Die Angst vor dem Abstellgleis
15.10.2019 Baselbiet, Verkehr, PolitikDavid Thommen
Ob es das schon einmal gab? Am Donnerstag wird im Landrat eine Motion eingereicht, die von sämtlichen zwölf Volksvertreterinnen und -vertretern der Oberbaselbieter Wahlkreise Sissach und Gelterkinden unterzeichnet worden ist.
Parteiübergreifend wird ...
David Thommen
Ob es das schon einmal gab? Am Donnerstag wird im Landrat eine Motion eingereicht, die von sämtlichen zwölf Volksvertreterinnen und -vertretern der Oberbaselbieter Wahlkreise Sissach und Gelterkinden unterzeichnet worden ist.
Parteiübergreifend wird verlangt, dass das Oberbaselbiet bei der Mobilität nicht auf dem Abstellgleis landet. Die Baselbieter Regierung wird mit dem Vorstoss aufgefordert, eine «Mobilitätsstrategie 2035» zu entwickeln und darin aufzuzeigen, wie der Verkehr auf Schiene und Strasse längerfristig verbessert werden kann.
Hintergrund ist, dass der Bundesrat vor einigen Wochen klargemacht hat, dass er jegliches Interesse an einem dritten Juradurchstich – dem Wisenbergtunnel – verloren hat. Für das Oberbaselbiet ist das eine schlechte Nachricht. Denn zwischen Basel und Liestal wird derzeit für riesige Summen die Kapazität auf der Schiene erweitert («Vierspurausbau»). Damit wird der Viertelstundentakt zwischen Liestal und Basel ermöglicht. Doch der Flaschenhals oberhalb des Liestaler Bahnhofs wird mit diesem Ausbau nicht beseitigt, und die Aussicht darauf, dass dies ohne Wisenbergtunnel jemals geschehen wird, ist gering.
Eine Taktverdichtung der S-Bahn in Richtung Oberbaselbiet bleibt daher ein Wunschtraum. Im Gegenteil hat man bereits heute mit Kapazitätsproblemen auf der Schiene und während der Stosszeiten mit überfüllten Zügen zu kämpfen. Auch auf der Strasse gibt es ähnliche Probleme – vor allem zwischen Sissach und Gelterkinden kommt es mittlerweile regelmässig zu Staus (siehe «Volksstimme» vom vergangenen Donnerstag, Seite 4).
«All das wird sich in Zukunft noch verschärfen», sagt ein Mitglied der Zwölfergruppe, aus der niemand namentlich hervortreten möchte. Die Nutzerinnen und Nutzer von Strasse und Schiene regten sich heute schon gleichermassen über die prekärer werdende Situation auf.
Einige Denkanstösse
Doch wo konkret liegt die Lösung? In ihrer Motion formulieren die Landrätinnen und Landräte keine verbindlichen Vorschläge. Sobald der Vorstoss überwiesen sei, liege es an der Regierung, die Probleme zu analysieren und Lösungen aufzuzeigen, heisst es. Einige Denkanstösse allerdings gibt es auf Nachfrage: Gegen die Überbelegung in den Zügen könnten S-Bahn-Doppelstockzüge helfen. Mit einem zusätzlichen Gleis ab Liestal in Richtung Olten und einem Wendegleis in Tecknau würde der Viertelstundentakt im Ergolztal auch ohne neuen Juratunnel möglich. «Das müsste auf jeden Fall nun ernsthaft geprüft werden», heisst es.
Gewünscht wird aus dem Kreis der Motionäre zudem, dass der Schnellzugshalt in Gelterkinden nach Zürich deutlich rascher realisiert wird als bisher vorgesehen. Ferner solle die Regierung darlegen, wie der Strassenverkehr an den neuralgischen Punkten verflüssigt werden kann. Ein separater Vorstoss dazu wurde bereits überwiesen. Und ebenfalls angesprochen wird im Vorstoss eine gewünschte Verbesserung für den Langsamverkehr.
Da die Motion parteipolitisch breit abgestützt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Auftrag vom Landrat an die Regierung überwiesen wird. Bloss: Ist der gewählte Zeithorizont 2035 nicht etwas gar weit weg? Nein, heisst es bei den Motionären. Für die Verbesserungen auf der Schiene sei in erster Linie der Bund zuständig. Und dort ist der Zug für die nächsten Ausbauschritte auf dem Schweizer Schienennetz bereits abgefahren.
Bei den Unterzeichnenden handelt es sich um Florence Brenzikofer (Grüne), Stefan Degen (FDP), Saskia Schenker (FDP), Sandra Strüby (SP), Markus Graf (SVP), Markus Meier (SVP), Anna-Tina Groelly (Grüne), Ernst Schürch (SP), Laura Grazioli (Grüne), Peter Riebli (SVP), Susanne Strub (SVP) und Regina Werthmüller (parteilos).