Geheimschriften und blaue Blumen
20.09.2019 Kultur, Tenniken, Niederdorf, PorträtCorinne Dürr lässt ihrem künstlerischen Trieb freien Lauf
Die Tennikerin Corinne Dürr kreiert mit Feder und Tinte aus Geschichten, Zitaten und Schriften ihre eigenen Bilder. Diese zeigt sie in der Ausstellung «Schrift und Bild» im Seniorenzentrum Gritt in ...
Corinne Dürr lässt ihrem künstlerischen Trieb freien Lauf
Die Tennikerin Corinne Dürr kreiert mit Feder und Tinte aus Geschichten, Zitaten und Schriften ihre eigenen Bilder. Diese zeigt sie in der Ausstellung «Schrift und Bild» im Seniorenzentrum Gritt in Niederdorf.
Susan Fey
Die Liebe zum Gestalten mit Schriften hat Corinne Dürr schon früh entdeckt. In ihrer Schulzeit füllte sie Blatt um Blatt Papier – nicht selten mit dem gleichen Wort. Sie hatte das Bedürfnis, aus Buchstaben Bilder entstehen zu lassen.
Die gelernte Direktionssekretärin engagierte sich viele Jahre stark in der Kirche, zog vier Kinder gross. Neben allen Pflichten hatte das Künstlerische in ihrem Leben stets einen festen Platz. Jetzt, wo die Kinder ausgezogen und sie in Tenniken eine neue Heimat gefunden hat, nimmt Kunst und Kreativität für sie einen immer grösseren Platz ein.
Corinne Dürr arbeitet gerne mit verschiedenen Farben,Tinte, Gips und auch anderen Materialien. Zu ihrem 50. Geburtstag schenkten ihr Freunde ein Coaching bei einem Künstler. Dort erkannte sie: «Auch wenn ich kein Picasso bin, kann, soll und darf ich meine Kunst leben und den Mut haben, an die Öffentlichkeit zu gehen. Dieses Coaching war ein Schubser in die richtige Richtung.»
Kunst mit einer Botschaft
Das beweist die laufende Ausstellung im Seniorenzentrum Gritt in Niederdorf mit dem Namen «Schrift und Bild». Dürr steht beim Treffen mit der «Volksstimme» vor blauen Linoldrucken. Auf jedem ist eine andere Blume zu erkennen. Die Drucke seien zu einem grossen Teil im Haus ihrer Schwiegermutter im Jura entstanden, das von üppiger Natur und vielen Blumen umgeben ist, erklärt sie. Unter den blauen Linoldrucken befindet sich auch ein Edelweiss; dieses speziell für ihren Sohn, der Bauer wird.
Wie alle Arbeiten Dürrs haben auch die Linolschnitte einen tiefen Hintergrund, der sich im übertragenen Sinn in irgendeiner Form auf einen Text bezieht. Zum Beispiel auf eine altdeutsche Sage, die besagt, wenn man des Nachts die blaue Wunderblume finden könnte, würde man dadurch reich belohnt. Folglich steht diese blaue Wunderblume für eine Sache, die schwierig zu erreichen ist, aber von vielen ersehnt wird.
Neben dem Linoldruck habe sie auch schon das Drechseln und Glasrecycling ausprobiert, erzählt die Künstlerin. Überraschen lasse sie sich bei ihren Pflanzendrucken. Spielerisch kombiniert sie diese mit Acryl, Gouache oder Dispersion eingefärbten Pflanzen mit einem grundierten Hintergrund. Frische Pflanzenteile wie Blätter, Farne oder auch ganze Äste werden bunt eingefärbt und von Hand gedruckt. Hier hat die lebhafte und experimentierfreudige Künstlerin bewusst die Farben nicht naturgetreu gehalten. «So kann ich dem Vertrauten eine ganz andere Wirkung geben», kommentiert sie. In ihren Schriftbildern verarbeitet die Künstlerin ihre Leidenschaft zu Texten, Zitaten, Lettern und Geschichten. Sie sind das Herzstück der Ausstellung. Viele der Schriftbilder haben einen christlichen Inhalt oder mit Menschenrechten zu tun. Für Corinne Dürr ist es Das-auf-dem-Weg-Sein, das Weitergehen und Sichtrauen.
Ein Kalligrafiekurs in Basel habe ihr neue Türen geöffnet, sagt sie. Doch sei sie keine Kalligrafin im herkömmlichen Sinn: «Ich nutze Tinte, Feder und die Einteilungen des Blatts, aber geniesse beim Umsetzen meine Narrenfreiheit.» Durch das Benutzen von Tinte und Feder ergebe sich schon eine eigene Struktur. Oft überschreibe sie die Texte, bis ein gewünschtes grafisches Ergebnis entsteht.
Von der Schrift zum Bild
Sehr wichtig sind der Künstlerin die textlichen Inhalte der Werke. Sie wirken wie eine Geheimschrift. Durch das mehrfache Überschreiben des Textes erhalte das Bild eine Abstraktion, einen grafischen Ausdruck, der nur dem Wissenden den Inhalt des Textes preisgebe. Ausserdem habe die Verarbeitung von Schrift zu Bild etwas Meditatives, denn bei der Herstellung seien viel Sorgfalt, Geduld, Ausdauer und Konzentration gefragt.
In den Arbeiten der Tennikerin tauchen oft aktuelle Themen wie der Mensch oder die Menschenrechte auf. Als die gebürtige Baslerin in Berlin lebte, habe sie hautnah die Flüchtlingswelle erlebt. Sie gab Essen an die Flüchtlinge aus und half in der Kleiderkammer. Diese Eindrücke wirkten stark auf sie und würden auch in ihre aktuellen Werke einfliessen, sagt sie.
Corinne Dürr geht ihren Weg stetig weiter. An neuen Ideen und Inspirationen fehlt es ihr gewiss nicht.
Ausstellung «Schrift und Bild», Corinne Dürr, täglich von 9 bis 17 Uhr, Seniorenzentrum Gritt, Niederdorf, bis 27. November.