlen müssen: die Höhe des Selbstbehalts seiner Versicherung bei Vandalismus-Schaden.

Fiedler und Bachmann haben wie bereits nach den Einbrüchen der Kiffer in den Luxus-Zug Strafanzeige wegen Sachbeschädigung eingereicht. Die Polizei war gestern im Depot vor Ort, um den Schaden und die Anzeige aufzunehmen. Grosse Hoffnungen, dass der oder die Täter erwischt werden, hätten ihm die Polizisten allerdings nicht gemacht, sagt Uwe Fiedler, Gründer und Inhaber der Modern Steam am Hauenstein GmbH.

Die bisherigen Strafanzeigen fruchteten nicht, es wurde niemand erwischt. Um die Chancen auf einen Fahndungserfolg zu erhöhen, setzt Fiedler deshalb eine Belohnung von 2000 Franken aus für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führten. Sollte dies gelingen, werde er sich dafür einsetzen, dass sie als Strafe an der Sanierung der Bahnwaggons mitwirken, «damit sie lernen, dass so eine sinnlose Aktion einen grossen Schaden anrichtet».


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