Die historischen Öfen der «Villa 27»
21.11.2019 Bezirk Sissach, Kultur, SissachDas Haus an der Hauptstrasse ist Kult
Wer sich als Gast in der «Villa 27» aufhält, schätzt hier vor allem auch das historische Ambiente mit seinen Kachelöfen aus dem vorletzten Jahrhundert. Nur sind diese sanierungsbedürftig.
Elmar Gächter
«Welch ...
Das Haus an der Hauptstrasse ist Kult
Wer sich als Gast in der «Villa 27» aufhält, schätzt hier vor allem auch das historische Ambiente mit seinen Kachelöfen aus dem vorletzten Jahrhundert. Nur sind diese sanierungsbedürftig.
Elmar Gächter
«Welch wunderbares altes Haus. Immer wenn ich hier vorbeigefahren bin, fing ich an zu träumen und stellte mir vor, es wäre meines.» Käthi Eglin spricht von jenem historischen Gebäude an der Hauptstrasse 27, das Martin Sütterlin, der erste Bezirksschreiber von Sissach, vor etwas mehr als 150 Jahren erbauen liess.
Schon lange suchten Käthi und Hans Eglin ein solches älteres Objekt. Der Traum sollte Wirklichkeit werden, allerdings auf Umwegen. Denn wäre es nach den Absichten der benachbarten Migros gegangen, stünde hier anstelle der Villa Sütterlin, so «offiziell» nach dem ersten Bewohner benannt, ein Teil ihres Neubaus. Für die damalige Eigentümerin war jedoch klar: Verkauf ja, Abriss nein. Und weil der Zufall im Leben immer wieder geschickt Regie führt, war für Eglins plötzlich Weihnachten mitten im Sommer.
Begehbares Museum
Schon beim ersten Besuch erlag Käthi Eglin dem Charme des Gebäudes. Viel sei in den vergangenen Jahrzehnten nicht renoviert worden. Und so wehe vom Gewölbekeller über die verschiedenen Villenzimmer bis zum Estrich immer noch ein bisschen der Geist des vorletzten Jahrhunderts. Wasseranschlüsse, Toilettenanlagen und elektrische Einrichtungen hätten erneuert werden müssen. «Vor allem haben wir viel geputzt», sagt sie und lacht.
Ihr Ziel, die «Villa 27», wie sie heute heisst, in einen Ort der Begegnung zu machen, hat sie längst erreicht. Vom reichhaltigen Frühstück über währschafte Mittagessen bis zu hausgemachten Torten verwöhnen sie und ihre Mitarbeitenden die Kundschaft während vier Tagen pro Woche.
Nicht fehlen darf bei einem Villabesuch ein Abstecher in den Estrich, wo ein Sammelsurium an alten Gegenständen des täglichen Gebrauchs auf die Gäste wartet. «Die ‹Villa 27› ist ein begehbares Museum», schwärmt Käthi Eglin von ihrem Hort, der die Leute in eine andere Welt und Zeit eintauchen lässt.
«Fast wie auf dem Ballenberg»
Zu den Attraktionen der «Villa 27» zählen zweifellos auch die acht alten Öfen. Sechs von ihnen sind im Winter in Betrieb und heizen die genutzten Räume. «Für uns war von Anfang an klar, dass wir sie auch weiter betreiben. Aber leider werden sie jedes Jahr älter», so Käthi Eglin.
Zu den eigentlichen Raritäten zählt sie den alten Herd im Atelier – «einer fast wie auf dem Ballenberg» – und vor allem die drei runden Walzenöfen. Laut dem Sissacher Hafner Stefan Zemp handelt es sich dabei um kulturhistorisch wertvolle Objekte, wie sie früher in herrschaftlichen Häusern oder Schlössern anzutreffen waren. «Kachelöfen in dieser Ausführung sind meines Wissens auch im Schloss Ebenrain und in der Villa Lareida in Sissach zu finden.» Eine ihrer Charakteristiken sei, dass sie nicht im Raum selber, sondern von den Gängen aus befeuert werden. Zemp geht davon aus, dass die Kachelöfen 1866 mit dem Bau des Gebäudes erstellt worden sind.
«Unsere Gäste bestätigen uns immer wieder, welche angenehme Wärme von den Öfen ausgeht», sagt Käthi Eglin. Dies habe jedoch seinen Aufwand, müssten sie doch jeden Tag eingefeuert werden. Zum Glück könne sie sich auf pensionierte Kräfte stützen, damit der wöchentliche Bedarf, bei sehr kaltem Wetter ein Ster Holz, seinen Weg in die Brennkammern finde.
Kostspielige Restauration
«Leider hat jeder Ofen eine Schwachstelle, die eigentlich behoben werden müsste», gibt sie zu bedenken. Von einem Sicherheitsrisiko könne jedoch nicht gesprochen werden, bestätigt Stefan Zemp.
Aber mit jedem weiteren Winter steige die Notwendigkeit einer Sanierung. Und diese kostet Geld. Zemp schätzt die Kosten für alle Öfen auf rund 80 000 bis 90 000 Franken. «Es ist unmöglich, diesen Betrag aus unserem Betrieb zu erwirtschaften», sagt Käthi Eglin.
Die meiste Arbeit sei ehrenamtlich, auch sie habe sich noch nie einen Franken Lohn ausbezahlen lassen. «Für mich ist dieses Engagement reine Leidenschaft.»
Gäste würden sich immer wieder äussern, wie wertvoll für sie allein schon der Aufenthalt in den Räumen der «Villa 27» sei, sagt die Hausherrin. «Ich denke, dass wir mit unserem Einsatz für dieses historische Haus dazu beitragen, einen wichtigen kulturellen Zeitzeugen hier in Sissach zu erhalten.» Ihr innigster Wunsch wäre es deshalb, jemand zu finden, der sich im Sinne eines Sponsorings an den Kosten der Ofensanierung beteiligen würde. «Es wäre natürlich toll, wenn man alle Öfen sanieren könnte, aber allein schon der Erhalt der Walzenöfen wäre eine wunderbare Sache», meint sie. Und vielleicht melde sich ja einfach jemand, der ihr auf der Suche nach möglichen Sponsoren zur Seite stehe.