Mit Taktstock, Charme und Ehrgeiz
19.09.2019 Bezirk Sissach, Kultur, Porträt, SissachDirigent Thierry Rau macht seinen Weg
Thierry Rau ist zufrieden mit seinem Abschneiden am Jungdirigenten-Wettbewerb in Baden. Er will sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Er steckt sich – und seinen Musikern – hohe Ziele.
Peter Stauffer
«Älterer ...
Dirigent Thierry Rau macht seinen Weg
Thierry Rau ist zufrieden mit seinem Abschneiden am Jungdirigenten-Wettbewerb in Baden. Er will sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Er steckt sich – und seinen Musikern – hohe Ziele.
Peter Stauffer
«Älterer Herr mit weissen Haaren sucht jungen Mann mit Locken.» So lautete die telefonische Vereinbarung zum Rendez-vous des «Volksstimme»- Mitarbeiters mit Thierry Rau in einem Sissacher Café. Nun sitzen sie einander gegenüber, sehen sich zum ersten Mal und kommen sofort ins Gespräch. Die Beschreibung «junger Mann mit Locken» kann schon nach dem ersten Blickkontakt ergänzt werden mit «klarem, offenem Blick mit einem fröhlichen Lächeln».
Aufgewachsen ist der heute 30-jährige Dirigent in Itingen. Schon früh faszinierte ihn die Musik. An der regionalen Musikschule in Sissach genoss er – im wahrsten Sinne des Wortes – den Saxofonunterricht bei Thomas Heid. Die Freude und die Begabung für die Musik zeigte sich auch darin, dass er zusätzlich Klavierstunden nahm.
Nach dem Schulabschluss absolvierte er eine KV-Lehre und war zwei Jahre als Treuhänder tätig. Die Leidenschaft zur Musik pflegte er stets. Rau spielte in verschiedenen Ensembles und Formationen. Unter anderem war er während 15 Jahren beim Musikverein Sissach aktiv. Als Projektdirigent hat er ab August für vorläufig ein Jahr die Direktion dieses Sissacher Orchesters übernommen.
Abschluss an Hochschule Luzern
2006 begann er seine Laufbahn als Dirigent beim Musikverband beider Basel. In verschiedenen Kursen bildete er sich in der Direktionstätigkeit weiter. Von 2010 bis 2014 war er Orchesterleiter beim Musikverein Zunzgen und dirigierte anschliessend während zweier Jahre den Musikverein Gelterkinden. Es folgte ein Engagement bei der Stadtmusik Sursee, die er immer noch leitet. Das letzte Jahreskonzert dieses Orchesters im vergangenen November war gleichzeitig die praktische Diplomarbeit als Abschluss des Berufsstudiums «Blasmusikdirektion» an der Hochschule Luzern.
Dass Thierry Rau sich nun nicht einfach auf seinen Lorbeeren ausruhen will, beweist die Tatsache, dass er Anfang September am Schweizerischen Dirigentenwettbewerb in Baden teilgenommen hat. Dieses Kräftemessen wird alle drei Jahre für Jungdirigenten ausgeschrieben. Nach den Vorausscheidungen dürfen die zwölf Besten am viertägigen Final ihr Können zeigen. Er meisterte die Herausforderung mit Bravour und erhielt eine sehr gute Beurteilung. Allerdings schaffte er es nicht mehr in den «Halbfinal» der besten sechs.
Als Nächstes plant Rau, die zweijährige Master-Ausbildung in Angriff zu nehmen. Seine Dirigententätigkeit bei verschiedenen Vereinen und auch kurzfristige Engagements ermöglichen ihm, sein Vollzeitstudium zu finanzieren. Dies alles verlangt von ihm aber auch eine sorgfältige, disziplinierte Planung. Als langfristiges Ziel ist für ihn eine Tätigkeit als Hochschuldozent an einer Musikhochschule der Schweiz erstrebenswert. Daneben möchte er sich als Dirigent etablieren und auch Erfahrungen mit tollen Orchestern sammeln. Daran schnuppern konnte er bereits verschiedentlich – unter anderem in München mit dem Bundespolizeiorchester und dem rumänischen Sinfonieorchester «Filarmonica Banatul» aus Timisoara.
Hoch motivierte Amateure
Thierry Rau ist ehrgeizig, hat sich hohe Ziele gesteckt. Abgehoben wirkt er aber nicht. Im Gespräch wird deutlich, dass für ihn die Freude an der Musik im Vordergrund steht. Und die Musiker: «Mich fasziniert die Arbeit mit Amateurmusikern. Tagsüber arbeiten die Leute in ihrem Beruf und in ihrer Freizeit frönen sie ihrem Hobby, dem Musizieren.» Die Freude am Hobby bewirke, dass viele Vereine ein erstaunlich hohes Niveau erreichten.
Die Kontakte und der Austausch mit den unterschiedlichsten Leuten, sei es musikalisch oder auf andere Art, empfindet er als Bereicherung. Diese Wertschätzung dient wiederum der musikalischen Qualität: «Den Taktstock schwingen allein reicht nicht, für das Gelingen einer Darbietung muss es auch auf der zwischenmenschlichen Ebene stimmen.»
Auf seine Stärken und Schwächen angesprochen, meint der Dirigent: «Die Ansprüche an mich selber sind sehr hoch. Dass ich extrem selbstkritisch bin, ist gleichzeitig Stärke und Schwäche.» Er übe quasi Kritik im Privaten. Nach jeder Probe und jedem Konzert frage er sich, was er das nächste Mal besser machen kann.