Renaissance eines legendären Saals
03.10.2019 Bezirk Waldenburg, Gastronomie, WaldenburgVom Theaterlokal über das Lichtspielhaus bis zum trendigen Festsaal weist der Saal des «Leue» in Waldenburg eine interessante Geschichte auf – und die Gäste spielen dabei eine wichtige Rolle.
Elmar Gächter
Sabine und Marcel Blättler ist die Freude ins Gesicht ...
Vom Theaterlokal über das Lichtspielhaus bis zum trendigen Festsaal weist der Saal des «Leue» in Waldenburg eine interessante Geschichte auf – und die Gäste spielen dabei eine wichtige Rolle.
Elmar Gächter
Sabine und Marcel Blättler ist die Freude ins Gesicht geschrieben. Nach intensiven Umbau- und Erneuerungsarbeiten strahlt der Saal ihres Restaurants Leue in Waldenburg in neuem Glanz. Knappe zwanzig Jahre nach der letzten Renovation präsentiert er sich in einem Kleid, das mit dem bisherigen rustikalen Schlossgarten nur noch ganz wenig gemein hat.
Am prägnantesten zeigen sich die Änderungen im Bereich der ehemaligen Bühne, auf die zugunsten eines grösseren Platzangebots verzichtet worden ist. Vom trendigen Industrieboden bis zu den Ringleuchten, die wie Heiligenscheine zu schweben scheinen, strömt der Saal eine angenehme, moderne Gastlichkeit aus. Ganz neu zeigt sich ebenfalls der Vorraum, das sogenannte Office, mit seiner aus Holz gestalteten Bartheke. Und dekorativ nimmt sich auch das Inventar mit runden Tischen und gepolsterten Stühlen aus.
Blenden wir zurück: Bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert stand hier ein Gasthof, dem die Besitzer den wohlklingenden Namen «Lion d’or» gegeben haben. Das Haus bot nicht nur Speis und Trank, sondern war zugleich auch Poststation mit Ställen, wo vor der Weiterfahrt über den Hauenstein die Pferde gewechselt wurden. Hundert Jahre später zerstörte ein Brand die Stallungen und die Scheune, 1939 wurde das Gebäude erneut ein Raub der Flammen. Mit dem darauffolgenden Neubau des Gasthofs Löwen, wie das Wirtshaus in der Zwischenzeit genannt wurde, beginnt auch die Geschichte des «Leue»-Saals.
Unterschlupf für Betreibungsamt
Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte die Zeit, da man wie an anderen Orten wieder Theater spielte und zum Tanze bat. Bald aber machte der «Leue»- Saal in besonderer Hinsicht von sich reden. Erst- und einmalig für das ganze Tal entschied sich die Besitzerfamilie, einen Kinosaal einzurichten. Viele Zeitzeugen erinnern sich noch bestens an die schwarz-weissen Filmklassiker mit Grössen wie Doris Day, Gary Cooper oder den Schweizer Filmstars Hannes Schmidhauser, Margrit Rainer oder Schaggi Streuli, die hier gezeigt wurden. Eine Zeit, die Marcel Blättler nicht erlebt hat. Als seine Eltern 1977 das Hotel Löwen übernommen haben, war der Kinobetrieb längst Vergangenheit. «Aber ich habe als Kind mit den alten Filmprojektoren an der Fasnacht die Waldenburger Dampfbahn nachgebaut», erinnert er sich und fügt bei, «wenn man damals gewusst hätte, welchen Wert sie heute darstellen.»
Im Saal fanden zwischenzeitlich ein Tischtennisklub, ein Papierlager und sogar das Betreibungsamt Unterschlupf, bis zu jenem Tag, als ein Gast die Absicht kundtat, in diesem Saal, egal wie er aussehe, ein Geburtstagsfest zu veranstalten. «Dies war für mich die eigentliche Initialzündung, die schliesslich zum Schlossgarten-Saal führte», sagt Blättler, der zusammen mit seiner Gattin Sabine den Betrieb 2002 übernommen hat. Er schwärmt immer noch vom ersten Oktoberfest im damals neuen Saal. «Es waren zwar nur wenige Tische besetzt, aber es herrschte trotz weniger Leute eine Superstimmung, von der man jahrelang noch erzählt hat», berichtet Marcel Blättler.
Mehr Vereinsanlässe
«Eigentlich wollten wir das Restaurant renovieren. Aber beim Gespräch mit unseren Gästen wurde uns bewusst, dass ihnen das Ambiente in diesen Räumlichkeiten sehr zusagt», so Blättler. Und weil die Nachfrage nach grösseren Sälen in den vergangenen Jahren stark gestiegen sei, habe man sich an erste Ideen für eine Erneuerung des Saals gewagt. Eine davon, die grosse Bühne durch eine versenkbare Plattform zu ersetzen, musste aus Kostengründen schnell fallen gelassen werden. Klar war für Blättlers hingegen, auf die Bühne ganz zu verzichten, um damit rund 40 zusätzliche Plätze zu gewinnen. Die Leute wollen laut Marcel Blättler heute nicht mehr auf einer Bühne tanzen oder als Vorstandsmitglieder bei Vereinsanlässen oben ausgestellt sein.
Marcel Blättler stellt fest, dass sich der Restaurationsbetrieb nach dem Wegzug der grossen Firmen in Waldenburg vermehrt auf die Abende und das Wochenende verlagert. Dazu komme eine Art Gegenbewegung bei den Vereinen, die mangels genügend Helfern ihre Anlässe vermehrt wieder in Gastbetrieben abhalten. «Bei uns finden sie Gemütlichkeit und Charme, die eine Mehrzweckhalle nicht bieten kann», ist Blättler überzeugt. Nimmt man die beiden bisherigen Anlässe im neuen Saal als Gradmesser, setzt das Wirtepaaar zweifellos auf die richtige Karte. Die Gäste waren jedenfalls vom renovierten «Leue»-Saal restlos begeistert.